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Brandenburg Spree-Neiße: Platzen die Pläne vom grünen Kerosin aus Drewitz?
Die Vision des Unternehmens Hy2Gen, in Drewitz grünes Kerosin herzustellen, droht zu scheitern. Das Unternehmen liegt nicht mehr im Zeitplan und kämpft mit Rückschlägen. Wenn überhaupt, muss die Produktion wohl kleiner als geplant ausfallen. Von Aspasia Opitz
Eine der ersten Produktionsstätten für grünes Kerosin überhaupt - und das im brandenburgischen Drewitz (Landkreis Spee-Neiße). So lautete der Plan von Hy2Gen. Das Unternehmen mit Sitz in Wiesbaden, das weltweit Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff und wasserstoffbasierten Kraftstoffen betreibt, wollte schon 2024 mit dem Bau einer Anlage zur Produktion von grünem Flugtreibstoff auf dem klimaneutralen Green Areal Lausitz (GRAL) in Drewitz beginnen. Doch die hochfliegenden Pläne könnten ins Wanken geraten.
Ursprünglich sollte die Anlage mit Strom aus erneuerbaren Energien und grünem Wasserstoff den umweltfreundlicheren Kraftstoff herstellen. Diese sogenannten Sustainable Aviation Fuels (SAF), also nachhaltige Flugkraftstoffe, sollten dabei durch einen Elektrolyseur hergestellt werden, der ausschließlich mit erneuerbaren Energien arbeitet.
Unter dem Projektnamen "Jangada" sollte diese Anlage anfänglich 128.000 Tonnen grünen Wasserstoff sowie 32.000 Tonnen grünes Kerosin pro Jahr für Kunden in Deutschland produzieren. Ziel ist laut Unternehmensangaben der Aufbau eines regionalen Wertschöpfungskreislaufs.
Doch genau diese Pläne stehen nun vor erheblichen Hürden.
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Nicht genügend grüner Strom vorhanden
Das letzte Jahr sei für das Unternehmen herausfordernd gewesen, sagt Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis. Schon seit Oktober 2023 hat er auf dem Gelände Büroräumlichkeiten angemietet. Das geplante Projekt von Hy2Gen, grünes Kerosin in Drewitz zu produzieren, könnte nun möglicherweise vor dem Aus stehen, sagt er. Ein wesentlicher Grund dafür sei, dass das Unternehmen nicht wie versprochen den benötigten grünen Strom erhalte, der für die Produktion des nachhaltigen Kraftstoffs unerlässlich ist.
Das Energieunternehmen ENERTRAG, das plant, das gesamte Industriegebiet GRAL mit einem nachhaltigen Energiekonzept zu versorgen, könne die erforderliche Menge an grünem Strom für das Unternehmen Hy2Gen nicht liefern, erklärt Kanis. Auch die schon auf dem Gelände befindliche Photovoltaik-Anlage reiche nicht für den Betrieb der Raffinerie aus. Der ursprünglich konzipierte Bedarf an grünem Strom sei zu ambitioniert gedacht. Man müsse nun eine kleinere Anlage planen, sagt der Projektleiter.
Fehlende Anbindung an Wasserstoffkernnetz
Zudem werde das Industriegebiet in Drewitz auch nicht wie geplant bereits 2030 an das Wasserstoffkernnetz angeschlossen, was eine weitere Schlüsselvoraussetzung für die Umsetzung des Projekts darstellt.
Die Bundesnetzagentur hatte im Oktober 2024 ein Wasserstoffkernnetz mit einer Gesamtlänge von 9.040 Kilometern genehmigt. Dieses besteht zum überwiegenden Teil, rund 60 Prozent, aus umfunktionierten Erdgasleitungen. Eine Anbindung dieses Kernnetzes soll, laut heutiger Planung der Bundesnetzagentur, von Berlin über Rüdersdorf und Eisenhüttenstadt bis nach Spreetal in der Lausitz gebaut werden. Diese Leitung würde auch Drewitz erreichen und einen klaren Standortvorteil darstellen. Allerdings gibt es bislang keinen Vorhabenträger für diese neu zu bauende Wasserstoffleitung.
Diese unerwarteten Rückschläge gefährden die wirtschaftliche Machbarkeit der Drewitzer Anlage und stellen die Zukunft des Projekts zunehmend in Frage. Ärgerlich sei, so Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis, dass das fertige Konzept nun erneut überarbeitet werden müsse. Er sei so komplett auf Null zurückgeworfen worden, sagt er: "Das ist das Schlimmste, was passieren kann."
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Weitere Unternehmen auf dem GRAL produzieren noch nicht
Hy2Gen setzt auf die langfristige Entwicklung der Technologie und auf eine mögliche verstärkte politische Unterstützung für klimafreundliche Alternativen. Die Landesregierung glaubt offenbar weiter an das GRAL und die dortigen Vorhaben. Auf Nachfrage des rbb betonte Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD), dass das Land sich aktiv für eine flächendeckende Verteilung von grünem Wasserstoff einsetzen werde. Keller mahnte jedoch an, dass die ausstehenden Entscheidungen der Bundesnetzagentur und der Bundesregierung dringend getroffen werden müssten, da die aktuellen Verzögerungen für Unternehmen, die in Brandenburg investieren wollen, problematisch seien. Zudem bekräftigte Keller, dass er eine positive Zukunft für das GRAL sehe.
In Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung des Landes wolle man das Areal gezielt fördern und weiterentwickeln, so Keller. Bisher haben neben Hy2Gen auch weitere Unternehmen Interesse bekundet, sich auf dem Industriegelände in Drewitz anzusiedeln. Schon im Oktober 2023 hatte der rbb auf Nachfrage erfahren, dass beispielsweise das Unternehmen "Bton" aus Soltau im Industriepark eine Produktion für klimapositiven Beton aufbauen will. 25 Millionen Euro wollte das Unternehmen investieren, so Geschäftsführer Thomas Demmel damals. Produktionsstart für den CO2-neutralen Beton sollte schon im Frühjahr 2025 sein. Allerdings ist auch hier bislang noch keine Produktionshalle in Aussicht.
Hy2Gen will noch nicht aufgeben
Hy2Gen-Projektleiter Chuma Francis Kanis bleibt trotz der Rückschläge optimistisch. "Verlässlichkeit in Absprachen, gewisse wirtschaftliche Grundbedingungen, der politische Rahmen, die Pipeline, die Stromversorgung", das alles sei ihm wichtig, so Kanis, damit sein Projekt trotzdem noch funktionieren kann. Er hält am Standort fest, denn "es gäbe hier Flächen, es gibt einen rechtskräftigen Bebauungsplan (...) und die Gemeinde Peitz baut hier auch einen Güterbahnhof", sagt Kanis.
Das neue Konzept, das die Machbarkeit einer deutlich kleineren Kerosin-Raffinerie herausarbeiten soll, soll Ende 2025 fertiggestellt sein. Die geplante Anlage zur Produktion von grünem Kerosin wird Hy2Gen aber erst dann bauen, wenn klar ist, woher der grüne Strom kommt – vor 2028 wird es, so Chuma Francis Kanis, keinen grünen Treibstoff aus Drewitz geben.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 07.02.2025, 19:30 Uhr