Archivbild: Julius lässt sich nach seiner Impfung ein Pflaster mit aufgemaltem Gesicht auf den Arm kleben. (Quelle: dpa/Frankenberg)

Brandenburg Impfmängel in Brandenburg: Viele Kinder nicht ausreichend geimpft

Stand: 20.02.2025 15:16 Uhr

Rund 40 Prozent der Zweijährigen haben 2022 die empfohlenen Impfungen nicht oder nur unvollständig erhalten. Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation wird derzeit für keine der 13 empfohlenen Impfungen erreicht.

In Brandenburg sind viele Kleinkinder nicht ausreichend gegen gefährliche Krankheiten geschützt. 40 Prozent der Zweijährigen haben 2022 die von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Impfungen nicht oder nicht vollständig erhalten. Das zeigt eine aktuelle Analyse der Barmer-Krankenkasse, sie beruht auf ärztlichen Abrechnungsdaten.
 
Besonders alarmierend: Bei vielen Kindern würden die Impfserien zwar begonnen - sie bekommen also die erste Dosis einer Impfung - doch würden die notwendigen Folgeimpfungen oft nicht durchgeführt. Dadurch bleibt der Impfschutz unvollständig.
 
"Diese Nachlässigkeit führt dazu, dass die Kinder keinen ausreichenden Schutz gegen teilweise lebensbedrohliche Erkrankungen aufbauen können", sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg.

Impfziel der WHO wird verfehlt

Die Barmer hat anhand der ärztlichen Abrechnungsdaten ermittelt, wie viele Kinder vollständig, unvollständig oder überhaupt nicht geimpft sind.
 
Der Anteil der Kinder, die bis zu ihrem zweiten Lebensjahr keine einzige Impfung erhalten haben, sei mit 1,5 Prozent im Jahr 2022 gering gewesen, hieß es von der Barmer. Allerdings sei das Impfziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 95 Prozent für keine der 13 empfohlenen Impfungen erreicht worden - in Brandenburg ebenso wenig wie in einem anderen Bundesland.
 
Zu den empfohlenen Impfungen gehören: Masern, Keuchhusten, Polio, Diphtherie, Tetanus, Hepatitis B, Hib, Mumps, Röteln, Meningokokken C, Pneumokokken, Rotaviren und Windpocken. Einige davon werden in Kombinationsimpfungen verabreicht.
 
Die Impfquoten in Brandenburg variieren leicht je nach Krankheit. So liegt etwa die Impfquote für Masern, Mumps und Röteln bei 86,6 Prozent - bei der Tetanus etwas niedriger bei 84 Prozent. Besonders besorgniserregend ist die Rate der Kinder, die bis zu ihrem zweiten Geburtstag die vorgeschriebene vollständige Grundimmunisierung erhalten haben - nur 61,4 Prozent der Brandenburger Kinder bis zwei Jahre erfüllen diese Voraussetzung.
 
Der aktuelle Impfkalender der Stiko listet die empfohlenen Impfungen und deren Zeitpunkte detailliert auf. Eine Übersicht der Impfempfehlungen für Kinder von 0 bis 12 Jahren bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung [impfen-info.de].

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Masern- und HPV-Impfquoten in Brandenburg zu niedrig

Seit 2020 gilt in Deutschland eine Impfpflicht gegen Masern für Kinder in Kitas und Schulen. Diese führte in Brandenburg zu einer Steigerung der Impfquote von 78,5 Prozent (2019) auf 86,6 Prozent (2022). Das Impfziel von 95 Prozent, das für einen wirksamen Herdenschutz nötig wäre, wird jedoch weiterhin nicht erreicht.
 
Neben den klassischen Kinderimpfungen bleibt auch die HPV-Impfung, die vor Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebserkrankungen schützt, hinter den Erwartungen zurück. In Brandenburg waren 2022 noch 28,6 Prozent der Mädchen und 67,7 Prozent der Jungen im Alter von 9 bis 17 Jahren nicht oder nur unvollständig gegen HPV geimpft.
 
"HPV-Infektionen sind tickende Zeitbomben. Jede Krebspatientin und jeder Krebspatient hätte rückblickend alles getan, um die Erkrankung zu vermeiden. Eine HPV-Impfung gibt die Chance, zum Beispiel Gebärmutterhals-, Rachen- oder Analkrebs zu verhindern", sagt Leyh.

Wo steht Brandenburg im Bundesvergleich?

Im bundesweiten Vergleich belegt Brandenburg mit einem Anteil von 61,4 Prozent bei den vollständig geimpften Zweijährigen den vierten Platz aller Bundesländer. Es schneidet damit überdurchschnittlich ab: Der Bundesdurchschnitt liegt bei 55,1 Prozent. Berlin landet mit 58,4 Prozent Grundimmunisierung auf Platz sieben.

Barmer setzt auf Impf-Erinnerungen

Laut Barmer hat die Überzeugungsarbeit von Ärztinnen und Ärzten den größten Einfluss auf die Eltern. Um die Impfquote zu steigern, setzt die Krankenkasse auf digitale Erinnerungen in der elektronischen Patientenakte (ePA). Zudem könnten Arztpraxen mit sogenannten Recall-Systemen gezielt an anstehende Impfungen erinnern.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.02.2025, 12:30