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Saarland Landtag gedenkt Auschwitz-Befreiung – Friedman appelliert an Gesellschaft
Mit einer Gedenkstunde in der Congresshalle hat der Saar-Landtag am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung der Opfer des Holocausts gedacht. Publizist Michel Friedman appellierte an die Gesellschaft, gegen Hass und Hetze zu kämpfen – und bezeichnete die AfD als Partei des Hasses. Daraufhin verließ Fraktionschef Dörr den Saal.
80 Jahre nach der Befreiung des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz hat der saarländische Landtag am Montag an die Opfer des Holocaust erinnert. In dem Lager waren mehr als eine Million Menschen getötet worden, die meisten von ihnen europäische Juden.
Winzent: Jüdisches Leben in Deutschland nicht sicher
Landtagspräsidentin Heike Winzent appellierte an die Menschen im Saarland, ihrer Verantwortung im Kampf gegen Judenfeindlichkeit, Diskriminierung, Hetze und Hassparolen gerecht zu werden.
Sie sagte bei der Veranstaltung, die Verantwortung werde mit zeitlichem Abstand nicht geringer. Jüdisches Leben sei in Deutschland nicht sicher. Der Antisemitismus sei nie verschwunden. Jüdische Menschen würden angefeindet und bedroht, Synagogengemeinden würden angegriffen. Das sei 80 Jahre nach Auschwitz eine bittere Erkenntnis.
Publizist Michel Friedman als Hauptredner
Redner bei der Gedenkveranstaltung war der Publizist Michel Friedman. Friedman war Anfang der 2000er stellvertretender Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er entstammt einer polnischen Familie, deren Mitglieder beinahe alle im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau getötet wurden.
"Nie mehr sollen sich Menschen über andere Menschen erheben dürfen", sagte er mit Blick auf die Idee der Menschenrechte. "Jüdische Menschen, schwule Menschen, schwarze Menschen, weibliche Menschen, queere Menschen, Menschen mit Einschränkungen – alle diese Eigenschaften enden mit dem Wort Mensch."
Friedman warnt vor AfD – Dörr verlässt den Saal
Friedman betonte außerdem, dass die Demokratie, in der wir leben, eine aktive Entscheidung sei, die auch aktiv mit Leben gefüllt werden müsse. Sie müsse vor Angriffen geschützt werden. Ein Beispiel seien die sozialen Medien. Die Politik sei hier in der Pflicht. Sie müsse dafür sorgen, dass es auch im Internet keinen rechtsfreien Raum gebe. Auch hier müsse die Verfassung gelten.
Friedman warnte außerdem vor der AfD: "Zwei Kollegen dieser komischen Partei des Hasses, die sich demokratisch nennt und sie vernichten will, sind auch da", sagte er.
Der Fraktionschef der AfD im Landtag, Josef Dörr, fiel daraufhin mit Zwischenrufen auf, Friedman solle sich mäßigen. Der konterte: "Wissen Sie was? Wenn Sie wüssten, wie gemäßigt ich bin, dass ich Sie toleriere?", woraufhin Dörr den Saal verließ.
Rehlinger plädiert für verpflichtenden Besuch einer KZ-Gedenkstätte
Ministerpräsidentin Anke Rehlinger war bei der Gedenkstunde in Saarbrücken nicht anwesend. Als Bundesratspräsidentin reiste sie zur Gedenkstunde nach Auschwitz und nahm dort an der Kranzniederlegung teil.
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In einem Gastbeitrag in der FAZ betonte die SPD-Politikerin aber, dass Bildung der Schlüssel zur Aufklärung und zur Prävention von Antisemitismus und Rassismus sei.
"Ich bin der Auffassung, dass jeder Schüler und jede Schülerin in Deutschland mindestens einmal eine KZ-Gedenkstätte besucht haben muss. Die nächste Bundesregierung ist gefordert, die Mittel für politische Bildung in Deutschland wieder zu erhöhen." Der saarländische Landtag hatte sich bereits Anfang Dezember dafür ausgesprochen, Schulbesuche von Gedenkstätten oder ehemaligen KZs zur Pflicht zu machen.
Rehlinger will zudem für das Saarland vorschlagen, den Schutz jüdischen Lebens in die Landesverfassung aufzunehmen. "Und ich fände das auch für unser Grundgesetz sinnvoll. Das Existenzrecht und die Sicherheit Israels sind Staatsräson der Bundesrepublik und ihrer Länder als Konsequenz aus unserer historischen Verantwortung. Zu glauben, dass "nie wieder Auschwitz" auch ohne unser aktives Zutun Wirklichkeit bleibt, ist naiv", so Rehlinger weiter.
Über dieses Thema haben auch die SR info-Nachrichten im Radio am 27.01.2025 berichtet.
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28.01.2025, 12:00 Uhr
Hinweis der Redaktion: Wir hatten zuerst berichtet, dass Michel Friedman seit 2002 auch Saarlandbotschafter sei. Das stimmt nicht. Tatsächlich war Friedman nur im Jahr 2002 Saarlandbotschafter. Seitdem ist er es nicht mehr.