
Sachsen Neue Ausstellung in Kamenz über Aberglaube und Magie
Um die magischen Vorstellungen der Menschen aus 800 Jahren Stadtgeschichte geht es in einer neuen Sonderausstellung im Museum der Westlausitz. Die Schau präsentiert Messer gegen böse Träume, historische Zauberbücher und Talismane. Und es werden neue wissenschaftliche Erkenntnisse präsentiert, etwa zu den Oberlausitzer Hexenprozessen. "800 Jahre Aberglaube und Magie" ist bis zum 12. April 2026 zu sehen.
- In der Sonderausstellung "800 Jahre Magie und Aberglaube" in Kamenz sind unter anderem Messer ausgestellt, die böse Träume abwehren sollten.
- Das Museum der Westlausitz nutzt das 800. Stadtjubiläum der Stadt Kamenz als Anlass für diesen besonderen Blick in die Geschichte der Region.
- Auch alte Zauberbücher sind zu sehen und Gerichtsunterlagen zu Hexenprozessen in Bautzen.
Eigentlich sieht das Klappmesser mit dem schön geformten Griff ganz unschuldig aus. Das Exponat, das in der Ausstellung "800 Jahre Aberglaube und Magie" zu bewundern ist, steckte einst im Türstock eines alten Bauernhauses in der Gegend um Bautzen. Für Museumsleiterin Friederike Koch-Heinrichs ist damit klar, dass es sich um ein Druden- oder auch Dreikreuzmesser handelt.
Messer gegen böse Träume – aber auch fürs Brot genutzt
Spitzen Metallgegenständen sprach man eine gute Abwehrmöglichkeit zu, erklärt die Archäologin im Gespräch mit MDR KULTUR: "Die drei Kreuze, gern auch als Andreaskreuze gezeichnet, verstärkten diese Abwehr. Ein Kreuz, drei Kreuze, neun Kreuze, gern in dieser Dreizahl."

Ein "Drudenmesser", früheste Nutzung 1546 nachgewiesen. Eisen sowie spitze oder scharfe Gegenstände wurden im Volksglauben als zauberbrechend angesehen.
Über der Haustür angebracht, wehrte das Messer Eindringlinge ab, über dem Bett böse Träume. Und je nach Bedarf ließ sich damit zwischendurch auch mal ein Kanten Brot abschneiden – ein richtiges Multifunktionsmesser. "Man hat sie also durchaus auch ganz normal benutzt und hatte dadurch den Schutz immer in der Tasche. Und wenn plötzlich ein Sturm nahte, vielleicht von einer Wetterhexe ausgelöst, dann konnte man es in die Luft werfen, die Wetterhexe töten und damit den Sturm von sich abwehren."
800 Jahre Kamenz – Anlass für besondere Ausstellung zur Kultur der Lausitz
Die Messer scheinen bis heute ihre Wirkung erhalten zu haben, denn ein Exponat in der Museumsvitrine stammt aus dem Jahr 2010. Solche deutlichen Querverweise auf die Gegenwart sind in der Ausstellung im Elementarium in Kamenz jedoch die Ausnahme. Die Schau zum 800-jährigen Stadtjubiläum begibt sich tief in die magischen Glaubensvorstellungen des Mittelalters und der frühen Neuzeit.

Amulette aus Gebissen von Marder, Fuchs und Fischotter – Raubtiergebisse sollen dem Aberglauben nach mächtige Schutz- und Abwehrzauber besitzen.
Man habe eben mal keine chronologische Ausstellung zur Stadtgeschichte darstellen wollen, erklärt Susanne Hose, Wissenschaftlerin am Sorbischen Institut in Bautzen. Sie hat an der Ausstellung mitgewirkt. "Außerdem gibt es ja bestimmt auch hier im Museum, im Depot, Exponate, bei denen es sich anbietet, zu sagen: Das hat die Menschen hier noch länger als 800 Jahre beschäftigt. Das beinhaltet europäisches Wissensgut. Es gehört zur Religion und damit zu unserer Kultur."

Die Ausstellung "800 Jahre Aberglaube und Magie" ist bis 12. April 2026 in Kamenz zu sehen.
Amulette erzählen von Wünschen und Hoffnungen der Menschen
Die Schau kombiniert Objekte aus privaten und öffentlichen Sammlungen der Region wie dem Kupferstichkabinett in Dresden, der Wunderkammer Waldenburg oder dem Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau mit Artefakten aus anderen Teilen Deutschlands. In ihren Ängsten und Hoffnungen waren die Menschen offensichtlich überall ähnlich.

Es gab den Brauch, dass Handwerker nach getaner Arbeit den letzten Ziegel, den "Feierabendziegel" besonders verzierten. Hier mit Abdrücken zweier Kinderfüßchen (1842).
So gibt es unzählige Amulette und Talismane zum Schutz des Viehs oder für gutes Wetter, für Fruchtbarkeit und zur Abwehr des bösen Blicks. Filigrane Stücke aus Koralle, Bein oder Edelmetallen sind zu bewundern, aber ebenso Objekte aus einfacherem Material, wie die mit Fratzen geschmückten Dachziegel, die sogenannten Feierabendziegel.
Gerichtsakten von Hexenprozessen aus Bautzen
Aus der SLUB in Dresden sind zudem einige kostbare Zauberbücher nach Kamenz gereist. Darin finden sich durchaus praktische Tipps gegen Fieber, Auszehrung und Ähnliches. Jede gute Hausfrau habe eine solche Sammlung in ihrem Haushalt gehabt, erzählt Koch-Heinrichs. Doch das konnte einer Frau auch schnell zum Verhängnis werden.

Dieses handgeschriebene Buch steckt voller Magie gegen Krankheiten und Feinde.
Die Schattenseite des Dämonenglaubens stellen die Hexenprozesse dar. In Kamenz sind etwa Gerichtsakten von Hexenprozessen aus Bautzen ausgestellt.
Böttger und der Stein der Weisen
Fließend waren die Übergänge zur Alchemie und Naturwissenschaft. Ihnen widmet sich ebenfalls ein Ausstellungsteil. Der sächsische Hof holte Wissenschaftler für den Bergbau, hoffte jedoch auch auf deren Fähigkeit, Gold herzustellen.

Ampullen mit Mitteln, die zur Heilung beitragen sollten, wie Fuchslunge, getrocknete Kellerasseln oder Regenwurm-Pulver.
"So ist letztendlich auch Johann Friedrich Böttger hierher gekommen", erzählt Friederike Koch-Heinrichs. "Man hat ihm nachgesagt, er hätte den Stein der Weisen gefunden." Was er und seine Mitstreiter dann fanden, ist in einer kleinen Vitrine prominent platziert: Porzellan.
"Aber angeblich hat er auch in der Gegenwart von August dem Starken eine Gold- und eine Silberprobe hergestellt, die eigentlich nur mit dem Stein der Weisen möglich war. Wie ihm das gelungen ist, wissen wir bis heute nicht", so Koch-Heinrichs. Da war vielleicht ja doch ein wenig Magie im Spiel.
Weitere Informationen zur Ausstellung:
"800 Jahre Aberglaube und Magie"
17. Mai 2025–12. April 2026
Adresse:
Museum der Westlausitz Kamenz, Elementarium
Pulsnitzer Str. 16, 01917 Kamenz
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr
und an Feiertagen, außer am 24. und 31. Dezember und am 1. Januar
Eintritt:
5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro