Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Vor Trumps Zollpaket US-Börsen ohne klare Tendenz

Stand: 01.04.2025 22:27 Uhr

An der Wall Street haben nervöse Anleger heute keine klare Richtung gefunden. Vor dem Zollpaket der Regierung wechselten die großen Indizes bei nervösem Handel mehrfach das Vorzeichen.

Nach der Zwischenerholung gestern ging es an den US-Börsen heute volatil zu. Die großen Aktienindizes wechselten dabei mehrfach das Vorzeichen, um am Ende uneinheitlich zu schließen.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss wie die andern Indizes auch nach wechselhaftem Handelsverlauf um 0,1 Prozent minimal schwächer bei 41.989 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 ging bei 5.633 Punkten um 0,38 Prozent höher aus dem Handel. Der Index der Technologiebörse Nasdaq hielt sich den ganzen Tag am besten und schaffte am Ende noch ein respektables Plus von 0,87 Prozent. Der Auswahlindex Nasdaq 100 schloss 0,82 Prozent höher.

Die mehrfachen Vorzeichenwechsel im Handelsverlauf signalisierten, wie schon zuletzt, die hohe Nervosität der Anleger. Denn die Regierung von Donald Trump bereitet einer Zeitung zufolge breit angelegte Zölle gegen zahlreiche Länder vor. Sie dürften in der Größenordnung von rund 20 Prozent liegen, berichtete die "Washington Post" unter Berufung auf Insider.

Die Anleger seien verunsichert und zurückhaltend, da immer noch unklar sei, wie weit Trump mit seinen Drohungen in dem von ihm angezettelten Handelskrieg tatsächlich gehen werde, hieß es am Markt. Das Thema nährt immer stärker Befürchtungen einer allgemeinen Wirtschaftsschwäche.

Eine Gemengelage aus Zollpolitik und Sorgen über die Konjunktur habe gegenwärtig Turbulenzen an den Aktienmärkten zur Folge, schrieb Axel Botte von Ostrum Asset Management. Der Chefstratege hält eine Eskalation des Handelskrieges für unvermeidlich. Die Wirtschaft in den USA dürfte im ersten Quartal sehr schwach gewesen und möglicherweise sogar geschrumpft sein.

"Der Markt preist das Worst-Case-Szenario ein, und wenn wir noch nicht den Tiefpunkt erreicht haben, dann sind wir ziemlich nah dran", sagte Gina Bolvin, Präsidentin des Vermögensverwalters Bolvin in Boston. "Ich würde bei dieser Korrektur nicht verkaufen."

Obwohl der US-Leitindex Dow Jones gestern noch mit einem Plus von 1,0 Prozent schloss, verzeichneten Nasdaq und der breit gefasste S&P 500 das schlechteste erste Quartal seit 2022. Besonders die US-Tech-Aktien, die die Indizes bisher angetrieben hatten, schwächelten.

Bei den Einzelwerten ging es für Dow Jones-Schwergewicht Johnson & Johnson um über sieben Prozent nach unten. Der Pharma- und Konsumgüterriese hat im Streit um mutmaßlich asbestverseuchtes Babypuder einen erneuten Rückschlag erlitten.

Aus den Depots flogen auch Intel. Die Titel des Chipkonzerns gaben nach der ersten öffentlichen Rede von Konzernchef Lip-Bu Tan drei Prozent nach.

Bernstein-Analyst Stacy Rasgon führte die negative Kursreaktion darauf zurück, dass die Rede "eher wie eine Entschuldigung als eine Keynote" geklungen habe. Konkrete Aussagen zu Produkten, Kunden oder zur kriselnden Sparte für die Auftragsfertigung von Halbleitern ("Foundry") seien dagegen ausgeblieben.

Nach den jüngsten Verlusten griffen die Anleger heute an der Frankfurter Börse auf niedrigerem Niveau wieder kräftig zu. Der Leitindex DAX, der auch von einem Stabilisierungsversuch der Börsen in den USA und Asien profitierte, legte am Ende 1,7 Prozent zu auf 22.539 Punkte und weitete vor allem am Nachmittag seine Gewinne noch aus. Der MDAX der mittelgroßen Werte rückte ebenfalls 1,09 Prozent auf 27.691 Zähler vor.

Der DAX ging gestern noch bei 22.163 Punkten um 1,3 Prozent schwächer aus dem Handel. Trotz der Abgaben zuletzt fiel das abgelaufene erste Quartal mit einer Wertentwicklung von 11,3 Prozent ausgesprochen positiv aus. Vor allem die Hoffnung auf ungewöhnlich große Fiskaleffekte durch eine neue Bundesregierung hatte die Fantasie der heimischen Anleger maßgeblich angefacht.

Markus Gürne, HR, mit Informationen zur Börse

tagesschau, 01.04.2025 17:00 Uhr

Die aktuelle Realität sieht allerdings wesentlich differenzierter aus, und das weltweit. Denn das beherrschende Thema am Markt ist und bleibt die Zollpolitik des neuen US-Präsident Donald Trump. Dieser will morgen ein umfangreiches Zollpaket ankündigen, das große Auswirkungen auf den freien Welthandel haben dürfte. Für Deutschland schließt das Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ein Schrumpfen der hiesigen Wirtschaft in diesem Jahr nicht aus.

"Meine größte Sorge sind nicht per se die nun angekündigten Zölle der USA, sondern die dadurch entstehende Unsicherheit über eine Eskalation und fehlende Planungssicherheit", sagte DIW-Präsident Marcel Fratzscher den Zeitungen der Funke Mediengruppe laut Vorabbericht.

Auch die Zinspolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) dürfte davon abhängig sein, wie sich die Maßnahmen auswirken. Darauf hatte zuletzt Bankchef Jerome Powell verwiesen, der bis dahin sein Pulver weiter trocken halten dürfte.

Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners in Frankfurt sprach von "politisch getriebenen Börsen", die sich durch extrem schnell drehende Stimmungen und überdurchschnittlich hohe Schwankungen auszeichneten.

Die Gemeinschaftswährung pendelte heute um die Marke von 1,08 Dollar und handelte zuletzt im US-Handel bei 1,0786 Dollar. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0788 (Montag: 1,0815) Dollar fest.

Am Nachmittag geriet der Dollar nach schwächeren Stimmungsindikatoren für das Verarbeitende Gewerbe zunächst unter Druck. Die Stimmung in der US-Industrie trübte sich im März stärker als erwartet ein. Der Einkaufsmanagerindex ISM fiel mit 49,0 Punkten unter die Wachstumsschwelle und signalisierte einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität.

"Für den Rückgang verantwortlich dürfte die wankelmütige US-Politik sein, die mit der Einführung und Erhöhung von Zöllen gegenüber vielen Handelspartnern für Verunsicherung und auch höhere Kosten sorgt", kommentierte Ulrich Wortberg, Volkswirt bei der Landesbank Hessen-Thüringen. Wachstumssorgen würden größer.

Ansonsten bleibt auch im Währungshandel das Thema Zölle bestimmend, vor allem im Hinblick auf mögliche Reaktionen der Notenbanken. Allerdings ist weiter nicht klar, wie stark einzelne Länder konkret betroffen sein werden.

Inflationsdaten, sowie eine bessere Industriestimmung im gemeinsamen Währungsraum beeinflussten den Markt zuvor nur wenig. Konkret hat sich die Inflation im Euroraum, wie schon am Vortag in Deutschland, der größten Volkswirtschaft in der EU, im März leicht abgeschwächt auf 2,2 Prozent. Für die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde, die seit Mitte 2024 bereits sechs Mal die Zinsen gesenkt haben, sind das gute Nachrichten: Ihr Inflationsziel von 2,0 Prozent rückt damit in Reichweite. Der nächste EZB-Zinsentscheid ist am 17. April.

Auch die Stimmung der Industrieunternehmen hat sich weiter verbessert. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global (PMI) stieg im Vergleich zum Vormonat um 1,0 Punkte auf 48,6 Punkte, wie S&P in London mitteilte. Es ist der dritte Anstieg des Stimmungsindikators in Folge. Allerdings wurde die erste Schätzung von 48,7 Punkten geringfügig nach unten revidiert.

Die Ölpreise haben sich heute nach dem Anstieg am Vortag nur wenig verändert. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai kostete zuletzt 74,44 Dollar, ein leichtes Minus von 0,3 Prozent.

Zu Beginn der Woche hatte US-Präsidenten Donald Trump den Druck auf Russland erhöht und mögliche Maßnahmen gegen das wichtige Öl-Förderland ins Spiel gebracht. Trump hatte sich zuletzt empört gezeigt über Putins Vorschlag, die von Russland angegriffene Ukraine unter Verwaltung der Vereinten Nationen zu stellen und dort Neuwahlen abzuhalten. Er drohte dem Kremlchef mit US-Sanktionen gegen Russlands Ölindustrie.

Nach Einschätzung von Vivek Dhar, Analyst bei der Commonwealth Bank of Australia, nehmen die Märkte mögliche Lieferengpässe von Rohöl aus Russland nun ernster. Angesichts der bisherigen Erfolge des russischen Ölhandels bei der Umgehung von Sanktionen könnten Lieferengpässe bei russischem Öl die Preise nach oben treiben.

Die Sorge vor steigenden Verbraucherpreisen und einem Bremsen des Wirtschaftswachstums treibt die Nachfrage nach sicheren Häfen. Der Goldpreis stieg heute auf ein Rekordhoch. Eine Feinunze Gold kostete in der Spitze 3.147 Dollar, gegen Abend sackte der preis dann wieder ab auf zuletzt 3.117 Dollar.

"Die Erwartung der US-Gegenzölle am 2. April hat die Marktteilnehmer zu einer defensiven Haltung veranlasst", kommentierte Yeap Jun Rong, Marktstratege bei IG. "Einige reduzieren ihre Risiken und wenden sich dem sicheren Hafen Gold zu, um sich gegen die drohende Volatilität ihrer Portfolios abzusichern." Der Goldpreis verzeichnete das stärkste Quartal seit 1986.

In einem freundlichen Bankenumfeld legten Aktien der Commerzbank über sieben Prozent zu und führten damit den Leitindex an. Auch Adidas-Papiere legten kräftig zu.

Analysten verwiesen auf Signale des fränkischen Sportartikelkonzerns zum ersten Quartal und bestätigte Ziele für 2025. Die Zuversicht des Managements resultiere aus der starken Dynamik der Marke Adidas und den gut gefüllten Auftragsbüchern, schrieben die Experten der Investmentbank Stifel.

Die Aktien von Mercedes-Benz schlossen gegen den Trend kaum verändert, grenzten ihre Verluste im Verlauf aber deutlich ein. Der Stuttgarter Autobauer hat im ersten Quartal vor allem wegen anhaltender Schwäche in China leicht unter dem Vorjahr gelegen. Während auch in Europa die Verkäufe der Marke mit dem Stern unter Vorjahr lagen, behielt der US-Markt demnach ein "solides Momentum" bei.

Analysten berichteten nach der Telefonkonferenz, der Autobauer habe im Vorfeld der angekündigten Importzollerhöhungen in den USA die Lagerbestände hochgefahren. Womöglich sei der Absatz auch von vorgezogenen Verkäufen an Kunden angekurbelt worden, die sich noch vor der Zollerhöhung um 25 Prozent einen Neuwagen anschafften.

Ein Bernstein-Analyst geht in einer Branchenstudie skeptisch an die europäischen Lkw-Hersteller heran, und sieht dabei das größte Risiko bei Daimler Truck wegen der großen Abhängigkeit vom US-Geschäft. Er rechnet vor, dass der Konzern in den Vereinigten Staaten aktuell mehr als die Hälfte seines operativen Ergebnisses erwirtschafte. Die Aktien des Nutzfahrzeugbauers Daimler Truck sanken zunächst um mehr als ein Prozent, konnten ihr Minus dann aber reduzieren auf 0,1 Prozent. Damit zählten sie zu den wenigen Verlierern im erholten DAX.

Der Autobauer BMW ist auf dem US-amerikanischen Markt mit einem Verkaufsplus ins Jahr gestartet. Von der Hausmarke BMW lieferten die Bayern im ersten Quartal 87.615 Autos aus, das waren 3,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Unternehmen am Abend in Woodcliff Lake (New Jersey) mitteilte. Schwung gaben die vollelektrischen Autos (BEV - battery electric vehicles), die um 26,4 Prozent auf 13.538 Wagen anzogen. Bei der Kleinwagenmarke Mini legten die Verkäufe im ersten Quartal um 9,5 Prozent auf 6.976 Autos zu.

Der Autobauer Volkswagen hat den Absatz in den USA im ersten Quartal ebenfalls deutlich gesteigert. Die Zahl der verkauften Fahrzeuge sei um 7,1 Prozent auf 87.915 Fahrzeuge gestiegen, teilte das Unternehmen am Dienstag in Reston mit. Die Verkäufe von Taos und Jetta trieben das Wachstum der Marke mit einem Anstieg an.

Weil Lieferungen des US-Flugzeugherstellers Boeing ausbleiben, verlegt die Lufthansa einige Langstreckenjets vom Typ Airbus A350 nach Frankfurt. Die eigentlich in München stationierten Flugzeuge sollen Flugplan-Lücken schließen, die entstanden sind, da Boeing Zulassungs- und Lieferprobleme bei den Modellen 777-X und 787 hat. Lufthansa-Aktien erholten sich mit plus 1,3 Prozent etwas von ihrem Vortagesminus. Händler nahmen Bezug auf Aussagen des Finanzvorstands, der ein positives Umfeld für das wichtige Geschäft auf der Nordamerika-Strecke sieht.

Überschattet vom umstrittenen politischen Engagement des Firmenchefs Elon Musk sind die Verkaufszahlen von Tesla im März in Frankreich und Schweden weiter abgesackt. Nach offiziellen Daten erlitt die Marke in Frankreich, ihrem zweitgrößten europäischen Markt, einen Rückgang um fast 37 Prozent auf 3.157 verkaufte Elektroautos. In Schweden verzeichnete Tesla ein Minus von 64 Prozent bei 911 Auslieferungen. Tesla veröffentlicht morgen seine weltweiten Absatzzahlen, Analysten erwarten im Schnitt einen Rückgang um dreieinhalb Prozent.

Der ChatGPT-Entwickler OpenAI, an dem auch der Softwareriese Microsoft beteiligt ist, hat sich 40 Milliarden Dollar von Investoren für weiteres Wachstum gesichert. Mit der beispiellosen Finanzspritze ist eine Gesamtbewertung von 300 Milliarden Dollar verbunden, wie OpenAI mitteilte. Mit dem Geld sollen unter anderem die Computer-Infrastruktur ausgebaut und die Forschung bei Künstlicher Intelligenz vorangetrieben werden. OpenAI gab auch bekannt, dass ChatGPT wöchentlich von 500 Millionen Menschen genutzt werde.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 01. April 2025 um 09:00 Uhr.