
Sachsen Landtagsdebatte: Energiewende in Sachsen gescheitert?
Auf Antrag der Grünen haben die Abgeordneten im Sächsischen Landtag am Donnerstag über den Stand der Energiewende diskutiert. Während die Grünen einen Boom der erneuerbaren Energien sehen, stellten andere Klimaneutralität als politisches Ziel in Frage.
- Die Grünen in Sachsen sehen die Energiewende auf Erfolgskurs.
- Die neue Minderheitsregierung bekennt sich zu den beschlossenen Klimazielen.
- Beschlüsse in puncto Klimapolitik standen am Donnerstag nicht auf der Tagesordnung.
Die sächsischen Grünen haben bis vor Kurzem als Teil der Kenia-Koalition die Energiepolitik in Sachsen mitgestaltet. Nun sitzen sie auf der Oppositionsbank im Sächsischen Landtag und wollen sich die ihrer Meinung nach erreichten Ziele nicht kaputtreden lassen.
Grünen-Abgeordneter: Ausbaurekord bei Solaranlagen
In der von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten aktuellen Debatte betonte Grünen-Abgeordneter Thomas Löser, dass die Energiewende auf Erfolgskurs sei: "Die Zahlen sprechen hier eine klare Sprache: Ausbaurekord bei Solaranlagen und Stromspeichern im Jahr 2024, Industriestrompreise auf dem Niveau von 2016/17, ein Rekordanteil von erneuerbaren Energien bei der Stromerzeugung im Jahr 2024." Ministerpräsidenten Michael Kretschmer warf Löser vor, dass dieser die Energiewende und damit den Standort Sachsen unaufhörlich schlechtrede.

Thomas Löser (Die Grünen) ist der Ansicht, dass die Energiewende auf Erfolgskurs ist. (Archivbild)
CDU: Keine Brechstange bei Energiewende
Kretschmer selbst reagierte auf diese Vorwürfe nicht. Das übernahm indirekt Ina Klemm von der CDU-Fraktion, die seit dieser Legislatur im Sächsischen Landtag sitzt. Klemm sagte zwar, dass der "Klimawandel nicht wegignoriert werden" könne und dass deshalb auch Maßnahmen ergriffen werden müssten. Sie fügte dem allerdings ein großes Aber hinzu. Die Gesellschaft sei nicht mehr bereit, die Energiewende mit der Brechstange zu ertragen. Die gestiegenen Kosten wie beispielsweise für Fernwärme wolle sie den Verbrauchern nicht vermitteln.
Die Gesellschaft ist nicht mehr bereit, die Energiewende mit der Brechstange zu ertragen. [...] Die Kosten für Fernwärme sind um 80 Prozent gestiegen, das will ich dem Endverbraucher nicht mehr vermitteln. Ina Klemm | Landtagsabgeordnete CDU
Welche konkreten Handlungen die CDU-Fraktion aus diesen Worten ableiten will, führte Ina Klemm nicht weiter aus.
Neue Minderheitsregierung will an Klimazielen festhalten
Sachsens Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) bekräftigte allerdings, dass auch die neue Minderheitsregierung an den bisherigen Klimazielen festhalten werde. Darauf habe man sich im Koalitionsvertrag verständigt, so Panter.
So bekenne sich die Regierung zum Kohleausstieg 2038, Planungen für erneuerbare Energien sollten weiter erleichtert werden, außerdem ein Ausbauprogramm für Photovoltaik-Anlagen für Landesflächen aufgelegt werden. "Mehr als 80 sächsische Unternehmen fordern den entschlossenen Ausbau der erneuerbaren Energien. Das ist definitiv zum Standortfaktor geworden. Nicht zuletzt die Ansiedlung von TSMC hat das gezeigt", sagte Dirk Panter.

Wirtschaftsminister Dirk Panter (SPD) bekannte sich zu den bisherigen Klimazielen. (Archivbild)
SPD-Abgeordnete richtet Dank an Merkel
Juliane Pfeil von der SPD-Fraktion bekräftigte diese Argumentation. Ständig neue, nach hinten gerichtete Grundsatzdebatten würden nicht weiterhelfen. Die SPD-Politikerin sorgte zudem mit einem ungewohnten Dank für Aufmerksamkeit - an die ehemalige Kanzlerin Angela Merkel.
Ich möchte an dieser Stelle sagen: Danke, Merkel! Und das meine ich ernst. Juliane Pfeil | Landtagsabgeordnete SPD
Pfeil bezog sich dabei auf den von der Merkel-Regierung beschlossenen Atom- und Kohleausstieg.

Juliane Pfeil (SPD) richtete in der Debatte ihren Dank an die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für den Atom- und Kohleausstieg.
AfD stellt Atom- und Kohleausstieg generell in Frage
Auch Thomas Thumm von der AfD bezog sich auf den Atom- und Kohleausstieg – allerdings mit einer gänzlich anderen Bewertung: "Wenn man die Grünen so reden hört, könnte man denken, sie sind die Wiedergeburt von Merkel. Denn auch sie machte Politik aus Realitätsverweigerung zum Schaden Deutschlands", sagte Thumm.
Er sprach von einer grünen "Trümmertruppe", die nichts von Marktwirtschaft und den Nöten der Bevölkerung verstehe. Durch die geplanten Steigerungen der CO2-Preise würden Haushalte bald erheblich finanziell belastet, das müsse im Bundesrat gestoppt werden, so Thumm.

Thomas Thumm AfD bezeichnete seine politischen Kontrahenten als "Trümmertruppe". (Archivbild)
Energiepreise im Blick behalten
Auch die Fraktion der Linken betonte, dass die Energiepreise für sie zentral seien. Energie müsse bezahlbar bleiben, sagte Stefan Hartmann. Er sprach sich für sozial gestaffelte Preise und einen Industriestrompreis aus.
Die Politik muss Maßnahmen ergreifen, dass Energie bezahlbar bleibt. Durch sozial gestaffelte Energiepreise und einen niedrigen Sockelpreis für Energie. Außerdem braucht es einen Industriestrompreis als Brücke. Stefan Hartmann | Landtagsabgeordneter Die Linke
Anders als die AfD stellte die Linke die Energiewende jedoch nicht in Frage, diese umzusetzen, daran müsse sich das Regierungshandeln orientieren, so Stefan Hartmann.

Stefan Hartmann (Die Linke) machte deutlich, dass die Energiepreise für seine Partei zentral sind. (Archivbild)
Klimaziele generell in Frage gestellt
Von der neuen politischen Kraft im Sächsischen Landtag, dem BSW, kamen da wiederum ganz andere Töne. Klimaneutralität solle nicht mehr als absolutes politisches Ziel verfolgt werden, so der gelernte Bauingenieur Ralf Böhme. Mit "Inselideen" habe man keinen Einfluss auf den Klimawandel.
Wir haben mit unseren Inselideen keinen Einfluss auf den Klimawandel. Es sei denn, man verfolgt weiter den Ansatz der grünen Außenpolitik, dass wir weiter durch die Welt reisen und denken, dass die Welt sich nach uns richtet. Ralf Böhme | Landtagsabgeordneter BSW
Keine Beschlüsse gefasst
Beschlüsse in puncto Klimapolitik standen am Donnerstag im Sächsischen Landtag nicht auf der Tagesordnung. Aber die Standortbestimmungen der verschiedenen Fraktionen haben deutlich gemacht, dass die Abgeordneten sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die Energiewende haben.
MDR (kav)