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Brandenburg Brotwerkstatt in der Prignitz: Vom Dirigenten zum Brotbäcker
Einen guten Bäcker zu finden ist schwer, einen echten Handwerksbäcker noch schwieriger. In der Prignitz hat sich ein renommierter Dirigent umorientiert und seine eigene Brotwerkstatt eröffnet. Von Björn Haase-Wendt
Der Holzbackofen draußen vor der alten Laubenpieperkneipe am Pritzwalker Stadtrand (Landkreis Prignitz) bullert bei frostigen Minusgraden. Drinnen knetet Lam Trần Đình den Teig für sein Vollkornmischbrot: "Das sind 60 Prozent Roggenvollkorn, 40 Prozent Weizenvollkorn, ist ein ziemlich klebriger Teig. Er hat also einen hohen Wasseranteil und das macht ihn schön saftig." Seine Brote halten über eine Woche, verspricht der 42-Jährige. Die Liebe zum Brot hat er erst vor drei Jahren entdeckt.
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Frisches Roggen-Vollkornbrot aus dem Holzbackofen namens "Jacques Ofenback"
Erst Opernchordirektor in Kiel – dann Bäckerausbildung in Berlin-Moabit
Eigentlich ist er ein renommierter Dirigent, hatte sieben Jahre lang als Opernchordirektor am Theater in Kiel gearbeitet, zahlreiche Preise gewonnen. "Ich wollte was Handwerkliches machen, eine neue Perspektive haben", erzählt Lam Trần Đình, der vor sechs Jahren mit seinem Partner nach Giesensdorf in die Prignitz gezogen ist.
Er probierte sich auch am Hausbau, um herauszufinden, was ihm liegen könnte: "Mir hat das alles Spaß gemacht, aber wobei mir am wenigsten schnell langweilig wird, ist irgendwas mit backen oder kochen – aber die Gastronomie selbst ist mir zu anstrengend, auch wegen des Drucks." In Pritzwalk absolvierte er ein Praktikum bei einem lokalen Bäcker und fand Gefallen. Ab 2022 lernte er in einer Bäckerei in Berlin-Moabit das Sauerteig-Backhandwerk.
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Improvisation in der Pritzwalker Brotwerkstatt
Im September vergangenen Jahres eröffnete er dann am Pritzwalker Stadtrand seine kleine Brotwerkstatt in der alten Laubenpieperkneipe "Zur Wühlmaus". Dort geht es bis heute noch recht rudimentär zu. Der Holzbackofen steht draußen unter dem Vordach, drinnen fehlte zu Beginn Strom, Heizung und Co. – teils noch bis heute.
"Ich kämpfe jetzt gerade hier beim richtigen Winter mit einem Propangasheizstrahler, einer kleinen Infrarotheizung und Terrariumheizmatten, um irgendwie über 15 Grad zu kommen. Die Teige möchten aufgearbeitet gerne mal 25 Grad haben", sagt Lam Trần Đình.
Ab Ostern soll sich die Situation bessern. Dann wird in der Laubenpieperkneipe ein großer Elektrobackofen eingebaut, der auch für ausreichend Wärme sorgen soll. Damit könne er auch mehr Brote backen, denn momentan ist er in der Produktion eingeschränkt.
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Aus der alten Laubenpieperkneipe wird eine Brotwerkstatt
Zwei Tage die Woche wirft er in Pritzwalk morgens seinen Holzbackofen an, schafft am Tag maximal 45 Brote. Nach einem festen Produktionsplan bäckt er seine drei Brotsorten, Sauerteig-Brezeln und den Butter-Zucker-Kuchen.
"Zwischendurch muss ich immer wieder nachheizen, kann aber nicht mehr eingreifen, wenn die Brote im Ofen sind", sagt der noch frische Bäcker, der von seinem alten Job so ganz doch noch nicht loskommt. Seinen Holzbackofen nennt er liebevoll Jacques Ofenback, in Anlehnung an den berühmten deutsch-französischen Komponisten Jacques Offenbach und auch aus dem kleinen Radio in der Backstube läuft das Klarinettentrio. "Ich probe auch nebenher noch mit einem Orchester in Berlin, aber das ist jetzt eher mein professionelles Hobby."
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In der Prignitz gibt es jetzt Brot als Abo
Das Backen schätzt er aber umso mehr, auch weil er es selbst in der Hand hat. "Ich bin nicht drauf angewiesen, ob mich jemand engagiert, und es sind auch weniger menschliche Krisen dazwischen – es geht nur um den Teig und mich."
Seine Brote produziert er zum großen Teil auf Vorbestellung – mit einem solidarischen Abomodell. Das ermögliche ihm eine bessere Planung über das Jahr und er könne damit sicher seine Fixkosten abdecken. "Die Leute bekommen dafür im Gegenzug die Brote günstiger. Aber man kann auch einfach hierherkommen und schauen, ob noch Brote übrig sind."
Ab 14 Uhr öffnet er seine Backstube für die Kunden. Die erste, die heute ihre Brote holt, ist Sarah Schütte aus Marienfließ. Sie hat mit ihrer Familie ein Brotabo abgeschlossen.
"Es hat schon seinen ganz eigenen Geschmack und es hält sich so lange frisch", sagt die Prignitzerin, die bei einem Regionalmarkt auf die Brotwerkstatt gestoßen ist. Wenig später steht Axel Fischer aus Pritzwalk in der Tür, holt seine zwei Brote ab. "Das hat eine schöne feste Kruste, bleibt länger frisch. Außer man hat richtig Hunger, dann schafft man schon ein Brot am Abend", sagt er lachend.
Groß Werbung braucht Lam Trần Đình nicht. Vor allem die Mundpropaganda bringt ihm immer wieder neue Kunden. Allerdings muss er sie aktuell oftmals vertrösten, da das Produktionslimit erreicht ist. "Auch heute habe ich nur noch fünf Brote, die ich so verkaufen kann." Nach Ostern soll sich das ändern – mit dem neuen Elektro-Ofen und dann drei statt bisher zwei Produktionstagen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 19.02.2025, 15:12 Uhr