Zwei Männer in einem Gewälbekeller, ein Mann in dunklem Anzug und Krawatte sitzt auf einem Holzfass, davor posiert ein Mann in rotem teufelskostüm, an der Wand dahinter Wandgemälde

Sachsen 500 Jahre Auerbachs Keller – Goethe war hier, Faust nicht

Stand: 15.04.2025 03:00 Uhr

Auerbachs Keller in Leipzig zählt zu den berühmtesten Gasthäusern weltweit und feiert jetzt 500. Jubiläum. Seinen Ruhm verdankt Auerbachs Keller prominenten Gästen wie Kirchenreformator Martin Luther, Komponist Robert Schumann oder Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe. In seinem "Faust" spielt Auerbachs Keller eine wichtige Rolle – inspiriert vom Mythos um den Magier Johannes Faust, der hier mit einem Fass davongeritten sein soll. Ein Blick in die Geschichte.

Von Hartmut Schade, MDR Kulturdesk

Auerbachs Keller feiert das halbe Jahrtausend schon seit dem vorigen Jahr. Berechtigt – denn vermutlich gab es schon vor 1525 einen Weinausschank an dieser Stelle. Und so wird seit dem Sommer "schlampampt". Das Wort ist außerhalb von Auerbachs Keller aus der Sprachmode gekommen und meint üppig essen und trinken. Der "Große Schlampamp" findet pünktlich auf den Tag am 15. April statt, als vor 500 Jahren Heinrich Stromer von Auerbach erstmals ein Weinfass öffnete.

Zum Aufklappen: Der Festakt am 15. April 2025

15:10 Uhr                Einlass
15:25 Uhr                Beginn: Mephisto eröffnet! Begrüßung durch den Jubiläumswirt René Stoffregen 
und Grußworte des Leipziger Oberbürgermeisters Burkhard Jung
Auftritt Studierender der Hochschule für Musik "Felix Mendelssohn Bartholdy"
Grußworte des Ehrenbotschafters zum 500-jährigen Jubiläum, Senator a.D. Christoph Ahlhaus
16:15 Uhr                Sektempfang

Der Festakt ist nicht öffentlich. Am 14. und 15. April 2025 bleibt das Restaurant Großer Keller aufgrund der Jubiläumsveranstaltung geschlossen.

Im Rahmen der Festivitäten in Leipzig gibt es auch eine Kunstausstellung mit faustischen Texten von Studierenden des Deutschen Literaturinstitutes Leipzig sowie Bildern angehender Maler der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB). Oder man lässt sich von Goethefreund Ernst Wolfgang Berisch, Luther oder Mephistopheles persönlich durch die Zechgewölbe führen und zum Schlampampen verführen.

Touristen passieren den Eingang zu Auerbachs Keller mit den Figuren aus Goethes Faust in der Mädlerpassage

Die Bronzeplastiken "Trunkene Studenten" und "Faust und Mephisto" von Bildhauer Mathieu Molitor zeigen den Eingang zu Auerbachs Keller in der Leipziger Innenstadt.

Johann Fausts Ritt auf dem Fass: Gemalte Fake News

Der historische Johann Faust ist zwar ein Zeitgenosse des Kellergründers Heinrich Stromer von Auerbach, begegnet sind die beiden sich allerdings nie. Auch ist der weitgereiste Magier und Zauberer nie nach Leipzig gekommen. Selbst in seinen angeblich "eigenen Schriften" ist von der Messestadt keine Rede. Erstmals taucht die Geschichte vom Fassritt zu Leipzig 1589 auf. Allerdings ist nur von irgendeinem Leipziger Weinkeller die Rede.

Doktor Faustus zu dieser Frist, aus Auerbachs Keller geritten ist, auf einem Faß mit Wein geschwind, welches gesehen viel Mutterkind. Dichtung zu Gemälden in Auerbachs Keller |

Doch Stromers Nachfahren sind geschäftstüchtig. Hundert Jahre nach der Kellereröffnung lassen sie 1625 zwei Bilder malen, die Faust und Studenten beim fröhlichen Schlampamp zeigen – und seinen Ritt auf dem Fass. Darunter wird geschrieben: "Doktor Faustus zu dieser Frist, aus Auerbachs Keller geritten ist, auf einem Faß mit Wein geschwind, welches gesehen viel Mutterkind". Damit ist die Legende vom faustischen Fassritt mit Auerbachs Keller verknüpft. Goethe hat bei seinen Besäufnissen in Auerbachs Keller die Bilder gesehen und verewigt Schlampampen und Fassklau in "Faust, der Tragödie erster Teil".

Blick in einen Gewölberaum mit Wandgemälden, in der Mitte urige Holztische und Stühle, an der Seite steht ein Holzfass, an der Decke hängt eine Skulptur, die einen Mann zeigt, der auf einem Weinfass reitet

Blick in den Fasskeller von Auerbachs Keller mit dem berühmten Weinfass, auf dem Johann Faust der Legende nach geritten sein soll.

Goethe und Luther in Auerbachs Keller

Auerbachs Keller wird zum Mekka aller Goetheverehrer. Schon 1831 spottet der Weimarische Prinzenerzieher Frédéric Jean Soret: "Sie halten sich für Genies, weil sie in einem Keller kneipten, indem Goethe eingekehrt ist und den Goethe unsterblich gemacht hat. Die armen Kerle." Der Wirt, so Soret, verdanke Goethe sein Vermögen und müsste den Dichterfürsten eigentlich entlohnen. Es hätte aber nicht Goethe bedurft, Auerbachs Keller berühmt zu machen.

Einer der ersten Gäste ist Martin Luther, der bei Heinrich Stromer nächtigt, wenn er in Leipzig ist. Er und die Messe sorgen stets für illustre Gäste in den Kellergewölben. So schreibt Friedrich Taubmann, einst Professor für Dichtkunst und Beredsamkeit an der Universität Wittenberg: "Wer Leipzig besucht, die berühmte Stadt, und dort die Messe bewundert hat, jedoch versäumte auf Auerbachs Hof zu gehen, der schweige, denn der hat Leipzig nicht gesehn."

Vor allem im 19. und 20. Jahrhundert strotzen die Gästebücher, die Auerbachs Hof standesbewusst führt, vor klangvollen Namen: Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann, Hector Berlioz, Albert Lortzing, E.T.A. Hoffmann und Ludwig Bechstein. Tetsujirô Inoue und Mori Ôgai trinken hier Bier und fassen den Entschluss, den "Faust" ins Japanische zu übersetzen.

Schild zu Auerbachs Keller an einer Hausfassade vor strahlend blauem Himmel

Das Schild weist den Weg zu Auerbachs Keller, der seit 1914 in der Mädlerpassage in Leipzig zu finden ist.

Prunkvolle Mädlerpassage entsteht in Leipzig

Die vielen Gäste und der Zahn der Zeit hinterlassen unübersehbare Spuren: Die Goethe-Jünger trinken zwar immer noch gern im Keller, aber die von Heinrich Stromer errichteten Gebäude sind alles andere als zeitgemäß. Kofferfabrikant Anton Mädler kauft Auerbachs Hof und umliegende Grundstücke und lässt Leipzigs prunkvollste Passage errichten.

Proteste aus aller Welt sorgen dafür, dass wenigstens die goethegeweihten Trinkstuben erhalten bleiben, ergänzt durch den großen Keller. Und damit dessen Eingang niemand übersieht, schafft Bildhauer Mathieu Molitor zwei große Bronzeplastiken. Die "trunkenen Studenten" und "Faust und Mephisto" sind zu Leipziger Wahrzeichen geworden – so wie Auerbachs Keller.

Quelle: MDR KULTUR (Hartmut Schade); redaktionelle Bearbeitung: sg, td, lk