Das Magazin "Smart Investor" 2024. (Quelle: rbb/Jonas Pospesch)

Berlin Verschwörungserzählungen und Staatsverachtung: Rechte Verbindungen der Berliner Smartbroker Holding AG?

Stand: 12.02.2025 17:04 Uhr

Das Berliner Unternehmen Smartbroker AG ist vor allem für seine Aktiendepots bekannt. Doch der Mutterkonzern des Unternehmens ist offenbar in ein Netzwerk von Verschwörungstheoretikern und Crash-Propheten verstrickt. Von Jonas Pospesch

  • Ein Tochterunternehmen der Berliner Smartbroker Holding AG unterhält Kontakte zu Netzwerken sogenannter Crash-Propheten
  • Crash-Propheten sagen wirtschaftliche und politische Krisen vorher und wollen aus der Angst Profit schlagen
  • Viele von ihnen stammen aus dem rechtslibertären Spektrum, sie wollen dem Staat möglichst viel Kontrolle entziehen
  • Viele Crash-Propheten verbreiten Verschwörungserzählungen

Schaffhausen in der Schweiz, gut 600 Kilometer von Berlin entfernt. Im Saal eines Hotels sitzen vier Männer vor Publikum und diskutieren über die wirtschaftliche und politische Weltlage. In weiten Teilen sind sie sich einig. Angefangen von Argentinien über die USA bis nach Europa müsse eine libertäre Revolution die Welt erfassen und alles umkrempeln. Einem der Herren ist besonders "die korrupte politische Klasse" ein Dorn im Auge. Er zeigt sich sicher: "Die grünsozialistische europäische Kabale wird sich wehren. Aber sie wird hinweggefegt."
 
Der Herr, der das sagt, ist Markus Krall, ehemals Chef des Goldhändlers Degussa. Er war in die Schlagzeilen geraten, weil er nach Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" [tagesschau.de] gute Beziehungen zum Reichsbürger und mutmaßlichen Rechtsterroristen Prinz Reuß unterhalten haben soll.

Hotel Schaffhausen (Quelle: rbb/Fabian Grieger)

Blick auf die Straße des Hotels in Schaffhausen.

Jan Rathje forscht bei der Organisation Cemas zu Rechtsextremismus und Verschwörungstheorien. Für ihn ist Kralls Aussage eine gängige Verschwörungserzählung, "die genutzt wird, um eine komplexe gesellschaftliche, wirtschaftliche, und politische Situation zu vereinfachen, indem man auf mutmaßlich Schuldige zeigt und sagt, wenn die beseitigt werden, dann wären auch alle Probleme beseitigt."

Feindbild Staat

Nach der Diskussion in Schaffhausen, beim Networking-Teil der Veranstaltung, tritt einer der Herren an ein Grüppchen Besucher heran. In der Hand hält er einen Stapel Zeitschriften. Es sind Ausgaben von "Smart Investor". Der Verlag der Zeitschrift gehört zu 90 Prozent der Berliner Smartbroker Holding AG.
 
Der Mann verteilt die Zeitschriften im Publikum. "Das ist ein tolles Magazin, kann ich sehr empfehlen. Nehmt die wirklich mit, da sind immer tolle Beiträge drin", sagt er. Kurze Zeit später fängt er an, Verschwörungserzählungen zu verbreiten. Es geht um das berühmt-berüchtigte Treffen von rechten Persönlichkeiten in Potsdam: "Der Verfassungsschutz hat immer versucht, mal irgendwo eine große Falle zu stellen. Und der Verfassungsschutz hat die Info, dass das Treffen in Potsdam stattfindet, an 'Correctiv' weitergegeben: Im Übrigen, da findet ein Treffen statt, da sind Sellner und AfD-Leute. Miete dich da mal ein." Unter den Gästen kommt das an. Einige von Ihnen sind ohnehin der Auffassung, dass Deutschland inzwischen eine Diktatur sei.

US Präsident Donald Trump (Quelle: dpa/Jacquelyn Martin)
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Das ist nicht überraschend, denn sowohl Markus Krall als auch einige der Veranstaltungsbesucher gehören dem rechtslibertären Spektrum an. "Das heißt, sie zielen darauf ab, dem Staat möglichst viel Kontrolle zu entziehen", sagt Jan Rathje. "Oft gepaart mit konservativen bis reaktionären Wertvorstellungen, wie das Soziale zu organisieren sei ." Auch bei Smart Investor und dem Veranstalter der Diskussion treten Personen auf, welche die Gründung privater Städte oder eigener, privater Staaten befürworten. [hessenschau.de]

Smartbroker will mit Inhalten nichts zu tun haben

"Smart Investor" wird auf der Website von dem Veranstalter World of Value als Partner des Schweizer Unternehmens aufgeführt. Auf rbb-Anfrage teilt das Mutterunternehmen Smartbroker Holding AG mit, man könne weder die Partnerschaft von "Smart Investor" mit World of Value noch die in Schaffhausen gefallenen Aussagen kommentieren. Das Unternehmen beteilige sich nur finanziell an Smart Investor und nehme keinen Einfluss auf die journalistischen oder geschäftlichen Tätigkeiten des Magazins. Der Verlag von "Smart Investor" selbst wollte sich auf Anfrage inhaltlich nicht äußern.

Kettner Edelmetalle (Quelle: rbb/Fabian Grieger)

Der Firmensitz von Kettner Edelmetalle in Baden-Württemberg.

Smart Investor im Crash-Propheten-Netz

"Smart Investor" und sein Chefredakteur Ralf Flierl bewegen sich im Milieu der sogenannten Crash-Propheten. Das sind Persönlichkeiten aus dem Finanzbereich, die immer wieder große wirtschaftliche und politische Krisen vorhersagen, welche angeblich das Vermögen und den Wohlstand der Bevölkerung gefährden. Oft verkaufen die Crash-Propheten dann ihrem geängstigten Publikum Anlageprodukte, die angeblich vor dem Crash schützen.

Ein Beispiel dafür ist der Goldhändler Dominik Kettner aus Baden-Württemberg. Er betreibt einen reichweitenstarken Youtube-Kanal, auf dem Ralf Flierl schon mehrfach zu Gast war. Die Videos tragen Titel wie "Wie die Elite jetzt an dein Vermögen will! - Ralf Flierl lässt Bombe platzen". Flierl wirbt hier für "Smart Investor", Zuschauer des Videos können eine Ausgabe der Zeitschrift geschenkt bekommen.

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In seinen Videos baut Kettner regelmäßig bedrohliche Szenarien auf, in einem Video mit Flierl vom 12. November 2024 konstruiert Dominik Kettner die Vision eines totalitären Überwachungsstaates in Europa, beginnend mit der Einführung des digitalen Euro: "2025: Der digitale Euro kommt. 2027: Die digitale ID wird Pflicht. 2030: Die totale Kontrolle steht bevor."
 
Der digitale Euro soll eine europäische Alternative zu US-amerikanischen Zahlungsdienstleistern wie Paypal werden. Im Internet wird immer wieder behauptet, dass die EU das Bargeld durch den digitalen Euro ersetzen wolle, dafür gibt es jedoch keine Belege [mdr.de].

Goldenes Geschäft mit der Angst

Wie Kettner aus der Angst seines Publikums Profit schlägt, zeigt sich in einem seiner Livestreams, die er regelmäßig veranstaltet. Hier beantwortet er unter anderem die Fragen von Zuschauern: "Phillipp hat die Frage gestellt: Werden Kritiker der Regierung bald auch ihr Bankkonto verlieren? Lieber Phillipp, das ist durchaus möglich. Ich empfehle unsere entsprechenden Vermögensaufbaupakete nicht nur um euch zu schützen, sondern auch, um eure Freiheit zu wahren."

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Diese Pakete verkauft Kettner in verschiedenen Ausführungen ab etwa 1.900 Euro. Dabei sind die Preise des Goldhändlers nicht unbedingt günstig. Eine Krügerrand-Münze mit einer Feinunze Gold aus dem aktuellen Jahrgang kann man laut dem Preisvergleichsportal "gold.de" ab 2.818,80 Euro kaufen (Stand 06.02.2025, 16:15 Uhr.) Kettner Edelmetalle verlangt derweil 3.016,90 Euro – also fast 200 Euro mehr für die gleiche, standardisierte Münze. Und das ist nicht nur beim Krügerrand so, auch bei anderen gängigen Goldmünzen wie dem "American Eagle" oder der Münze "Wiener Philharmoniker": Wir haben für aktuelle Jahrgänge dieser Münzen Preisvergleiche an mehreren Tagen durchgeführt und Kettner war stets der teuerste Anbieter.
 
Auf rbb-Anfrage lässt Dominik Kettner seinen Anwalt antworten: "Preise im Edelmetallhandel […] ändern sich minütlich. Zudem berücksichtigt ein reiner Preisvergleich nicht das umfassende Leistungsspektrum, welches unsere Kunden erhalten. Wir verstehen uns nicht als reinen Händler, sondern als ganzheitlichen Begleiter in Fragen der Edelmetallanlage."

Der Ritterhof in der Ritterstrasse von Berlin ist ein denkmalgeschuetztes Bauwerk mit einem Gewerbehof, aufgenommen am 02.10.2023. (Quelle: dpa-Zentralbild/Sascha Steinach)

Der Firmensitz der Smartbroker Holding in Berlin-Kreuzberg.

Viele offene Fragen

Warum Flierl gerade bei Kettner für sein Magazin wirbt, beantwortet er auf Anfrage nicht. Genauso wenig wie die Frage, ob er sich inzwischen von dem als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuften Magazin "Compact" distanziert. Für dieses hatte Flierl in der Vergangenheit Beiträge verfasst – allerdings vor der Einstufung.
 
Und auch wenn die Smartbroker Holding AG Verantwortung für die inhaltlichen Positionen von "Smart Investor" und Flierl von sich weist: Auf dem ebenfalls von der Smartbroker Holding AG betriebenen Portal "Wallstreet Online" erscheinen regelmäßig Beiträge des Gastautors Marc Friedrich, der ebenfalls zur Szene der Crash-Propheten gehört und mehrfach gemeinsam mit Markus Krall bei Veranstaltungen von World of Value aufgetreten ist. Friedrich ist Co-Autor von Büchern wie "Der Crash ist die Lösung – Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen retten". Die Smartbroker Holding AG teilt dazu mit, dass Gastautoren wie Friedrich ihre Beiträge auf dem Portal selbst veröffentlichen und verantworten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 12.02.2025, 17:10 Uhr