
Brandenburg Nach Rücktritt der Brandenburger Innenministerin Lange: Dietmar allein zu Haus
Die Brandenburger Innenministerin Katrin Lange ist zurückgetreten. Der parteiinterne Druck in der Affäre um die Entlassung vom Verfassungsschutz-Chef war zu groß. Für Dietmar Woidke ist das kein Befreiungsschlag, sondern ein Problem, kommentiert Michael Schon.
Das also war die Exit-Strategie: "Land und Leute wollen Lösungen. Sie wollen, dass die Politik arbeitet und nicht streitet." Mit diesen Worten begründete Katrin Lange das Ende ihrer Karriere als Innenministerin. Sie nimmt ihren Hut, um die Koalition von SPD und BSW im Land nicht von der Sacharbeit abzuhalten. So will sie den Rücktritt verstanden wissen.
Fehler im Umgang mit Verfassungsschutzchef Jörg Müller und der AfD sieht sie nicht, zumindest nicht bei sich – weder politische noch sachliche. Diese Haltung wird gedeckt von ihrem Chef, Ministerpräsident Dietmar Woidke. Er hatte sich in der Causa Müller schnell, wiederholt und bedingungslos hinter Lange gestellt. Auch als sie zum Abschied nachtrat und ihrer Partei eine Intrige mit gezielter Desinformation unterstellte, stand der Parteichef neben seiner Kronprinzessin und verzog keine Miene.

Ist Woidke der Wahlerfolg zu Kopf gestiegen?
Der Fall Lange ist also auch ein Fall Woidke, sowohl inhaltlich als auch machtpolitisch.
Inhaltlich, weil er wie Lange einen Kurs gegenüber der AfD vertrat, dem viele in der SPD nicht zu folgen bereit waren. Und zwar no way. Auf keinen Fall. Selbst um den hohen Preis, ihren Landesvorsitzenden und Ministerpräsidenten zu beschädigen, dem sie bei der Landtagswahl noch ein Ergebnis von knapp 30 Prozent zu verdanken hatte.
Schon damals hatte Woidke in Spielermanier und unter Kopfschütteln vieler Genossen alles auf eine Karte gesetzt und die Wahl zur Schicksalswahl zwischen ihm und der AfD erklärt. Möglich, dass ihm der Wahlerfolg zu Kopf gestiegen ist. Diesmal hat er sich verzockt. Er hat gleich mehreres dramatisch falsch eingeschätzt: seinen Einfluss, die Stimmung in der Partei und deren Leidensbereitschaft für den Machterhalt.
SPD rebelliert gegen ihren Vorsitzenden
Das Ergebnis ist Woidkes Machtverlust. Der Kaiser ist jetzt nackt. Die Folgen in einer Landespartei, die zum ersten Mal in ihrer 35-jährigen Geschichte eine echte Rebellion gegen ihren Vorsitzenden angezettelt und in kürzester Zeit um Erfolg gebracht hat, sind nicht zu unterschätzen. Mit dem heutigen Tag beginnt das Ende der politischen Karriere von Dietmar Woidke. Um ihn dürfte es jetzt recht einsam werden. Für die potenziellen Nachfolger, zu denen Katrin Lange nicht mehr zählt, öffnen sich plötzlich Horizonte. Eine Chance, den Generationswechsel einzuleiten.
Auch inhaltlich muss noch etwas geradegerückt werden. Es ist nicht so, wie es Katrin Lange in ihren Abschiedsworten unterstellt hat: Selbstverständlich darf man die Haltung vertreten, dass die AfD politisch und nicht juristisch bekämpft werden muss. Wahrscheinlich darf man diese Haltung sogar in der SPD vertreten – und wahrscheinlich darf man sogar dort laut darüber nachdenken, welcher Auftrag für die Partei aus der aktuellen gesellschaftlichen Stimmung und den Wahlergebnissen erwächst. Vielleicht wäre das sogar gar nicht so dumm.

Basta-Politik gescheitert
Was jedoch nicht geht: Die Partei zu erpressen und blinde Gefolgschaft einzufordern. Nicht beim Versuch, handwerkliche Fehler einer Innenministerin zu kaschieren, die nicht mal die geltende Dienstanweisung für die Einstufung von Parteien durch den Verfassungsschutz kannte; nicht bei der Entmachtung eines angesehenen Verfassungsschutz-Chefs unter dem Vorwand, über die Vorgänge im Haus nicht im Bilde gewesen zu sein; und schon gar nicht bei einem brachialen So-und-nicht-anders-Kurs in der Auseinandersetzung mit der AfD, der offenbar nicht zur DNA der SPD als im Zweifel letzte Bastion gegen Rechtsextremismus passt.
Dafür haben Katrin Lange und Dietmar Woidke heute einen hohen Preis bezahlt. Die Brandenburger SPD sollte ihre neue Freiheit jetzt nutzen.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 16.05.2025, 19.30 Uhr