
Sachsen Kommunen in Not: Misstrauen und Streit mit Freistaat Sachsen
Im Finanzstreit mit dem Freistaat übergeben die sächsischen Kommunen im Landtag einen Forderungskatalog. Im MDR Sachsenpolitik-Podcast fordert Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung strukturelle Veränderungen im Finanzausgleichsgesetz, Bürokratieabbau und ein neues Vertrauen zwischen Land und Kommunen.
Kommunen in Not – unter dieser Überschrift haben die sächsischen Kommunen am Mittwoch dem Landtagspräsidenten einen Forderungskatalog überreicht. Im MDR-Sachsenpolitik-Podcast fordert Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), die Finanzbeziehungen zwischen dem Freistaat und den Kommunen neu aufzustellen. Strukturell seien die Kommunen in einem Riesendefizit.
Gelder direkt an Kommunen geben - weil die sich auskennen
"Ich denke wir brauchen wieder ganz andere Möglichkeiten, die Steuern zu verteilen in diesem Land. Die Kommunen nehmen deutlich mehr Aufgaben wahr als sie auf der Einnahmeseite gegenfinanzieren können." Schon im vergangenen Jahr belief sich das Defizit der Kommunen in Sachsen auf rund 680 Millionen Euro. Nach den aktuellen Steuerschätzungen drohen den Kommunen in diesem Jahr weitere massive Steuerausfälle.

Burkhard Jung kennt die Nöte der Kommunen als Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, aber auch als Präsident des Deutschen Städtetages.
Gelder für Infrastruktur anders verteilen
Zudem verlangt Jung, der zugleich Präsident des Deutschen Städtetages und Vizepräsident des Sächsischen Städtetages ist, dass mindestens zwei Drittel des Anteils der Länder am Infrastruktur-Sondervermögens direkt an die Kommunen weitergegeben werden sollen. Der Bund hatte ein 100-Milliarden-Paket verabschiedet, daraus rechnet der Freistaat mit etwa 450 bis 500 Millionen jährlich.
Im MDR-Sachsenpolitik-Podcast sagt Jung: "Es gibt eine ganz einfache Rechnung. Etwa 65 Prozent aller öffentlichen Investitionen in diesem Land werden vor Ort in den Kommunen durchgeführt. Schulen, Straßen Brücken Kulturbauten -..." Insofern sei die Forderung nur recht und billig.
Ansätze: automatisieren, bündeln, Sachbearbeiter weglassen
Um das Geld effektiv schnell einzusetzen, brauche es schlanke, schnelle Verfahren, Budgetlösungen und Vereinfachungen für die Kommunen. Vor allem auch einen massiven Bürokratieabbau. Den fordert Jung sowohl vom Bund als auch vom Freistaat. Unter anderem sollten beispielsweise Kindergeld- und Wohngeld künftig automatisiert und zentral vom Bund an Eltern und Wohngeld-Empfänger ausgezahlt werden. Da, wo es ohnehin keine Ermessensspielräume gäbe, da brauche man vor Ort auch keinen Sachbearbeiter.
Neues Vertrauen zwischen Land und Kommunen nötig
Angesichts des erheblichen Streits zwischen den Kommunen und dem Sächsischen Finanzministerium um die künftige Finanzausgestaltung, sagte Jung, es brauche neues Vertrauen zwischen Freistaat und Kommunen. Das Band sei aktuell "sehr, sehr, brüchig geworden". Statt Misstrauen brauche es auch da Vereinfachungen und Pauschalen. Gerade kleinere Kommunen seien mit den komplizierten Förderverfahren und Kontrollmechanismen oft überfordert.
Es brauche das Vertrauen, dass die Kommunen vor Ort gut entscheiden können, wofür sie das Geld einsetzen. "Wir verschwenden es nicht", so Jung.