
Saarland Wie steht es um die Wälder im Saarland?
Das Saarland zählt zu den waldreichsten Bundesländern Deutschlands. Doch viel Wald bedeutet noch lange nicht, dass es unserem Wald auch gut geht oder wir ihn richtig pflegen. Was das heißt, da gehen die Meinungen auseinander.
Reporter: Christoph Borgans / Onlinefassung: Gina Schwan
Wald, so weit das Auge reicht – im Saarland ist er allgegenwärtig. Mit 36 Prozent der Landesfläche gehört das Saarland zu den waldreichsten Regionen Deutschlands, nur die Nachbarn aus Rheinland-Pfalz haben noch mehr davon. Doch die Größe allein sagt noch nichts darüber aus, wie es um die Gesundheit und die Zukunft unserer Wälder steht.
Saarland hat gute Grundvoraussetzungen
In den letzten Jahren hat sich der Zustand des saarländischen Waldes zwar verbessert. Durch die langen Hitzeperioden in den letzen Jahren wurden die Bäume aber nachhaltig geschwächt und sind deshalb anfälliger für Schädlinge und Pilze. Dabei gebe es im Saarland eigentlich gute Grundvoraussetzungen, sagt Thomas Steinmetz, Direktor des Saarforst Landesbetriebs im Saarland. „Wir haben auf über dreiviertel der Waldfläche einheimische Laubbaumarten, und das ist eine gute Voraussetzung für den Wald im Saarland. Und er wird seit über 35 Jahren naturnah bewirtschaftet, so dass hier eine sehr waldverträgliche Bewirtschaftung praktiziert wird.“
Waldverträgliche Bewirtschaftung
Waldverträgliche Bewirtschaftung heißt im Prinzip: Der Wald macht das schon. „Wenn ein Samen auf den Boden fällt, ist das Wachstum der Wurzel viel besser, als bei einer Pflanze, die wir ausgraben und anderswo setzen oder die aus der Baumschule kommt“, so Steinmetz. Bei ziemlich kahlen Flächen müssten aber auch Jungbäume gezielt gepflanzt werden. Dabei werde aber darauf geachtet, dass es möglichst viele unterschiedliche Arten seien, damit der Wald klimarobuster werde. Und zur naturnahen Waldwirtschaft gehöre auch, dass nie mehr Holz rausgenommen werde als nachwachse.
Wirtschaftsgut Wald
Förster Klaus Borger geht die vom Saarforst praktizierte „waldverträgliche Bewirtschaftung“ aber nicht weit genug. An den Universitäten oder Forstschulen würden immer noch die traditionellen Methoden gelehrt, sagt Borger. Der Wald werde gesehen „als Maisacker, der eben dann, wenn er geerntet werden muss, geerntet wird. Dort gehe darum, "auf kleiner Fläche kurzfristig Geld zu erzielen".
Der Saarforst weist die Kritik zurück. Holz sei schon immer ein wichtiger Rohstoff gewesen, ein ökologischer Rohstoff, von dem ganze industrielle Zweige wie Sägewerke abhängen, sagt Steinmetz. „Wo soll das Holz herkommen? Aus der Ukraine nicht mehr, und aus Russland auch nicht mehr. Wenn wir einen Rohstoff nachhaltig in guter Qualität bereitstellen können, sollten wir das auch machen.“
Klaus Borger hält den Umgang des Saarforsts mit dem Wald trotzdem nicht für den der richtigen Weg. Daher engagiert er sich mit dem Verein Saarwaldschutz für eine naturnahe Waldwirtschaft, die über das Konzept des Saarforst hinausgeht. Im Wald bei Merzig zeigt er SR-Reporter Christoph Borgans, warum er sich dafür einsetzt.
Kahlschläge in den Wäldern
Wir kennen alle das Sprichwort: Man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Doch bei einem Blick in den Merziger Wald sieht es an diversen Stellen ganz anders aus.
„Hier wurden 2019 im Rahmen dieser Hitze-Jahre die Fichten vom Borkenkäfer geschädigt und dann kam eben der Reflex der klassischen Forstwirtschaft, alles kahl zu schlagen“, so Borger. Das einzige, was hier noch wächst, sind Ginstern, Adlerfarn und Brombeeren.
„Grün ist nicht automatisch Wald“
Aktuell sieht es hier auch ziemlich trostlos aus, weil der Farn wegen des Winters verdorrt ist. Zum Sommer hin wird sich der Blick wieder verändern und dann erscheint alles grün.
Meist stehe der Adlerfarn zwei bis drei Meter hoch. „Das ist eine grüne Wand, und der unbedarfte Waldbesucher denkt: ‚Was haben die denn? Hier ist doch alles grün!‘ Aber grün ist nicht automatisch Wald“, so Borger. Daher haben sie an der Waldbesitzgrenze ein anderes Konzept als den radikalen Kahlschlag verfolgt.
Nach dem Borkenkäferbefall wurden hier die meisten toten Bäume im Wald belassen. Dort verrotten sie nun langsam und helfen dem Wald, wieder nachzuwachsen.
So bieten beispielsweise die abgestorbenen Fichten so viel Schatten, dass der Adlerfarn gar nicht die Möglichkeit besäße, sich radikal auszubreiten und in die Höhe zu schießen. Durch den Schatten wachse er nur auf 50 Zentimeter an, so der Förster. Blickt man auf die anderen Seite, wo die vom Borkenkäfer befallenen Fichten standen, hat der Adlerfarn hingegen kaum Schatten und wächst auf bis zu drei Meter an.
Chance, damit neue Bäume wachsen
Ohne Adlerfarn und Brombeeren haben die neuen Bäume eine Chance nachzuwachsen. Zum einen die Fichten, die dort zuvor standen, zum anderen aber auch möglichst viele andere Baumarten, die in einem deutschen Mischwald vorkommen können – so zum Beispiel Bergulme, Bergahorn, Winterlinde, Sommerlinde, Eibe oder auch die Weißtanne, so Borger.
Wichtig sei, dass es im Wald ein Gemisch einzelner Bäume gebe. „Wir machen keine Plantagen, wie man das früher gemacht hat, sondern so, wie es die Natur machen würde. Es sei nach dem Zufallsprinzip gepflanzt worden. "Wir hoffen, dass wir mit einer ausreichenden Baumartenzahl in diese unsichere Waldzukunft gehen. Denn wir wissen nicht, was der Klimawandel nachher übrig lässt.“
Mit Unterstützung vom Eichelhäher
Gepflanzt haben die neuen Bäume aber eigentlich die Waldbewohner. „Der Eichelhäher, der hat ja so einen Trieb, der sammelt die Eichel und versteckt die irgendwo“, sagt Klaus Borger. Im Herbst versteckt der Vogel ungefähr 5000 Eicheln, vergisst aber einen Großteil davon. „Fünf große 20 Liter Eimer hat er hier verteilt in einem gesamten Umfeld“, so der Förster.
Die jungen Triebe werden mit Zäunen aus dünnen Holzlatten vor den gefräßigen Rehen geschützt. Das aber ist einer der wenigen Eingriffe, die vom Menschen gefordert sind. Die nächsten 20, 30 Jahre werde sonst nichts gemacht. Denn die Natur sei es, die naturnahe Waldwirtschaft mache, so Borger. Unter den toten Bäumen wachse hervorragend die nächste Waldgeneration. „Das ist, was auch naturnahe Waldwirtschaft meint“, so Borger.
Ein Thema in der Sendung „Region am Mittag“ am 21.03.2025 auf SR 3 Saarlandwelle.