
Berlin Zentrum Petri Berlin: Eine Schule der Archäologie - mitten in der Stadt
Kein Museum, sondern ein Lab will das neue Petri Berlin sein - und vor allem Berlinerinnen und Berliner für die Archäologie begeistern. Interessierte können zuschauen, wie Funde untersucht, gereinigt und restauriert werden. Von Marie Kaiser
"Treppe runta und rin in die Verjangenheit!" - ruft der berlinernde Comic-Regenwurm mit Schirmmütze allen Besucherinnen und Besuchern zu. Der Wurm, der sich durch alle sieben Stockwerke des Petri Berlin schlängelt, ist ein augenzwinkernder Hinweis darauf, dass es in der Archäologie genau wie im Leben eines Regenwurms vor allem darauf ankommt, sich erfolgreich durch Schichten durchzuarbeiten.

Eine Schule der Archäologie mitten in Berlin
Die Idee der Schichten spiegelt sich auch in der Architektur des kubusförmigen Hauses am Petriplatz in Berlin-Mitte, wo Archäologie erlebbar gemacht werden soll. Los geht der Rundgang im Untergeschoss bei den Ausgrabungen. Von dort geht es Stockwerk für Stockwerk nach oben, wo die Funde erst bearbeitet und gereinigt, dann restauriert und zuletzt im Schaumagazin ausgestellt werden.
Im Keller liegen die Knochen der ältesten Berlinerinnen und Berliner
Auf der südlichen Spreeinsel, wo jetzt das Petri steht, war lange Zeit ein Parkplatz. Doch dann wurden zwischen 2007 und 2009 bei archäologische Grabungen wertvolle Spuren der frühen Stadtgeschichte entdeckt. Siedlungsspuren aus der Gründungszeit von Berlin und von Cölln, das früher eine eigenständige Stadt neben Berlin war. Außerdem entdeckten die Archäologinnen und Archäologen Fundamentreste einer mittelalterlichen Lateinschule aus dem 14. Jahrhundert und die Mauern der über die Jahrhunderte immer wieder umgebauten Petrikirche, die einmal das Zentrum der Stadt Cölln war.
Diese Ausgrabungen können im Untergeschoss des Petri nun aus der Nähe bestaunt werden. "Bei uns trägt das den Titel Archäologisches Fenster, weil man eben direkt auf einer archäologischen Grabung ist", erklärt die Leiterin des Petri Berlin, Anne Sklebitz. "Das ist ja ein originaler Ort, der ausgegraben wurde, und deswegen hat der Ort auch eine ganz besondere Aura." Auch die Knochen der ältesten Berlinerinnen und Berliner, die auf dem Kirchhof der ehemaligen Petrikirche gefunden wurden, finden im Untergeschoss in einem Ossarium ihre letzte Ruhe.

Wie funktioniert Archäologie?
Eine "Schule der Archäologie" nennt Matthias Wemhoff, Landesarchäologe und Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte das Petri Berlin bei der Vorbesichtigung: "Hier am Petriplatz war Berlins älteste Schule. Da haben wir sofort gedacht: Diesen Ort wollen wir wieder als Lernort nutzen, der den Erkenntnisweg von Archäologie vermittelt. Also eine Schule des Sehens und eine Schule des Begreifens, die vermittelt: Wie funktioniert Archäologie? So etwas könnten wir auf der Museumsinsel gar nicht leisten."

Eine Schule der Archäologie mitten in Berlin
Rund 35 Millionen hat es gekostet, diese Idee einer Schule der Archäologie umzusetzen. Das Petri Berlin wurde als Gemeinschaftsprojekt des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte und des Landesdenkmalamts zu 90 Prozent vom Bund finanziert. Auf rund 1.200 Quadratmetern sind nun Ausstellungsflächen, Labore und Werkstätten untergebracht.
Insgesamt 20 Menschen arbeiten im neuen Berliner Archäologie-Zentrum am Petriplatz und können durch Glasscheiben bei der Arbeit beobachtet werden, wie sie Funde reinigen, restaurieren, röntgen oder für die Ausstellung vorbereiten. In Regalen und Vitrinen sind unterschiedlichste Funde zu sehen. Ein Mammutzahn aus der Eiszeit, ein Kinderschuh aus dem Mittelalter, der am Molkenmarkt gefunden wurde oder der Grabstein von Dackel "Hexe", dem Lieblingshund von Kaiser Wilhelm II.

Das eigene archäologische Talent testen
Der Zugang zur Archäologie ist im Petri angenehm spielerisch. An interaktiven Stationen kann das eigene archäologische Talent getestet werden. Hier können Scherben zusammen gepuzzelt, kann der Fund geröntgt oder an einem Tablet vorsichtig mit Pinsel, Radiergummi oder Skalpell gereinigt werden. Wer den Fund dabei zu grob behandelt, wird vom Regenwurm freundlich darauf hingewiesen, das nächste Mal etwas vorsichtiger an die Arbeit zu gehen.
Für die Nachwuchsarchäologinnen und -archäologen, gebe es ein eigenes Spiel, erklärt Leiterin Anne Sklebitz: "Bei den sogenannten Findestationen auf der Grabung können die Kinder einen Fund ertasten und symbolisch mit durchs Haus nehmen. Sie reinigen den Fund, lernen wie man ihn konserviert und setzen ihn dann im Magazin zusammen. Man muss Detektivarbeit leisten und deswegen erfährt man auch erst im vierten Obergeschoss, was man eigentlich gefunden hat."
Am Montag, 23. Juni wird das "Petri Berlin" feierlich eingeweiht. Ab Dienstag, 24. Juni ist das neue Archäologie-Zentrum am Petriplatz dann für alle geöffnet. In der Eröffnungswoche bis zum 30. Juni ist der Eintritt kostenlos. Am Wochenende des 28. und 29. Juni soll es stündlich kostenlose Führungen und ein eigenes Kinderprogramm geben.