Carsten Becker, AfD

Saarland Carsten Becker: Der unscheinbare Provokateur

Stand: 04.02.2025 17:21 Uhr

Im Landtag blass, als Parteichef erfolgreich, außerhalb der großen Öffentlichkeit provokant: Der saarländische AfD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl Carsten Becker hat verschiedene Seiten.

Christian Leistenschneider

Wenn Carsten Becker im saarländischen Landtag ans Rednerpult tritt, bleiben große Reaktionen meist aus. Anders als viele seiner Parteikollegen setzt der 35-Jährige nicht auf eine provokante Rhetorik, seine Beiträge fallen eher holprig denn aufwieglerisch aus. Häufiger fehlt er bei Debatten, noch öfter bei Ausschusssitzungen, sagen Vertreter der anderen Fraktionen.

Aggressivere Zeichen setzt Becker eher am Rande. Bei einer Diskussionsveranstaltung an einer Saarlouiser Schule im Sommer 2023 trat er in einem T-Shirt mit einem Slogan der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ auf, dessen Aufdruck bereits das Schlagwort „Remigration“ enthielt, das später bundesweit Proteste auslöste. Und in rechtsextremen Online-Medien hetzte er unter anderem gegen sexuelle Minderheiten und Ausländer.

Kampf gegen Wirth

Dass der gelernte Elektroniker Becker, der vor seiner Zeit in der Politik unter anderem bei Ford in Saarlouis gearbeitet hat, als Spitzenkandidat seines Landesverbandes beste Chancen auf ein Bundestagsmandat hat, verdankt er einem parteiinternen Machtkampf, den er klar für sich entschieden hat. Dabei ist es ihm auch gelungen, die Saar-AfD, die notorisch zerstritten war, auf Linie zu bringen.

Seine Kandidatur setzte Becker in einer Kampfabstimmung gegen den Bundestagsabgeordneten Christian Wirth durch. Es war nicht das erste Mal, dass die beiden zum Duell gegeneinander antraten.

Während Becker vor der vorangegangenen Bundestagswahl noch den Kürzeren zog, verdrängte er ihn anderthalb Jahre später vom Parteivorsitz. Weitere zwei Jahre später verließ mit Wirths Bundestagsmitarbeiter Markus Loew, der bei der Oberbürgermeisterwahl in Homburg knapp 15 Prozent für die AfD geholt hat, einer der letzten innerparteilichen Gegner von Becker die Partei.

Spitzenkandidaten im Porträt

Auf SRinfo.de werden zu allen saarländischen Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl 2025 Porträt-Artikel veröffentlicht: Esra Limbacher, Roland Theis, Jeanne Dillschneider, Oliver Luksic, Carsten Becker, Michael Arndt und Désirée Kany.

Zweckbeziehung mit Dörr

Zur Konsolidierung seiner Partei-Karriere ist Becker offenkundig eine Zweckbeziehung mit der grauen Eminenz der Saar-AfD, Josef Dörr, eingegangen. Zu Beginn der Legislaturperiode des Landtags galten sie als zerstritten, sogar AfD-Bundeschef Tino Chrupalla musste anreisen, damit die beiden und der dritte AfD-Abgeordnete Christoph Schaufert überhaupt eine Fraktion bilden konnten. Im Zuge von Beckers Bundestagskandidatur nannte Dörr die Zusammenarbeit dann „kameradschaftlich“.

Im Bundestag will sich Becker, der auch im Wahlkreis Saarlouis als Direktkandidat der AfD antritt, für „sichere Grenzen, für innere Sicherheit“ einsetzen, außerdem für niedrigere Steuern und Energiepreise und dass „das Geld nicht mehr ins Ausland getragen wird für unnötige Projekte“, sondern etwa in die saarländische Infrastruktur investiert werde.

Über dieses Thema hat auch die SR 3-Sendung "Region am Mittag" 04.02.2025 berichtet.

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