Arbeiter an einem Schmelzofen bei der Ortrander Eisenhuette GmbH. (Quelle: dpa/Thomas Koehler)

Brandenburg Kein neuer Ofen in Eisenhüttenstadt: Stahlkonzern ArcelorMittal streicht Umstieg auf klimaschonendere Technik

Stand: 20.06.2025 14:48 Uhr

Milliarden sollten in den grünen Umbau der Stahlwerke von Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt und Bremen fließen. Doch nun hat sich das Unternehmen dagegen entschieden. Im Brandenburger Stahlwerk werden vorerst keine Elektroöfen gebaut.

Der Stahlhersteller Arcelor Mittal Europa will seine Pläne zum Ersatz von klassischen CO2-intensiven Hochöfen in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree) und Bremen vorerst aufgeben. Das hat das Unternehmen am Donnerstag mitgeteilt.
 
Hintergrund seien eine angespannte Marktsituation und eine fehlende Wirtschaftlichkeit einer CO2-reduzierten Stahlproduktion, hieß es. Ursprünglich wollte der Konzern nach eigenen Angaben bis 2050 in Eisenhüttenstadt Stahl klimaneutral herstellen.

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Unternehmen: Wasserstoff und Erdgas aktuell nicht wirtschafltich

Es werde immer deutlicher, dass die Energiewende in allen Bereichen langsamer als erwartet vorankomme, teilte das Unternehmen mit. Dazu gehöre auch, dass grüner Wasserstoff noch keine tragfähige Energiequelle sei und die Produktion auf Erdgasbasis als Übergangslösung nicht wettbewerbsfähig sei. Arcelor Mittal will aber nach eigenen Angaben die Planungen zum Bau umweltschonender Elektrolichtbogen-Öfen weiterverfolgen. Sie werden jedoch vorerst nicht gebaut.

Der Betriebsratsvorsitzende bei Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt, Dirk Vogeler, äußerte Verständnis für die Entscheidung des Stahlkonzerns. "Wir müssen leider feststellen, dass im Zeitfenster dieses Projektantrages die wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht darstellbar sind", sagte er dem rbb am Freitag. Eine solche Investition würde aktuell das Stahlwerk ruinieren.
 
Das Bundeswirtschaftsministerium bedauerte die Entscheidung des Stahlkonzerns. "Es handelt sich dabei um eine privatwirtschaftliche Entscheidung des Unternehmens", teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Wichtig sei, dass noch keine staatlichen Gelder geflossen seien.
 
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr 1,3 Milliarden Euro Fördermittel für die Transformation zur klimafreundlichen Stahlproduktion freigegeben und den Förderbescheid überreicht. Die nun vorerst gestoppten Pläne hätten insgesamt rund 2,5 Milliarden Euro gekostet. Der Vertrag mit der Bundesregierung sah den Beginn der Bauarbeiten für das Projekt bis Juni 2025 vor. Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Dekarbonisierung energieintensiver Industrien begrüßt.

Archivbild: Das Werk der Arcelor Mittal Eisenhüttenstadt GmbH auf beiden Seiten des Oder-Spree-Kanals (Luftaufnahme mit einer Drohne).(Quelle:picture alliance/dpa/Patrick Pleul)
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Wirtschaftsminister will mit betroffenen Akteuren sprechen

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, die Landesregierung unternehme alles, um mit den Beschäftigten, dem Bürgermeister, dem Unternehmen sowie allen Beteiligten die Arbeitsplätze im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt zu schützen. "Der Industriestandort Deutschland und Europa darf nicht gefährdet werden."
 
Laut Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) will die Landesregierung nun mit dem Unternehmen, dem Betriebsrat und den betroffenen Akteuren beraten, wie das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt sicher für die Zukunft aufgestellt werden kann. "Das Land Brandenburg wird auch in Zukunft seiner Verantwortung für die Beschäftigten und für den Industriestandort gerecht werden", teilte Keller mit. Die Entscheidung von ArcelorMittal zeige, dass die Geschwindigkeit des klimaneutralen Umbaus der Industrie überprüft werden müsse – dazu zähle auch die geplante Erhöhung der CO2-Bepreisung ab 2027.

Stahlindustrie in der Krise

Das Stahlwerk in Eisenhüttenstadt besteht seit 1951 – damals hieß es Eisenhüttenkombinats Ost (EKO). In den 1960er Jahren arbeiteten im größten Metallurgiekombinat der DDR bis zu 16.000 Menschen. Nach der Wende schrumpfte der Betrieb, der in privaten Händen gekommen war. Aktuell gibt es rund 2.700 Beschäftigte im Stahlwerk.
 
ArcelorMittal wollte ursprünglich bis 2030 einen Hochofen in Bremen und einen in Eisenhüttenstadt ersetzen. Die Stahlindustrie ist einer der größten CO2-Emittenten in Deutschland. Sie ist daher zentral im Fokus, wenn es darum geht, dass in Deutschland Klimaziele erreicht werden.
 
Die deutsche Stahlindustrie befindet sich in einer Krise. 2024 blieb die erzeugte Rohstahlmenge auf "Rezessionsniveau", wie die Wirtschaftsvereinigung Stahl mitgeteilt hatte. Den Unternehmen machten der enorme Zuwachs von Billigimporten aus China und nicht wettbewerbsfähigen Kosten für Strom schwer zu schaffen.

Sendung: rbb24, 20.06.2025, 13:00 Uhr