Bei einer Heimatschutzübung in Nitzow gegen Mittag findet am 19.2. ein Manöver der Heimatschützer statt.(Quelle:rbb)

Brandenburg Heimatschutzkompanie: Üben für den Ernstfall

Stand: 20.02.2025 16:42 Uhr

50 Reservisten und Freiwillige aus Berlin und Brandenburg nahmen am Mittwoch an einer sogenannten Heimatschutzübung teil. Es wurde geschossen, Verletzte mussten versorgt werden. Von Claudia Baradoy und Philipp Rother

Im Morgengrauen hallen bei -10 Grad Schüsse durch den Wald des Truppenübungsplatzes der Bundeswehr zwischen Bad Wilsnack (Prignitz) und Havelberg in Sachsen-Anhalt. Immer wieder sind auch Schreie zu hören - ein angeschossener Soldat liegt am Boden. Bewaffnete Kameradinnen und Kameraden eilen ihm zur Hilfe und versorgen seinen stark blutenden Oberschenkel.
 
Es ist aber nur eine Übung: Geschossen wird mit Platzpatronen, aus der täuschend echt aussehenden Wunde quillt Kunstblut.

Bei einer Heimatschutzübung in Nitzow am 19.02.2025 trainieren die Freiwillige einen Gefechtsdienst in Kombination mit einer Ersthelferwundversorgung.(Quelle:rbb)

Eine täuschend echt aussehende Wunde wird "versorgt"

Reservisten und Freiwillige im Einsatz

Im Einsatz sind an diesem Mittwochmorgen im Nordwesten Brandenburgs Reservisten und Freiwillige. Die 50 Frauen und Männer aus Berlin und Brandenburg üben im Rahmen einer sogenannten Heimatschutzübung den Ernstfall. Ziel ist es, mehrere bei einem Gefecht verwundete Soldaten erstzuversorgen.
 
Mit dabei ist auch Can, er ist Gefreiter. Der 26-Jährige hat nie bei der Bundeswehr gedient, im Jahr 2023 aber die Grundausbildung für Ungediente absolviert. Seitdem ist er Teil der Brandenburger Heimatschutzkompanie. "Es ist eine simulierte Situation", sagt Can im Gespräch mit dem rbb: "Aber natürlich weiß man im Hinterkopf: Es könnte auch echt sein. Und da müssen wir vorbereitet sein."
 
Einmal im Monat nimmt Can an den deutschlandweit stattfindenden Heimatschutzübungen teil - 30 bis 40 Tage pro Jahr neben seinem Job bei einem Vermögensberater. Sein Arbeitgeber stellt ihn dafür frei. Diesmal haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in einem Winterbiwak eine Woche lang auf die Abschlussübung vorbereitet - mit dabei waren auch professionelle Sanitäterinnen und Sanitäter. Es gilt, für den Ernstfall vorbereitet zu sein.

Im Ernstfall reichen die Soldaten der aktiven Truppe nicht

Sollte Deutschland angegriffen werden, wäre auch die Heimatschutzkompanie gefordert. Denn die rund 175.000 aktiven Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr reichen dann nicht aus: "Die aktive Truppe würde in einem Spannungsfall bei der Nato in der Bündnisverteidigung eingesetzt, davon kann man ausgehen", erklärt Oberstleutnant Detlef Schachel. Sie wäre dann gebunden. "Wir brauchen also Männer und Frauen, die als Angehörige der Bundeswehr hier in Deutschland uns schützen. Und das wären die Heimatschützer", so Schachel weiter. Sie schützen dann zum Beispiel wichtige Infrastruktur oder unterstützen bei der Verlegung von Truppen. Auch bei Waldbränden und Überschwemmungen wird die Einheit eingesetzt.
 
"Das Thema Bundeswehr war für mich grundsätzlich immer schon interessant. Und spätestens ab 2022 sollte jedem klar sein, dass der Frieden in Europa nicht geschenkt ist. Sondern, dass was dafür getan werden muss", erläutert Can: "Ich würde meinen kleinen Bruder gerne weiter in Frieden aufwachsen sehen. Und genauso wollen meine Eltern ihren wohlverdienten Ruhestand in Frieden verbringen."

Bei einer Heimatschutzübung in Nitzow am 19.02.2025 trainieren die Freiwillige einen Gefechtsdienst mit zwei Hubschraubern, die die "Verwundeten" aufnehmen.(Quelle:rbb)

Ein Hubschrauber landet, die Soldaten werden abtransportiert

Bundeswehrhubschrauber im Einsatz

Am Ende der Übung steigt auf einer Freifläche nahe der Elbe grüner Rauch auf. Er signalisiert, dass kein Feind in der Nähe ist. Kurze Zeit später setzt ein massiver Bundeswehrhubschrauber zur Landung an, die sich drehenden Rotorblätter lassen den Schnee durch die Luft fliegen. Dann eilen die Reservisten und Freiwilligen zum Hubschrauber und laden die Verwundeten ein. Dann werden alle abtransportiert. Oberstleutnant Schachel zieht danach ein positives Fazit: "Gut gelaufen sind die Absprachen zwischen den einzelnen Gruppen. Gut gelaufen sind auch die Sanitätsversorgungen."
 
Auch Can fährt zufrieden nach Hause. "Ich nehme für mich persönlich viel Wissen mit", berichtet er nach der Übung: "Wissen, das man im zivilen Leben nicht erlangen kann. Und vor allem auch Kameradschaft. Es ist beeindruckend, wie viele Menschen man hier kennenlernt, aus allen Schichten, Ebenen und Berufen. Jeder hat seine eigene Geschichte."

Sendung: rbb24, 20.02.2025