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Berlin Torwart-Experte Sascha Felter über den Keeper-Zweikampf bei Hertha BSC: "Gersbeck ist ein Top-Zweitligatorhüter"
Während die Hinrunde Tjark Ernst gehörte, setzt Hertha-Trainer Cristian Fiél zwischen den Pfosten neuerdings auf Marius Gersbeck. Warum das eine gute Entscheidung ist und was ihm trotzdem fehlt.
rbb|24: Sascha Felter, mal angenommen, Sie als Torwart-Experte und –Trainer hätten am vergangenen Samstag über die Aufstellung von Hertha BSC bestimmen müssen. Für wen hätten Sie sich entschieden zwischen den Pfosten: Marius Gersbeck oder Tjark Ernst?
Sascha Felter: Gersbeck. Weil er es zuvor gegen Paderborn gar nicht schlecht gemacht hat. Und wenn beide Keeper zuletzt so ihre gesundheitlichen Probleme gehabt haben und Gersbeck aber in einem engen Konkurrenzkampf leicht die Nase vorn haben soll, dann spricht allein schon seine Erfahrung für ihn.
Was für eine Art Torhüter ist er denn? Wo liegen seine Stärken und Schwächen?
Man hat gegen den Hamburger SV schon auch gesehen, warum er nicht in der ersten Liga spielt. Dabei gibt es nichts, was er komplett falsch macht. Es sind eher die Kleinigkeiten, die aber einen großen Effekt haben.
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Zum Beispiel?
Sein Positionsspiel ist nicht immer optimal. Er lässt sich zu oft nach vorn ziehen, er schiebt zu oft auf fünf Meter raus und hat dann weder genug Druck auf den Stürmer im Eins gegen Eins noch genug Zeit, um einen Zwischenschritt zu setzen oder in den Abdruck zu kommen für eine Parade. Es ist häufig nicht Fisch, nicht Fleisch im Fünfer.
Was macht er denn gut?
Er macht ziemlich wenig krasse Fehler. Die können ja alle kicken und fliegen und tolle Paraden zeigen. Aber es geht um die Konstanz, gerade auch unter Druck. Und es lag ja an den Umständen, am Vorfall im Sommer-Trainingslager 2023 (Gersbeck wurde nach einer Schlägerei suspendiert, Anm. d. Red.), dass er nicht gespielt hat. Gersbeck ist ein überdurchschnittlicher, ein Top-Zweitligatorhüter.
Und Tjark Ernst? Wie sieht sein Profil aus?
Das ist ein Torhüter, der genau wie seine Kollegen aus dem Jahrgang 2003, wie Noah Atobolu (SC Freiburg, Anm. d. Red.) oder Jonas Urbig (1. FC Köln, Anm. d. Red.), top ausgebildet ist. Die Jungs wissen genau, wo sie zu stehen haben, die können wunderbar einen großen Block stellen im Eins gegen Eins, die sind beweglich wie Sau. Wo wir uns alles reißen würden, legen die noch einen Spagat obendrauf. Dann kommt Ernst auch sehr, sehr schnell runter, dazu hat er eine krasse Dynamik auf der Linie. Er ist groß, hat lange Arme. Das sind alles sehr gute Voraussetzungen.
Das klingt doch fantastisch!
Bei Distanzschüssen ist noch Luft. Da gefällt mir seine Beinarbeit nicht. Sein Abdruck ist auch nicht druckvoll genug. Das kann aber auch daran liegen, dass die jungen Torhüter weniger die großen Spielformen kennen. Da wird viel auf 20 Metern trainiert. Da kommt man gar nicht in diese Situation.
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Wir halten also fest: Ein Torwart-Problem hat Hertha BSC so oder so nicht.
Absolut nicht.
Aber es kann eben immer nur einer auflaufen. Spielt denn die Art und Weise, mit der Cristian Fiél seine Mannschaft agieren lässt, eine Rolle bei der Auswahl des Torhüters?
Dadurch dass Hertha zuletzt in allen Bereichen nicht so super konstant und souverän war, tut man sich schon einen Gefallen mit einem Torhüter, der mehr Erfahrung besitzt, der mehr Ruhe ausstrahlt. Der vielleicht auch ein Führungsspieler ist. Ernst ist fußballerisch gar nicht schlechter als Gersbeck. Aber er hat eben noch diese Ausschläge. Da sind manchmal Pässe dabei – da denkst Du, der landet zweite Reihe Oberrang. Und in der zweiten Liga spielen in jeder Mannschaft gute Stürmer. Da brauchst Du einen Torhüter, der im Zweifel weniger Fehler macht. Der vielleicht nicht die Ausreißer noch oben hat, aber auf Strecke einfach mehr bringt.
Unlängst haben wir, natürlich zum Tag der Jogginghose und in Gedenken an Gabor Kiraly, auf zehn besondere Torhüter der Hertha-Historie zurückgeschaut. Welcher ist denn dem Experten Sascha Felter besonders ans Herz gewachsen?
Rune Jarstein fand ich immer gut. Der hat keine Faxen gemacht. Du wusstest immer, was Du an ihm hast. Fußballerisch ist mir da jetzt auch nicht das Monokel in die Kaffeetasse gefallen. Aber der hatte ein geiles Linienspiel, top Position, machte kaum Fehler. Das fiel halt selten auf, weil er so unspektakulär gespielt hat. Aber der war schon top.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview wurde geführt von Ilja Behnisch.
Sendung: rbb|24 Inforadio, 27.01.2025, 20:15 Uhr