Das Abzeichen der sächsischen Polizei ist auf dem Arm einer Polizeiuniform zu sehen.

Sachsen Rechtsextremismus in der Polizei Sachsen: Knapp 100 Verdachtsfälle erfasst

Stand: 20.02.2025 18:10 Uhr

Seit 2017 wurden bei der Polizei in Sachsen knapp 100 rechtsextreme Verdachtsfälle erfasst. Polizisten stehen unter Verdacht, sich rassistisch, antisemitisch und verfassungwidrig geäußert zu haben. Dabei steht eine Einrichtung der Polizei besonders im Fokus.

Von MDR SACHSEN

Im zweiten Halbjahr 2024 sind bei der sächsischen Polizei 20 neue Verdachtsfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus aufgedeckt worden. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der sächsischen Linken-Abgeordneten Juliane Nagel hervor.

Unterschiedliche Angaben von Innenministerium und Linken

In Sachsen werden solche Fälle seit 2017 erfasst. Seitdem sind insgesamt 96 rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Polizei in Sachsen bekannt geworden. Das teilte das Sächsische Innenministerium auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Nach Angaben der Linken wurden bisher 113 Fälle ermittelt. Die Linke bezieht sich dabei auf Angaben durch das Innenministerium auf entsprechende Anfragen der Partei.

Den Unterschied der ermittelten Fälle erklärt das Innenministerium damit, dass wahrscheinlich unterschiedliche Erfassungsgrundlagen zugrunde gelegt wurden. Demnach wurden bei den 96 Verdachtsfällen etwa Reichsbürger nicht erfasst.

2024: Auffällig hohe Zahl an rechtsextremen Fällen

Auffällig bei den rechtsextremen Verdachtsfällen ist die hohe Zahl von 30 Prüfverfahren im Jahr 2024 im Vergleich zu den Vorjahren. Das Innenministerium teilt dazu mit, dass sich diese auf 18 Sachverhalte beziehen. An einem seien 13 Personen beteiligt gewesen. Da zu jeder beteiligten Person ein eigenständiges Prüfverfahren durchgeführt werde, komme es zu insgesamt 30 Verdachtsfällen.

Prüfverfahren zu rechtsextremen Verdachtsfällen bei der Polizei Sachsen
Jahr Anzahl Polizeibeamte
2017 5
2018 5
2019 9
2020 15
2021 12
2022 6
2023 14
2024 30

Polizei-Studenten sollen "White Power-Gruß" gezeigt haben

In dem besagten Fall sollen 13 Polizei-Studenten auf einem Gruppenfoto den "White Power"-Gruß gezeigt haben. Der Gruß wird in rechtsextremen Kreisen verwendet, um die angebliche Überlegenheit der "weißen Rasse" zu propagieren.

Soziale Medien: Polizisten geben verfassungsfeindliche Statements

Dem Innenministerium zufolge werden Bediensteten unter anderem rassistische und antisemitische Äußerungen zur Last gelegt, die im dienstlichen Rahmen gefallen sein sollen. Zudem sollen Polizisten verfassungsfeindliche Statements in sozialen Medien abgegeben haben.

Fast alle Fälle an Polizeihochschule in Rothenburg

In einigen Fällen sollen Polizeikräfte nach Ministeriumsangaben den Nationalsozialismus verharmlost, verbotene Parolen verwendet und den Hitlergruß gezeigt haben. Fast alle genannten Fälle hätten sich an der Polizeihochschule in Rothenburg in der Oberlausitz ereignet, hieß es.

Der dortige Rektor Dirk Benkendorff war im Dezember überraschend abberufen worden. Ihm wurde laut damaligen Medienberichten unter anderem Untätigkeit im Umgang mit Problemen wie diskriminierenden und rechtsextremen Vorfällen vorgeworfen.

Bei einem im August 2024 bekannt gewordenen Fall soll der betreffende Polizist möglicherweise über mehrere Jahre hinweg einschlägige rechtsextreme Äußerungen im Unterricht getätigt haben.

Innenminister Schuster: 99 Prozent der Polizisten stehen zu demokratischer Ordnung

Innenminister Armin Schuster (CDU) hatte solche Vorfälle immer wieder scharf verurteilt. Zugleich stellte er aber schon früher auch die Relation her: "Ich möchte allerdings auch betonen, dass von 15.500 Polizeibediensteten über 99 Prozent mit beiden Beinen fest auf dem Boden unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen", sagte er dazu vor zwei Jahren.


MDR (phb)/epd/dpa