Ein alter S-Bahnwaggon wird Ort für Mobilitätsprojekte im ländlichen Raum. (Quelle: rbb/Jacqueline Piwon)

Brandenburg Wie ein alter S-Bahn-Waggon für moderne Mobilität genutzt wird

Stand: 09.06.2025 10:50 Uhr

Seit Ende Mai können in Klein Glien Gründerinnen und Gründer zusammenfinden, die sich mit der Mobilität im ländlichen Raum beschäftigen. Ein restaurierter und umgebauter S-Bahn-Waggon dient als zentraler Treffpunkt. Von Jacqueline Piwon

Der ausrangierte S-Bahn-Waggon ist auf dem Gelände des alten Gutshofs in Klein Glien (Potsdam-Mittelmark) nicht zu übersehen. Er steht ordnungsgemäß auf einem extra dafür angelegten Gleisbett, umgeben von einer Terrasse aus Holz samt Sonnensegel.
 
Im Inneren des Waggons sind die alten Sitzbänke restauriert worden und können als Arbeitsplätze genutzt werden. Es gibt höhenverstellbare Tische, eine schalldichte Telefonkabine und einen Besprechungsraum mit Beamer und Leinwand.

Der Waggon ist das Herzstück des Smart-Village-Mobilitätscampus, der am 25. Mai eröffnet wurde. Der Campus ist auf dem Gelände des Coconats, einem alten Gutshof, der schon seit Jahren etablierter Ort für Co-Working, Retreats und modernes Arbeiten in der Natur ist, entstanden.

Ein alter S-Bahnwaggon wird Ort für Mobilitätsprojekte im ländlichen Raum. (Quelle: rbb/Jacqueline Piwon)

S-Bahnwaggon

Waggon als zentraler Arbeitsort

"Der Waggon ist nun ein zentraler Arbeitsort und Treffpunkt für Menschen, die sich mit der Mobilität der Zukunft im ländlichen Raum beschäftigen", sagt Marie Golüke im Gespräch mit dem rbb. Es soll ein Ort geschaffen werden, an dem über ländliche Mobilität gesprochen werden kann. "Hier sollen Ideen weiterentwickelt und neue gefunden werden", so Golüke.

Vor Ort werden auch Gründerinnen und Gründer zusammengebracht. Einer von ihnen ist Ruben Lagies. Der 41-jährige aus Wildenbruch (Potsdam-Mittelmark) ist mit seinem Start-Up Teil des Mobilitätscampus. Er hat seine Werkstatt von Berlin nach Klein Glien verlagert und baut vor Ort mobile Outdoor-Küchen mit ausklappbaren Festtafeln, die er für Events und Feiern vermietet. Der gelernte Tischler und studierte Innenarchitekt schätzt vor allem den Austausch mit anderen Kreativen und Gründern: "Es ist einfach schön, in so eine Community zu kommen." Es gehe vor allem darum, die "Vielfalt von Mobilität" zu zeigen.

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Unterstützung bei der Gründung

Lagies teilt sich vor Ort eine alte Scheune mit einem anderen Start-Up. Darin stehen auch zwei aufgearbeitete alte Pferdekutschen. Sie gehören Lorna Bauer, die sich mit einem kleinen Kutschbetrieb selbstständig gemacht hat. Die 33-Jährige arbeitet vor Ort alte Wagen auf, per Hand und mit viel Liebe. "Kutschfahrten stehen für mich sinnbildlich für ein Leben, in dem genug Zeit und Raum bleibt, um innezuhalten, zu entspannen und nachzudenken, statt immer nur im Stress des Alltags gefangen zu sein", sagte Bauer im Gespräch mit dem rbb. Angebunden an den Campus hat sie viel Unterstützung bei der Gründung bekommen. Das soll künftig im Rahmen von Netzwerkveranstaltungen noch einfacher klappen.

Mobilitätskonferenz im Waggon

In Klein Glien wird auch daran gearbeitet, digitale Fahrpläne in der Region weiter voranzubringen und digitale Mitfahrbänke in der Region zu etablieren. Es seien Projekte, von denen viele Menschen profitieren sollen, sagt Golüke, die selbst in einem kleinen Dorf in der Nähe aufgewachsen ist. Die entwickelten Ideen seien für "Menschen, die sich aus Klimaschutzgründen kein eigenes Auto mehr kaufen, aber auch vielleicht weil sie kein Geld haben." Es gehe darum, auch kleine Projekte und Ideen zusammenzubringen, so Golüke.
 
Um neue Lösungen für Mobilität im ländlichen Raum zu finden, ist das Campus-Team auch mit dem Unternehmen Regiobus, das in Potsdam-Mittelmark für den öffentlichen Nahverkehr zuständig ist, im Gespräch. Im September findet auf dem Campus in Klein Glien die erste "Mobilitätskonferenz auf dem Land" statt - natürlich im S-Bahn-Waggon.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 7.7.2025, 19:30 Uhr