Lokhotel Wiesenburg

Sachsen Abgefahrenes Hotel mit 2.000 PS in Wiesenburg

Stand: 22.06.2025 12:14 Uhr

Eigentlich sind Sven und Maximilian Schürer Unternehmer in Wiesenburg bei Zwickau. Doch im Herzen sind Vater und Sohn Eisenbahnfans. Und zwar so große, dass sie sich einen Stahlkoloss mit fast 80 Tonnen Gewicht in den Garten gestellt haben: Eine DDR-Diesellok V 180. Mit der alten Dame haben die Männer viel vor.

Von MDR SACHSEN

Seit vier Jahren sind Sven und Maximilian Schürer Hoteliers in Wiesenburg bei Zwickau. Ihr abgefahrenes Objekt: Eine DDR-Diesel-Lok V180 von 1969. Die haben die beiden zu einem Hotel umgebaut - obwohl sie eigentlich eine Metallbaufirma betreiben und nicht aus dem Gastro-Fach kommen. Ihre zusätzliche Betätigung ist für sie ganz schön anstrengend.

Schlafen in einer echten Lokomotive

Überraschung: Ein Hotel macht viel Arbeit

"Wir hätten nicht gedacht, dass ein Hotel so viel Arbeit macht", sagt Maximilian Schürer. "Wir sind keine gelernten Hoteliers." Man müsse zum Beispiel Betten zurechtmachen, Kaffee auffüllen oder Frühstück für die Gäste bereitstellen. "Das ist mehr Arbeit, als gedacht", Maximilian Schürer.

Maximilian und Sven Schürer, Besitzer des Lokhotels Wiesenburg.

Maximilian und Sven Schürer sind seit vier Jahren im Zweitberuf Hoteliers.

Auf die Idee mit dem ungewöhnlichen Hotel habe die Schürers ein Nachbar gebracht. Er erzählte ihnen von der ungenutzten Diesellok bei der Prießnitztalbahn im Erzgebirge.

Kurzentschlossen kaufte Vater Schürer das historische Fahrzeug. "In der Nacht haben wir zwei 160-Tonnen-Kräne hier aufgestellt." Das Gleis der Bahnstrecke, die unmittelbar ans Grundstück der Schürers angrenzt, sei extra gesperrt worden, damit die Lok auf das Grundstück gehoben werden konnte.

Lokhotel Wiesenburg

In einer nächtlichen Aktion hoben 2018 zwei 160-Tonnen-Kräne die Lokomotive auf ihren jetzigen Standplatz. (Archivbild)

Lok-Hotel hat drei außergewöhnliche Zimmer

In der Lok sind drei Zimmer untergebracht: entweder Doppelbett oder Stockbett, Mini-Küche, TV-Anschluss und kleinem Außensitz, im garten warten Liegestühle und eine Feuerschale. Eröffnet hatten die Betreiber ihr Hotel schon 2021. Doch wegen der Corona-Pandemie nahm der Hotelbetrieb erst 2023 richtig Fahrt auf. Viele Gäste sind Eisenbahnfans und träumen im Triebwagen vermutlich von rasanten Touren.

Lokhotel Wiesenburg

Wo einst der 2.000-PS-Diesel röhrte, kann man heute ganz in Ruhe schlafen.

Fachsimpeln mit echtem Eisenbahner

Mit Axel Schlankrich vom Eisenbahnmuseum Schwarzenberg haben die Hoteliers nicht nur einen Fan, sondern auch einen Fachmann an ihrer Seite. Er weiß, dass das Dach der Lok im Betrieb früher nicht zu 100 Prozent dicht sein musste, weil das Wasser nach unten rausfloss und das den Motoren nichts ausmachte.

Kritik hat der Eisenbahntechnologe Schlenkrich nur an "kleinen" Details: "Die Lok ist historisch, doch die eckigen Puffer sind neu. Hier müssen runde Puffer dran", moniert Schlenkrich.

Axel Schlenkrich vom Eisenbahnmuseum Schwarzenberg.

Axel Schlenkrich vom Eisenbahnmuseum Schwarzenberg findet die Lok sehr gut - bis auf die Puffer...

Doch sonst schwärmt Schlenkrich vom guten Zustand der Lok und der Baureihe an sich. "Sie hatte mit mehr als 2.000 PS eine große Leistung." Damit habe man im Erzgebirge schwere Güterzüge fahren können. "So eine Art Lok gibt es jetzt gar nicht mehr."

So eine Art Lok gibt es jetzt gar nicht mehr. Axel Schlenkrich | Eisenbahnfachmann zur VT 180

Das Hotel findet er gut. "Normal ist langweilig. Es spricht die Eisenbahnfreunde an und ist viel schöner als andere komische Hotels." Ein Selbstläufer ist die Herberge noch nicht, aber die Entscheidung für den Kauf der Lok bereut Sven Schürer nicht. "Wer kann schon sagen, ich habe eine Lok in meinem Vorgarten?"

MDR (tfr/chs/geg)