Polizisten sind am Tatort in Potsdam im Einsatz. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft ist am 30.05.2024 ein Wachmann tödlich verletzt worden. (Quelle: dpa/TNN/Christian Pörschmann)

Brandenburg Potsdam: Angeklagte Person schweigt im Prozess nach tödlicher Messerattacke auf Wachmann

Stand: 20.02.2025 16:14 Uhr

Im Frühjahr 2024 ist in Potsdam ein Wachmann einer Geflüchtetenunterkunft mit einem Messer tödlich verletzt worden. Die angeklagte Person schweigt zu Prozessbeginn und bestreitet laut ihrer Anwältin die Vorwürfe.

Nach dem tödlichen Angriff auf einen Wachmann auf dem Gelände einer Flüchtlingsunterkunft in Potsdam hat die angeklagte Person zu Prozessbeginn am Donnerstag geschwiegen. Sie bestreite allerdings die Vorwürfe, erklärte ihre Verteidigerin am Landgericht in Potsdam. Die angeklagte Person soll nach Angaben des Gerichts im vergangenen Jahr einen syrischen Sicherheitsmann mit einem Messer in die Brust gestochen haben.
 
Der 33-Jährige war daraufhin mit lebensgefährlichen Verletzungen in ein Krankenhaus gebracht worden und dort verstorben.

Polizisten gehen am 30.05.2024 abgesperrten Tatort in der Potsdamer Geschwister-Scholl-Straße entlang. (Quelle: dpa/Christian Pörschmann)
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Arbeitskollege des Opfers schilderte die Geschehnisse

Der angeklagten Person mit südafrikanischer Staatsangehörigkeit wird in dem Prozess Totschlag vorgeworfen. Laut Anklageschrift soll sie Ende Mai vergangenen Jahres in der Nacht im Eingangsbereich auf den Sicherheitsmann getroffen sein. Dieser hatte ihr laut Staatsanwaltschaft bereits zuvor gesagt, dass sie die Unterkunft nicht mit einem Messer betreten dürfe. Als er sie erneut darauf ansprach, sei sie auf ihn losgegangen und habe ihm das Messer zweimal in die Brust gestochen.
 
Am ersten Prozesstag schilderte der Arbeitskollege des Opfers die Geschehnisse aus der Todesnacht. Er sei während der Dienstzeit kurz nach Hause gefahren, um etwas zu holen, berichtete er. Auf dem Rückweg habe er einen Anruf einer völlig aufgelösten Bewohnerin erhalten, dass "dort jemand" liege. Er sei daraufhin mit dem Auto so schnell wie möglich zur Gemeinschaftsunterkunft zurückgefahren und habe dort den am Boden liegenden 33-Jährigen gefunden. Als er das Blut sah, rief er umgehend den Notarzt. Der Verletzte sei ansprechbar gewesen und habe ihm gesagt: "Sie haben mich mit einem Messer angegriffen und sie waren maskiert." So schilderte es der Zeuge. Das Opfer habe die Angreifer deshalb nicht identifizieren können.

Angeklagte Person stark verhaltensauffällig

Die angeklagte 38 Jahre alte Person, die zu dem Zeitpunkt in der Unterkunft lebte, habe er nicht gesehen, sagte er weiter. Er habe aber auch nicht darauf geachtet, als er zurückfuhr. Er wusste zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben nicht, dass sein Kollege angegriffen worden war. Der Wachmann beschrieb die angeklagte Person darüber hinaus als stark verhaltensauffällig. Sie habe bereits in zig anderen Unterkünften Probleme bereitet und mehrfach Hausverbote erteilt bekommen. In einer anderen Unterkunft hatte sie außerdem eine Frau mit einem Messer verletzt. Die Unterkunft im Westen von Potsdam sei auch ihre "letzte Chance" gewesen. Dennoch habe sie andere Bewohner beschimpft.
 
Die Beleidigung "Bitch" sei augenscheinlich "ihr Lieblingswort", so der Wachmann. Sie habe absichtlich Lärm verursacht und Studenten aus dem benachbarten Wohnheim angespuckt. Gelegentlich kam sie nach Angaben des Zeugen betrunken ins Wohnheim. Rund eine Woche vor der Tat habe sie zudem den Sicherheitsmitarbeitern gesagt, dass sie ein Messer bei sich führe - dieses aber nicht mit in die Unterkunft nehmen wolle. Sie galt im Heim als Störfaktor: Mit Gewalt war sie in seiner Gegenwart aber nicht aufgefallen.

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Tatverdächtige Person in Berlin gefasst

Nach der Tat auf dem Gelände der Asylunterkunft in der Geschwister-Scholl-Straße war die verdächtige Person, die in dem Heim wohnte, geflüchtet. Die Polizei leitete daraufhin eine Großfahndung ein. Einsatzkräfte suchten in Potsdam auch im benachbarten Park Sanssouci nach dem Täter. Später erkannte ein in zivil eingesetzter Beamter die verdächtige Person am Alexanderplatz in Berlin. Alarmierte Kräfte der Bundespolizei konnten sie im Umfeld des Bahnhofs Zoologischer Garten festnehmen.
 
Nach einem Haftbefehl sitzt die Person nun in Untersuchungshaft. Sie hatte sich vor dem Prozessauftakt nicht zu den Vorwürfen eingelassen.

Verhältnis zwischen Opfer und tatverdächtiger Person unklar

Zu einem möglichen Motiv äußerte sich das Gericht bislang nicht. Offen war bislang auch, in welchem Verhältnis das Opfer und die tatverdächtige Person zueinander standen. Warum sie weiterhin im Land war, ist außerdem fraglich. Das Verwaltungsgericht Cottbus hatte 2021 einen Eilantrag gegen die Ablehnung ihres Asylantrags abgelehnt. Ein Jahr später unterstrich das Gericht in einem Klageverfahren die Ablehnung des Asylantrags.
 
Nach Gerichtsangaben wusste die Zentrale Ausländerbehörde des Landes Brandenburg von dem Ergebnis des Eilverfahrens. Der Ausländerbehörde in Potsdam wurde demnach mitgeteilt, dass die Klage gegen den abgelehnten Asylantrag abgewiesen wurde. Eine Anfrage an die Stadt Potsdam dazu blieb zunächst unbeantwortet.

Flüchtlingsunterkunft mittlerweile geschlossen

In der Flüchtlingsunterkunft im Westen der Landeshauptstadt Potsdam waren zum Tatzeitpunkt laut Stadtverwaltung 30 Menschen in 17 Zimmern untergebracht, überwiegend Familien. Im Mai des vergangenen Jahres wurde das Heim geschlossen. Die Schließung war Teil einer größeren Umstrukturierung der Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete in Potsdam. Im Rahmen dessen wurden temporäre Einrichtungen aufgegeben.
 
In dem Gebäude wurde früher ein Hotel mit dem Namen "Schlossgarten" betrieben. 2022 hatte es die Stadt für die Unterbringung von Geflüchteten gemietet.

Sendung: rbb Antenne Brandenburg, 20.02.2025, 09:00 Uhr