An der HTWK in Leipzig kreierten Studierende der Museologie und Medientechnik eine 360-Grad-Projektion für die Ausstellung "Vielseitig" über die Geschichte der Buchstadt Leipzig.

Sachsen Leipzig eröffnet Themenjahr "Buchstadt" 2025

Stand: 31.01.2025 12:00 Uhr

Dass Leipzig nicht nur eine große Vergangenheit als Buchstadt hat, sondern die Literaturszene hier nach wie vor lebendig ist, das soll ein ganzes Themenjahr mit rund 40 Projekten und Veranstaltungen zeigen. Los geht es am Freitag mit einer Ausstellung zur Geschichte samt 360-Grad-Installation. Es folgen Lesungen, Diskussionen, Rundgänge und Angebote für Kinder. Anlass für das Themenjahr ist die Gründung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vor 200 Jahren in Leipzig.

Von MDR Kulturdesk

Leipzig feiert sich ab Freitag als Buchstadt. Unter dem Motto "Mehr als eine Geschichte" sind rund 40 Projekte und Veranstaltungen geplant. Anlass für das Themenjahr ist die Gründung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vor 200 Jahren in Leipzig.

Im Mittelpunkt soll die Zukunft des Buches und der Branche stehen. Ziel sei, die Buchstadt-Tradition als identitätsstiftendes Thema sichtbar zu machen, heißt es von Seiten der Veranstalter. Vor allem gehe es darum, "jungen Perspektiven Raum zu geben und die Buchakteure und -akteurinnen einzuladen, sich zu vernetzen".

Spector Books: Jan Wenzel und Anne König in den Verlagsräumen in der Leipziger Harkortstraße

Junge unabhängige Verlage wie Spector Books sind im Umfeld der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst entstanden.

"Vielseitig": Ausstellung mit 360-Grad-Installation

Zur Eröffnung startet am Freitag die Ausstellung "Vielseitig. Geschichten aus der Buchstadt Leipzig" im Stadtarchiv. Konzipiert wurde die Schau von Studierenden der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur (HTWK): "Wir blättern in der Geschichte, in bekannten und weniger bekannten Geschichten", sagt dazu Katja Stumpf von der HTWK im Gespräch mit MDR KULTUR.

Highlight ist laut Stumpf eine 360-Grad-Installation. "Wir zeigen sie in einem begehbaren großen Würfel." Auf die vier Seiten würden filmisch zentrale Orte und Momente der Buchstadt Leipzig projiziert. So sollten die Besucherinnen und Besucher mehr erfahren über die Blüte- und Krisenzeiten der Buchstadt, den Kampf ums freie Wort und mutige Frauen, die mit der Zeitschrift "Neue Bahnen" und der Gründung einer Buchbinderwerkstatt neue Wege einschlugen. Auch die Buchmesse, die BUGRA-Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik 1914 mit Millionen Gästen oder die Entstehung des Graphischen Viertels mit vielen Verlagen und Druckereien und deren Zerstörung im Zweiten Weltkrieg würden beleuchtet.

Buchhändlerbörse in Leipzig, historische Aufnahme

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wurde vor 200 Jahren in Leipzig gegründet. So sah die Buchhändlerbörse im Graphischen Viertel aus.

Die HTWK, an der heute Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Buch- und Medienproduktion oder Buch- und Medienwirtschaft studiert werden kann, beteilige sich im Themenjahr außerdem an der "Nacht der Bibliotheken", mit einem Tag der Verlage und einem Science Slam, führte Stumpf weiter aus.

Nacht der Bibliotheken, Börsenverein-Diskussion, Kinderfest

Zur "Nacht der Bibliotheken" am 4. April startet die Stadtbücherei mit einem Angebot, das sich an fremdsprachige Nutzer richtet. Vorab gibt es eine Mitmach- und Tauschaktion, um ein Regal mit fremdsprachiger Literatur zu füllen. Das soll die Basis für eine "Bibliothek der Sprachen" sein.

Anlässlich des Stichtags der Gründung des Börsenvereins organisiert der Verband am 30. April eine Diskussionsrunde. Geklärt werden soll, welchen Beitrag die Literaturbranche heute in der Gesellschaft leistet oder wie politisch sie sich versteht. Auf das Podium will der Börsenverein Gäste aus Buchbranche, historischer Forschung und Politik einladen.

Impressionen aus der Buchstadt Leipzig

Auch für Kinder bietet das Themenjahr zur Buchstadt Leipzig einiges, im Mai 2025 das "Festlesen", ein kleines Festival.

Der Leipziger Verlag Palomaa Publishing veranstaltet eine Lesereihe zu "Weiblichen Stimmen aus der Buchstadt Leipzig". Das Junge Literaturbüro lädt am 23. und 24. Mai zum Festival "Festlesen" für Kinder. Außerdem gibt es mit den BookWalkTalks geführte Rundgänge mit Lesungen an verborgenen Buchorten oder Workshops in Schulen.

Jahrhunderte alte Tradition als Buch- und Medienstadt

Vom Ende des 18. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Leipzig die deutsche Buch-Hauptstadt und hängte Frankfurt als Konkurrentin ab. Die Buch-Geschichte beginnt mit dem einstigen kaiserlichen Messe-Privileg und der Reformation. Beides hatte Leipzig boomen lassen.

Studenten sitzen vor dem historischen Gebaeude der ehemals Deutschen Nationabibliothek in Leipzig

1912 wurde die Deutsche Bücherei in Leipzig eröffnet, gemeinsam mit Frankfurt firmiert sie heute als Deutsche Nationalbibliothek. Angegliedert ist das Deutsche Buch- und Schriftmuseum-

Verlage wie Breitkopf, Brockhaus, Reclam, Seemann, Baedeker oder Insel prägten später den Ruf Leipzigs als Buchstadt international. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden 90 Prozent des weltweiten Notendrucks hier realisiert. 1912 eröffnete die Deutsche Bücherei, 1914 strömten mehr als zwei Millionen Besucher zur Weltausstellung für Buchgewerbe und Graphik, BUGRA. Mit der Zerstörung des Graphischen Viertels im Zweiten Weltkrieg endete diese Ära.

Neustart nach der Wende

Nach der Wiedervereinigung gelang der Buchmesse durch das groß angelegte Literaturfest "Leipzig liest" ein Neustart als Publikums- und Autorenmesse. Auch etablierte sich die Stadt mit dem erst abgewickelten und dann wieder gegründeten Deutschen Literaturinstitut neu als ein Ort des Schreibens: Fünf der 20 Nominierten zum Deutschen Buchpreis 2024 leben und schreiben hier, darunter Clemens Meyer, Daniela Krien, Ronya Othmann und auch die aktuelle Preisträgerin Martina Hefter

Eine Autor auf einer Bühne vor Publikum im Leipziger Literarischen Herbst

Im Leipziger Literarischen Herbst und zum Festival "Leipzig liest" während der Buchmesse werden viele Orte in der Stadt zur Lesebühne.

Die Buchstadt-Geschichte schreiben heute nicht mehr die große Häuser mit den berühmten Namen weiter, sondern junge unabhängige Verlage wie Spector Books, Rotorbooks oder Lubok, die im Umfeld der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst entstanden. Auch Lehmstedt, Voland & Quist oder die Connewitzer Verlagsbuchhandlung setzen die Tradition der Buchstadt Leipzig traditionsbewusst und kreativ fort.

Veranstaltungen im Themenjahr "Buchstadt" 2025 (Auswahl)

Ausstellung: "von mir aus" – papan an papan. Ein Leben in Postkarten
Arbeiten des Münchner Carttonisten Manfred von papen, alias papan
12.01. bis 01.06.2025
Deutsches Buch- und Schriftmuseum

Wortstipendium: Schreibprojekt für Jugendliche
Januar bis Dezember 2025

Ausstellung: "Vielseitig" mit 360-Grad-Projektion
31.01. bis 12.02.2025
Stadtarchiv
Freier Eintritt

Ausstellung: "Zwischen Zeilen und Zeiten" – 200 Jahre Börsenverein
Zur Geschichte von Buchhandel und Verlagswesen
23.04. bis 15.12.2025
Deutsches Buch- und Schriftmuseum

Debatte: Das Buch, die Buchbranche und das freie Wort
Diskussionsrunde über die politischen und strategischen Herausforderungen der Branche
Schaubühne Lindenfels
30.04.2025

Tagung: Science MashUp Games und Bücher
Unterhaltsame Fachtagung im Rahmen der Langen Nacht der Computerspiele
Hörsaal GU 318, HTWK Leipzig
23.05.2025

Lesungen/Diskussionen: "Weibliche Stimmen aus der Buchstadt Leipzig"
11.08. bis 26.09.2025

Ausstellung: Die schönsten deutschen Bücher & Workshops
Museum der bildenden Künste
September bis Dezember 2025

BookWalkTalk: Lesungen an verborgenen Buchorten der Stadt

September bis Dezember 2025

Quellen: MDR KULTUR, epd, Stadt Leipzig
Redaktionelle Bearbeitung: ks, bh