Die Bestände der Bibliothek des Klosters St. Marienthal in Ostritz erforschen jetzt die Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und die Universitätsbibliothek Leipzig.

Sachsen Verborgene Bücherwelt der Klosterbibliothek St. Marienthal wird erforscht

Stand: 29.01.2025 12:21 Uhr

Als 2023 die damalige Äbtissin des Klosters St. Marienthal in Ostritz wertvolle Handschriften aus der historischen Bibliothek an einen Kunsthändler verkaufen wollte, war der Aufschrei groß. Der Freistaat schritt ein und konnte den gesamten Bibliotheksbestand mit Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung kaufen. Die Carl Friedrich von Siemens Stiftung fördert jetzt ein Forschungsprojekt, um die verborgenen Schätze der Bibliothek zu heben. Was macht die Bibliothek so besonders? Interessierte können übrigens ab sofort einen Blick auf die Bücherschätze der Bibliothek werfen - im Buchmuseum der SLUB Dresden.

Von MDR SACHSEN

Kloster-Bücherschätze in der SLUB Dresden

Die historische Bibliothek im Kloster St. Marienthal in Ostritz bekamen außer den Ordensschwestern nur wenige zu Gesicht. Dabei verbergen sich hier wahre Schätze an mittelalterlichen Handschriften und Zeugnissen des frühen Buchdrucks. Für Jana Kocourek von der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, kurz SLUB, ist die Bibliothek aber nicht nur deshalb einzigartig. Sie sei auch deshalb etwas Besonderes, weil sie sich in einem Frauenkloster befände, das seit 800 Jahren ununterbrochen bestehe, sagt die Wissenschaftlerin.

Es ist eine besondere Bibliothek, weil sie sich in einem Frauenkloster sich befindet, das seit 800 Jahren ununterbrochen besteht. Jana Kocourek | Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

Stiftung unterstützt Forschungsprojekt

Gemeinsam mit der Universitätsbibliothek Leipzig kann die SLUB nun zwei Jahre lang den Bestand erschließen und erforschen. Möglich wird das durch die Unterstützung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung. Darüber freut sich auch die Chefin der SLUB, Katrin Stump: "Mit der vertieften Erschließung der Klosterbibliothek eröffnen wir der Wissenschaft Zugang zu Forschungsdaten, die gerade die selten belegten weiblichen Akteurinnen der Landesgeschichte beleuchten." Ihren Spuren wolle man in intensiven Recherchen nachgehen und die Ergebnisse öffentlich machen.

Von Geografie bis zu schlesischer Geschichte

Forschungsmaterial gibt es dazu genug. Unter den etwa 2.700 Handschriften und Büchern finden sich die unterschiedlichsten Titel. Das seien längst nicht nur Bücher über Theologie, berichtet Jana Kocourek: "Es gibt mittelalterliche Handschriften und es gibt zahlreiche Bücher über Geografie, über Politik, über Staatswissenschaft, auch über sächsische, böhmische und schlesische Geschichte." Die Bücher seien zudem mit Anmerkungen versehen. Ein Zeichen, dass in der Bibliothek auch gearbeitet worden sei.

Die Bücher sind mit Anmerkungen versehen. Daran sieht man auch, dass in dieser Bibliothek gearbeitet wurde. Jana Kocourek | Staats- und Universitätsbibliothek Dresden

Die ältesten Schriften stammen dabei aus dem 12., die neuesten aus dem 19. Jahrhundert. Neben der SLUB in Dresden sind auch Wissenschaftler der Universitätsbibliothek Leipzig in das Projekt eingebunden. Unter ihnen ist der Handschriftenexperte Christoph Mackert. Er erzählt, dass sich die Leipziger mit dem mittelalterlichen Teil der Buchbestände befassen werden.

Netzwerke der Klöster werden erforscht

Das habe die Universitätsbibliothek auch schon in vorangegangenen Jahren getan, als die Bibliothek noch im Besitz des Klosters war. "Dabei hat sich herausgestellt, dass der Großteil der Handschriften aus anderen Klöstern stammt und erst später nach Marienthal gelangt ist", sagt Christoph Mackert. Das sei zum Beispiel nach der Reformation der Fall gewesen oder zum Ausgleich für Klosterbrände. Genau diesen Querverbindungen zu anderen Zisterzienserklöstern wolle man nun im aktuellen Forschungsprojekt genauer nachgehen.  

Genau diesen Querverbindungen zu anderen Zisterzienserklöstern wollen wir nun im Projekt genauer nachgehen. Christoph Mackert | Universitätsbibliothek Leipzig
Die Bestände der Bibliothek des Klosters St. Marienthal in Ostritz erforschen jetzt die Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und die Universitätsbibliothek Leipzig.

Während die Handschriften in der SLUB Dresden lagern, sollen die Bücher im Kloster St. Marienthal in Ostritz bleiben.

Buchbestand bleibt in Bibliothek

Alle Handschriften sind mittlerweile in der SLUB in Dresden sicher gelagert, auch der berühmte Marienthaler Psalter aus dem 13. Jahrhundert, den das Kloster verkaufen wollte. Die alten Bücher sollen dagegen dort bleiben, wo sie jahrhundertelang gestanden haben, sagt Jana Kocourek: "Die Idee ist eigentlich, dass wir so wenig wie möglich entnehmen möchten, weil wir dieses Ensemble nicht zerstören wollen." Sogar die Buchrücken seien in den Regalen des barocken Saals abgestimmt.

Ausstellung geplant

Trotzdem können Interessierte ab sofort einen Blick auf die Bücherschätze der Bibliothek werfen. Seit dem 29. Januar wird im Buchmuseum der SLUB in Dresden die Ausstellung "Der verschlossene Garten. Zugänge zur Klosterbibliothek der Zisterzienserinnen von St. Marienthal" gezeigt. Erstmals sind dort sämtliche mittelalterliche Handschriften zu sehen, darunter der Marienthaler Psalter und das Altzeller Kapiteloffiziumsbuch.

Ausstellung "Der verschlossene Garten"
Wo | Buchmuseum der SLUB Dresden Wann | 29. Januar bis 17. Mai 2025 Was | Gezeigt werden mittelalterliche Handschriften und ausgewählte Drucke aus der Bibliothek des Klosters St. Marienthal in Ostritz.

MDR (vis, jcz)