Der Reichstag in Berlin mit einer Saarlandflagge im Vordergrund

Saarland Bundestagswahlen im Saarland: Der Blick zurück und nach vorne

Stand: 21.02.2025 14:30 Uhr

2021 wurde die SPD bei der Bundestagswahl im Saarland noch stärkste Kraft – eine Wiederholung scheint dieses Mal unwahrscheinlich. Im Aufwind in Umfragen sind neben der CDU vor allem die AfD und die Linkspartei. Ein Blick auf historische Wahlergebnisse, was Experten für Sonntag erwarten – und warum auch Stimmen für Kleinparteien nicht "verschenkt" sind.

Thomas Braun

37,3 Prozent der Stimmen hatte die SPD bei der Bundestagswahl 2021 im Saarland bekommen. Das war ihr bestes Ergebnis hierzulande seit der Wahl 2002 und auch fast zwölf Prozentpunkte mehr als bundesweit. Es werde allerdings "sehr schwer, das zu wiederholen", ist der Politikwissenschaftler Professor Uwe Jun von der Uni Trier überzeugt. Denn die SPD steckt bundesweit im Umfragetief – kam zuletzt nur noch auf 14 bis 16 Prozent der Stimmen.

CDU könnte wieder stärkste Kraft im Saarland werden

Mit 28 bis 32 Prozent gut doppelt so hoch ist in den Vorwahlumfragen die Zustimmung für die Union. Bei der Bundestagswahl könnte die CDU nach Juns Ansicht auch im Saarland wieder die Nase vorn haben. "Die CDU war ja lange Zeit stärkste Partei im Saarland und der Bundestrend läuft im Moment zu ihren Gunsten", sagte Jun der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Bei den drei Bundestagswahlen zwischen 2009 und 2017 war die CDU nach mehreren Jahrzehnten SPD-Vorherrschaft jeweils stärkste Kraft im Saarland – profitierte damals aber unter anderem auch davon, dass gemeinsam mit der früheren saarländischen SPD-Galionsfigur Oskar Lafontaine viele Wählerinnen und Wähler von der SPD zur Linken abgewandert waren.

Bei der letzten Wahl hatten die Christdemokraten mit 23,6 Prozent aber ihr historisch schlechtestes Wahlergebnis im Saarland geholt.

Linke erst abgerutscht ...

Für die Linken lief es zuletzt auch nicht gut im Saarland: An ihr Rekordergebnis von 21,2 Prozent bei der Bundestagswahl 2009 konnte die Partei nie mehr anknüpfen. Auch bedingt durch massive innerparteiliche Konflikte rutschte die Partei auf 7,2 Prozent bei der Wahl 2021 ab. Lafontaine hatte damals öffentlich dazu aufgerufen, die Zweitstimme nicht den Linken zu geben.

Das Zerwürfnis ging sogar so weit, dass Lafontaine aus der Partei ausgetreten und nun Mitglied der neu gegründeten Partei BSW seiner Ehefrau Sahra Wagenknecht ist. Bei der Europawahl vor gut acht Monaten hatte das BSW aus dem Stand im Saarland 7,9 Prozent der Stimmen geholt und damit auch deutlich die Linken (2,0 Prozent) überflügelt.

... jetzt im Aufschwung – anders als das BSW

Kurz vor der Bundestagswahl kommt nun aber das BSW etwas ins Straucheln. Das Bündnis rutschte in einigen Umfragen unter die Fünf-Prozent-Hürde – während die Linkspartei einen Aufschwung erlebt. "Die Linkspartei darf sich zunächst einmal bei Herrn Merz bedanken. Alleine in der Woche, als diese verhängnisvolle Abstimmung im Bundestag war, gab es einen wahnsinnigen Ansturm an Mitgliedanträgen bei der Linkspartei", sagt der Saarbrücker Politikwissenschaftler Dirk van den Boom dem SR.

Hinzu komme: "Die haben keine großen internen Streitigkeiten mehr und eine sehr, sehr aktive Spitzenkandidatin, die gut rüberkommt – gerade auch in den sozialen Medien." Bei Instagram etwa kommt die 36-jährige Heidi Reichinnek auf mehr als 400.000 Follower, bei Tiktok sogar auf mehr als 500.000. "Die haben einen Lauf", fasst van den Boom zusammen.

Das Gegenteil gelte dagegen für das BSW mit seiner Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht: "Im Grunde genommen nimmt ihr jemand wie Herr Trump ein wenig die Themen weg", sagt van den Boom. Dinge, mit den die Partei auftrumpfen könne, gingen in diesem Diskurs unter.

FDP muss bangen, Grüne im Saarland wieder auf dem Stimmzettel

Ähnlich wie das BSW muss auch der frühere Ampelpartner FDP um den Einzug ins Parlament bangen: Vor dreieinhalb Jahren waren die Freien Demokraten im Saarland noch auf 11,5 Prozent gekommen und hatten damit ihr zweitbestes Ergebnis seit vielen Jahrzehnten erzielt. Jetzt dümpelt die Partei in Umfragen wieder um die Fünf-Prozent-Hürde herum.

Sowohl FDP als auch SPD scheinen für ihre Arbeit in der Ampel-Koalition abgestraft zu werden – recht stabil halten sich hingegen die Grünen: Sie kommen in den Umfragen auf Werte zwischen 13 und 14 Prozent und liegen damit nur knapp unter ihrem Ergebnis von 2021 (14,8 Prozent). Im Saarland waren die Grünen damals wegen einer nicht zugelassenen Liste gar nicht mit der Zweitstimme wählbar.

Mittlerweile scheinen die innerparteilichen Grabenkämpfe aber befriedet und die Grünen treten auch im Saarland wieder landesweit an – auch wenn sie unter den 13 Parteien auf dem Stimmzettel hierzulande dann erst einmal weit unten stehen werden, direkt vor dem BSW.

AfD: Von der viert- zur zweitstärksten Kraft?

An vierter Stelle auf dem Stimmzettel im Saarland wird die Alternative für Deutschland (AfD) stehen. Bei der Wahl 2021 war die Partei mit 10,0 Prozent knapp hinter der FDP viertstärkste Kraft im Saarland – ist seither aber weiter im Aufwand. Bei der Europawahl im vergangenen Sommer war sie im Saarland schon auf 15,7 Prozent gekommen.

In den bundesweiten Umfragen steht die Partei derzeit bei etwa 20 Prozent – und kann damit auf doppelt so viele Stimmen hoffen wie noch bei der letzten Bundestagswahl.

Stimmenrekord für Klein- und Kleinstparteien

Bei dieser vergangenen Bundestagswahl hatten im Saarland auch 60.000 Wählerinnen und Wähler eine Kleinpartei gewählt – so viele wie nie zuvor. 2,8 Prozent aller saarländischen Stimmen konnte etwa die Tierschutzpartei auf sich vereinen, 2,0 Prozent die Freien Wähler, 1,7 Prozent "Die Partei" oder 1,4 Prozent "dieBasis".

Damit sind die einzelnen Parteien zwar immer noch weit von der Fünf-Prozent-Hürde und einem Einzug ins Parlament entfernt, "verschenkt" sind die Stimmen aus Expertensicht allerdings nicht. "Was kleine Parteien ganz wichtig macht, sind Themen, die in der Bevölkerung wichtig sind, aufzugreifen und in den politischen Prozess zu bringen", zitiert butenunbinnen.de den Politologen Carsten Koschmieder von der freien Universität Berlin.

Jede Stimme zählt bei der Parteienfinanzierung – auch für Kleinparteien

Zudem spiele jede Stimme auch für die Parteienfinanzierung eine Rolle. Wenn Parteien bei der letzten Bundestags- oder Europawahl mindestens 0,5 Prozent der Stimmen, oder bei einer Landtagswahl mindestens ein Prozent erreichen, erhalten sie jährlich 83 Cent für jede Stimme – und für die ersten vier Millionen Stimmen sogar einen Euro pro Stimme.

"Das ist für die Parteien sehr wichtig, auch eine Form von Anerkennung", so Koschmieder. Denn die Parteimitglieder würden sehr viel Freizeit in ihre Parteiarbeit investieren. "Da macht es natürlich einen Unterschied, ob sie 0,1 Prozent oder 0,5 Prozent der Stimmen bekommen."

Über dieses Thema hat auch die Bilanz bei SR kultur am 21.02.2025 berichtet.

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