Medizinisches Personal trainiert die Notfallversorgung eines Neugeborenen mit einer Übungspuppe

Saarland Rettungskräfte im Saarland zu jährlichen Kindernotfall-Schulungen verpflichten?

Stand: 23.02.2025 15:21 Uhr

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im hessischen Rettungsdienst müssen seit 2025 mindestens zwei Stunden im Jahr Notfälle mit Neugeborenen und Kindern trainieren. Im Saarland gibt es diese Pflicht nicht — und das ist auch richtig so, sagen der Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes und der Leiter der Rettungsdienstschule im Saarland.

Martina Kind

Seit 2025 sind Schulungen zur Notfallversorgung von Neugeborenen, Babys und Kindern im hessischen Rettungsdienst Pflicht. Zuvor hatten die Einsatzkräfte zwar auch die Möglichkeit dazu, nun schreibt es das Land aber per Erlass vor. So muss etwa das rettungsdienstliche Einsatzpersonal von insgesamt 32 Stunden, die jährlich für Fortbildungen im Bereich der Notfallmedizin vorgesehen sind, mindestens zwei im Bereich der "Kinder- und/oder Neugeborenennotfälle" absolvieren.

"Solche Einsätze sind für alle Beteiligten eine große Herausforderung", sagte die hessische Gesundheitsministerin Diana Stolz (CDU). Deshalb sei es wichtig, durch gezielte Fortbildungen immer wieder zu trainieren, "wie eine bestmögliche medizinische Versorgung kritisch kranker oder verletzter Kinder, Babys oder Neugeborener sichergestellt werden kann".

Vorausgegangen war dem Erlass eine Petition des gemeinnützigen Vereins HeldenStärker e.V., dessen Gründerin 2017 den plötzlichen Tod ihres zweieinhalb Jahre alten Sohnes zu verschmerzen hatte – er verstarb an einem Fieberkrampf. Zwar seien die Rettungskräfte damals schnell zur Hilfe gekommen. Doch es sei spürbar gewesen, dass ein Kindernotfall keine Routine für sie gewesen sei.

Fortbildung im Bereich Kindernotfälle: Im Saarland keine Pflicht

Insbesondere für nahe Angehörige möge das von außen zuweilen tatsächlich so wirken, sagt Dr. Thomas Schlechtriemen, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes im Saarland. Gerade Krampfanfälle, "die einen nicht-unerheblichen Teil der Kleinkindernotfälle ausmachen", seien ein absoluter Schrecken für die Eltern. Er könne aber versichern, dass Rettungskräfte ganz genau wüssten, was in solchen Situationen zu tun sei. "Wahrnehmung und Wirklichkeit können hier durchaus diametral entgegenstehen."

Dementsprechend hält Schlechtriemen es auch nicht für notwendig, dem Beispiel von Hessen zu folgen und das ärztliche und nicht-ärztliche Rettungsdienstpersonal im Saarland dazu zu verpflichten, sich in diesem Bereich fortzubilden. "Es ist ja schon so, dass das ärztliche Rettungsdienstpersonal hier jährlich mindestens 50 Stunden für Fortbildungen aufbringen muss, das nicht-ärztliche Rettungsdienstpersonal 30. Diese Pflicht besteht bereits."

Innerhalb dieses Rahmens nun bestimmte Inhalte vorzugeben und sie damit, so Schlechtriemen, gleichsam als dringlicher einzustufen als andere, sei nur schwer zu rechtfertigen. "Mit der gleichen Konsequenz müssten wir dann auch für andere Patientengruppen oder Themen verpflichtende Fortbildungen festlegen."

Säuglings- und Kindernotfälle kommen selten vor

Zwar kommen Notfälle bei sehr jungen Menschen im Saarland selten vor: Notfälle mit Säuglingen machen Schlechtriemen zufolge 0,6 Prozent aller Notfälle aus, Notfälle mit Kindern unter sechs Jahren 2,04 Prozent. Zum Vergleich: In rund 22 Prozent der Fälle sind die Patientinnen und Patienten älter als 80 Jahre. Doch hieran zeigt sich auch: Während eine Reanimation bei erwachsenen Menschen zum Alltag der Rettungskräfte gehört, ist sie bei Säuglingen oder Kleinkindern die Ausnahme.

Schlechtriemen vertraut dennoch darauf, dass das Personal selbst wisse, in welchen Bereichen es Defizite hätte und sich fortbilden müsste. Das bewiesen auch die hohen Teilnehmerzahlen bei entsprechenden Angeboten – denn an diesen mangele es nicht. So wird an der Rettungsdienstschule Saar jährlich ein zweitägiger Kurs unter dem Namen "European Pediatric Advanced Life Support" angeboten, der sich mit der medizinischen Versorgung kritisch kranker Säuglinge und Kinder befasst.

24 Plätze gebe es, bei Bedarf könnten diese auch aufgestockt werden, sagt Mike Höll, Schulleiter und Notfallsanitäter. Das Interesse an dem Kurs sei groß. Höll ist dabei wichtig zu betonen: "Teilnehmende vertiefen ihr Wissen dort." Es sei nicht so, als spiele die Reanimation sehr junger Patientinnen und Patienten abseits davon gar keine Rolle. "Das Thema wird bei uns an der Rettungsdienstschule immer wieder aufgegriffen." Eltern müssen sich insofern keine Sorgen machen.

Fortbildungsprogramm individuell gestalten

Jährliche Kurse zur Notfallversorgung von Neugeborenen, Babys und Kindern zur Pflicht zu machen, lehnt Höll aber ebenso wie Schlechtriemen ab. Vielmehr sei es wichtig, Jahr für Jahr zu überprüfen, in welchen Bereichen ein erhöhter Fortbildungsbedarf besteht bzw. welche Themen das Rettungsdienstpersonal bewegt und das Fortbildungsprogramm danach zu gestalten. "So sind wir besser in der Lage, individuell auf die Bedürfnisse der Einsatzkräfte einzugehen", sagt Höll.

Letztlich sei es auch wichtig, die Einsatzkräfte frei entscheiden zu lassen, in welchen Bereichen sie sich spezialisieren wollen – nur so könne am Ende die bestmögliche Versorgung für alle Patientengruppen sichergestellt werden.

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