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Brandenburg Industrie-Wahrzeichen: Abriss des Herlitz-Gebäudes in Falkensee beschlossen

Stand: 20.02.2025 15:41 Uhr

Das Herlitz-Gebäude in Falkensee ist bis zu 44 Meter hoch. Es erinnert bis heute an den wirtschaftlichen Aufschwung im Osten Deutschlands nach der Wende - nun wird es abgerissen. Es soll stattdessen ein Flachbau entstehen. Von Heike Schüler und Philipp Rother

Nahe der Landesgrenze zwischen Berlin und Brandenburg ragt in Falkensee (Havelland) ein gewaltiges Bauwerk mit einer bewegten Geschichte bis zu 44 Meter in die Höhe. Das kilometerweit sichtbare achtgeschossige Gebäude hatte der Berliner Büroartikelhersteller Herlitz ab 1991 gebaut. Es war eines der ersten großen Investitionsvorhaben in den neuen Bundesländern nach der Wiedervereinigung. Auch ein direkter Bahnanschluss, der Bahnhof Seegefeld, ist Herlitz damals vor die Tür gebaut worden.

Ein Ortsschild von Falkensee, Landkreis Havelland (Brandenburg) (Quelle: dpa/Nestor Bachmann)
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Seit Anfang des Jahres rollen die Bagger

Der Bau in der Straße der Einheit symbolisiert bis heute den wirtschaftlichen Aufschwung im Osten Deutschlands nach der Wende. Im Herbst des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass das Gebäude zurückgebaut wird. Seit Anfang des Jahres sind bereits erste Gebäudeteile abgerissen worden. Bagger mit 50 Meter langen Greifarmen sind dafür im Einsatz. Auf dem Gelände stapeln sich schon Schutt und Abrissmaterialien. Rund ein Jahr wird der Rückbau dauern.
 
"Es verschwindet eine Art Wahrzeichen von Falkensee", bedauert Falkensees Bürgermeister, Heiko Richter (parteilos). Er selbst war bei Grundsteinlegung dabei und erinnert sich an den Sandsturm, der über die Zelte fegte. Drei Jahre später wurde das Gebäude feierlich eröffnet. Auf Fotos vom Festakt lächelt der damalige Ministerpräsident Brandenburgs Manfred Stolpe (SPD). Auch der damalige Regierende Bürgermeister Berlins, Eberhard Diepgen (CDU), war vor Ort. "Jetzt mit dem Wissen, dass das Gebäude irgendwann weg ist, ist schon eine Träne im Knopfloch. Gerade, weil man auch weiß, wie viele Leute hier gearbeitet haben", erzählt Richter. Seit 1995 waren es in verschiedenen Firmen bis zu 1.000 Menschen.

Archivbild: Auf der grünen Wiese nahe der Ortschaft Falkensee entsteht am 07.07.1992 derzeit das neue Werk des Papier-, Büro- und Schreibwarenherstellers Herlitz AG. (Quelle: dpa-Zentralbild/Karlheinz Schindler)

Falkensee

Pelikan-Logo noch an der Fassade zu sehen

Das Gebäude mit seinen vielen Glasfenstern umfasst etwa 135.000 Quadratmeter Nutzfläche und beinhaltet ein Distributionszentrum, Produktionshallen, Büros, eine Kantine sowie Hochregal- und Boxenlagerflächen. Der Industriebau diente zunächst als Werk- und Logistikzentrum für Herlitz. Im Jahr 2010 wurde Herlitz vom Bürobedarfhersteller Pelikan übernommen - und damit auch das Gebäude in Falkensee. Bis heute ist das Pelikan-Logo an der Fassade zu sehen.
 
2022 ist das Bauwerk dann an Hillwood, eine US-amerikanische Investmentgruppe, weiterverkauft worden. Pelikan blieb aber - wie einige kleinere Firmen auch - als Mieter in dem Gebäude. Zu dem Zeitpunkt arbeiteten aber bereits deutlich weniger Menschen in dem Industriebau. 2023 wurde der Bürobedarfhersteller Pelikan dann von seinem französischen Konkurrenten Hamelin aufgekauft. Der beschloss Pelikans Ende in Falkensee und Hillwood den Abriss des Bauwerks. Der achtgeschossige Bau sei in der modernen Logistik nicht mehr zeitgemäß, hieß es zur Begründung. Große Teile des Gebäudes standen zu dem Zeitpunkt bereits leer. Zudem gab es großen Sanierungsbedarf. Im Dezember 2024 zogen dann die letzten Mieter aus.

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Stadt hatte keinen Einfluss auf Entscheidung

Einige Mitarbeitende verbrachten fast 30 Jahre ihres Berufslebens in dem Gebäude. Sie haben neue Arbeit gefunden, sind aber verbittert. Die Stadt hätte das Bauwerk retten sollen, ist der Tenor. "Da hat die Stadt wenig Einfluss drauf", entgegnete Bürgermeister Richterauf Nachfrage: "Es ist halt ein Privatgelände, und ein privater Investor hat die komplette Fläche gekauft." Hillwood sei bereit gewesen, den Industriebau zu verkaufen, so Richter weiter. Es habe aber niemand das Gebäude erwerben wollen.
 
Es gab zwar einen Interessenten, das habe sich aber zerschlagen. Es habe Überlegungen gegeben, dass ein Rechenzentrum einziehen könnte: "Das hätte sogar positive Effekte für die Stadt gehabt. Man hätte die Abwärme, die so ein Rechenzentrum mit sich bringt, nutzen können. Aber es ist letztendlich am fehlenden Strom gescheitert", berichtet Richter. Nun rollen die Bagger und reißen das damals 400 Millionen D-Mark teure Gebäude nieder. Nach Angaben der Falkenseer Stadtverwaltung soll anstelle des Herlitz-Baus ein neues Logistikzentrum entstehen - ein flacher Bau, etwa so wie Hillwood es bereits auf dem Nachbargrundstück errichten ließ. Es wird gewiss kein Wahrzeichen der Stadt.

Sendung: rbb24, 20.2.2025, 13Uhr