Händler an der New York Stock Exchange.
marktbericht

Trotz Zollsorgen US-Börsen im Verlauf erholt

Stand: 31.03.2025 22:23 Uhr

Nach schwachem Start hat sich die Wall Street im Verlauf noch erholt und schließt uneinheitlich. Die Anleger bleiben aber nervös, denn die Zölle schüren zunehmend Rezessionssorgen.

Zunehmende Verunsicherung um die Zollpolitik der neuen Trump-Regierung bestimmt auch weiterhin das Handeln der Akteure an der Wall Street, denn es mehren sich die Sorgen, dass diese der Weltwirtschaft schaden könnten. Dabei bleiben die hochgewichteten Technologieaktien derzeit das größte Sorgenkind der Märkte.

Für Mittwoch stellt Präsident Trump nun einen umfassenden Zollplan in Aussicht, nachdem er bereits Zölle auf Aluminium, Stahl und Autos sowie erhöhte Zölle auf Waren aus China eingeführt hat. Nicht nur in New York wird mit Unbehagen auf die genaue Ausgestaltung gewartet, weltweit stehen die Börsen ganz im Zeichen dessen, was da kommen könnte. Sowohl in Asien als auch in Europa ist es heute mit den Kursen bergab gegangen.

"Die Trump-Regierung hat uns bisher gezeigt, dass man keinen einheitlichen Ansatz erwarten sollte", sagte George Lagarias, Chefökonom bei Forvis Mazars. Dies bereite Anlegern die größte Sorge. "Inkonsistenz erzeugt Unsicherheit, und Märkte hassen Unsicherheit."

Aufgrund der Unsicherheiten hinsichtlich der Zölle erhöhte Goldman Sachs die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA von 20 auf 35 Prozent und prognostizierte zugleich weitere Zinssenkungen durch die US-Notenbank. "Es ist zwar einiges Negatives eingepreist, aber die Märkte bereiten sich auf das Schlimmste vor", sagte Daniela Hathorn, Analystin bei Capital.com.

Im heutigen Tagesgeschäft haben die großen Aktienindizes im Verlauf ihre Tiefpunkte aus dem frühen Geschäft in einer Gegenbewegung hinter sich gelassen und schlossen letztlich deutlich erholt. Der Leitindex Dow Jones drehte ins Plus und ging am Ende bei 42.001 Punkten um 1,0 Prozent höher aus dem Handel. Gefragt waren besonders Standardwerte, die beiden Einzelhändler Walmart und Home Depot gehörten im Index zu den größten Gewinnern.

Zu den Verlierern zählten überwiegend mal wieder Tech-Aktien, auch wenn sie sich im Verlauf ebenfalls etwas erholten. KI-Platzhirsch Nvidia sackte um 1,18 Prozent ab auf 108,38 Dollar und bewegt sich damit immer weiter Richtung 100 Dollar, das Tagestief lag bei 103,65 Dollar.

Auf den Verkaufszetteln der US-Anleger standen auch Pharmakonzerne, nach einem Bericht, demzufolge der oberste Impfstoff-Experte der US-Gesundheitsbehörde FDA zum Rücktritt gezwungen worden sei.

Der marktbreite S&P 500-Index, der sowohl Standard- als auch Technologiekatien enthält, gewann am Ende um 0,55 Prozent auf 5.611 Zähler und schloss damit nahe seines Tageshochs bei 5.627 Punkten. Die Nasdaq schaffte den Sprung ins Plus nicht mehr ganz, macht aber im Verlauf den meisten Boden gut. Am Ende gaben der Composite- und der Auswahlindex Nasdaq 100 nur leicht um rund 0,1 Prozent nach.

Der Handel in New York startete heute wieder um 15.30 Uhr MEZ, nachdem am Wochenende nun auch hierzulande die Uhren auf die Sommerzeit umgestellt wurden.

DAX ganz im Zeichen neuer Zollsorgen

Der DAX knüpfte zum Wochenstart an die sehr schwachen Vorgaben der Wall Street vom Freitag sowie die hohen Verluste heute im asiatischen Handel an. Auch die US-Börsen starteten zunächst im Minus, was sich auf das späte Geschäft noch auswirkte. In Asien verlor der Tokioter Leitindex Nikkei heute sogar vier Prozent.

Der deutsche Leitindex pendelte zwischen 21.978 und 22.320 Punkten und ging am Ende bei 22.163 Punkten um 1,33 Prozent schwächer aus dem Handel. Trotz der Abgaben zuletzt war es ein sehr erfolgreiches erstes Vierteljahr für den DAX, der 11,3 Prozent zulegte.

Charttechniker hatten zuletzt beim DAX allerdings vor einem "Doppelhoch" gewarnt, lag das neue Rekordhoch von Mitte März bei 23.476 Punkten doch weniger als einen ganzen Punkt über dem alten. Ein Doppelhoch gilt als Vorbote einer Trendumkehr und damit fallender Kurse an den Börsen. Der MDAX der mittelgroßen Werte stand heute 1,65 Prozent im Minus auf 27.393 Punkte und verzeichnete im ersten Quartal ein Plus von sieben Prozent.

Anleger fürchten durch die US-Zollpolitik einen eskalierenden globalen Handelskonflikt, geringeres Wachstum und höhere Inflation für die großen Volkswirtschaften. Sie fliehen daher schon seit einer Weile aus riskanten Anlagen wie Aktien - und rein in "sichere Häfen" wie Gold. Das gelbe Edelmetall markiert zu Wochenbeginn bei bisher 3.119 Dollar je Feinunze ein frisches Rekordhoch.

"Ein leichter Hauch von Panik" sei auf dem Börsenparkett zu spüren", erklärt Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege beim Broker RoboMarkets. Der "Zoll-Wahnsinn aus dem Weißen Haus" habe die Börsen und damit auch den DAX erfasst.

Am Mittwoch steht der "Tag der Befreiung in Amerika" an, von dem Präsident Trump seit Wochen spricht und an dem er ein großangelegtes Zollpaket verkünden will. Die bereits angekündigten Auto-Zölle könnten also nur ein Vorgeschmack sein auf weitere Sonderabgaben.

"Der 2. April 2025 könnte in die Geschichte eingehen als der Tag, der das Ende einer seit dem Zweiten Weltkrieg andauernden Ära markiert: die eines weitgehend liberalen Welthandels", hieß es von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).

Hintergrund sind neue Aussagen von Trump, wonach von den geplanten reziproken - also wechselseitigen - Zöllen der USA kein Staat verschont bleiben soll. "Man würde mit allen Ländern beginnen", sagte der US-Präsident zu Journalisten an Bord der Regierungsmaschine Air Force One.

Trump will künftig also im gleichen Umfang Zölle für Importe von Partnerländern in die USA erheben, wie für US-Exporte in diese Länder fällig werden. Reziproke Zölle bedeuten letztlich, dass die USA überall dort ihre Zölle anheben werden, wo sie derzeit weniger verlangen als ihre Handelspartner.

Der Blick auf die Einzelwerte im DAX war ernüchternd, denn die überwältigende Mehrheit der 40 DAX-Werte waren im Minus. Gefragt waren nur defensive Aktien wie die des Aromenherstellers Symrise, des Börsenbetreibers Deutsche Börse oder der Telekom.

Am Ende standen Papiere des Autobauers Porsche, aber auch mit den Titlen der VW Holding Porsche SE ging es bergab. BASF litten zudem unter einem negativen Analystenkommentar. Berenberg-Analyst Sebastian Bray kürzte unter Verweis auf den schwachen Dollar sowie gesenkte Erwartungen für das Chemie- und Beschichtungsgeschäft seine Ergebnisschätzungen und sein Kursziel von 52 auf 50 Euro.

Auch im MDAX überwogen die Minuszeichen. Klarer Gewinner mit einem Plus von fast fünf Prozent waren aber Thyssenkrupp, die an der Indexspitze standen. Analyst Boris Bourdet von Kepler Cheuvreux empfahl sie neben Salzgitter zum Kauf.

"Trumps Handelskrieg" habe nicht nur die US-Stahlpreise nach oben getrieben, sondern auch die Europäer endlich zu Verteidigungsmaßnahmen und Investitionen bewogen, schrieb Bourdet in seiner Neubewertung der europäischen Stahlbranche. Mit Rüstung und Infrastruktur werde Geld in stahlabhängige Bereiche gepumpt. Zudem könne China dazu gedrängt werden, seine "Hausaufgaben" zu machen, und mit dem Stahl-Überangebot aufzuräumen, mit dem man den Weltmarkt zuletzt geflutet habe.

Verstärke Sorgen der Anleger um die Nachfrage auf den Nordatlantik-Flugrouten belasten hingegen heute den Reisesektor. Die Aktien von Fluggesellschaften bekamen dies besonders deutlich zu spüren, wie das gut vierprozentige Minus der Lufthansa-Papiere zeigte.

Belastend für die ganze Reisebranche wirkte, dass der britische Konkurrent Virgin Atlantic vor einem Rückgang der Nachfrage nach Flügen aus den USA nach Großbritannien gewarnt hat, während die Nachfrage aus Europa in die USA als stabil bezeichnet wurde. Dies sorgte für anhaltende Mollstimmung im Sektor, der schon am Freitag von relativ hohen Kursverlusten geprägt war.

Am Rohstoffmarkt sind die Ölpreise nach anfänglichen Verlusten kräftig ins Plus gedreht. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuert sich am Nachmittag deutlich um 3,1 Prozent auf 74,71 Dollar je Barrel (159 Liter). Trump hatte den Reportern in der Air Force One auch erklärt, dass er Käufern russischen Öls Sekundärzölle zwischen 25 und 50 Prozent auferlegen werde, sollte Moskau seine Bemühungen blockieren, den Krieg in der Ukraine zu beenden.

Am Devisenmarkt gab der Euro nach rückläufigen heimischen Inflationsdaten zunächst deutlicher nach auf 1,0748 Dollar, um sich danach wieder zu erholen. Zuletzt wurde er im US-Handel wieder bei 1,0817 Dollar gehandelt. Die Sorgen um die Zollpolitik der Regierung werden am Devisenmarkt dahingehend interpretiert, dass die Notenbank im Falle einer Schwächung der Wirtschaft die Zinsen senken muss, was den Dollar dann belastet. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0815 (Freitag: 1,0797) Dollar fest.

Nur kurz fiel die Gemeinschaftswährung am Nachmittag nach Inflationszahlen aus Deutschland. Hier hat der Preisdruck auf die Verbraucher im März leicht nachgelassen. Gleichzeitig sind aber Lebensmittel überdurchschnittlich teurer geworden, wie aus vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht, die heute veröffentlicht wurden.

Die allgemeine Inflationsrate sank im März um 0,1 Punkte auf 2,2 Prozent. Analysten hatten dies im Schnitt erwartet. Bereits zu Jahresbeginn war die Inflation in Deutschland nach drei Anstiegen in Folge abgeflaut. Im Dezember lag die Inflationsrate noch bei 2,6 Prozent.

Die Flugzeug-Leasinggesellschaft BOC Aviation hat einen weiteren Großauftrag bei Airbus aufgegeben. Dabei geht es um 70 Maschinen aus der A320neo-Familie, die bis 2032 ausgeliefert werden sollen. Die Produktion der Mittelstreckenflieger ist auf Jahre hinaus ausgebucht.

Der Logistikriese DHL baut sein wachsendes Geschäft mit der Pharma-Industrie aus und übernimmt dazu den US-Logistiker Cryopdp. Mit dem Cryopdp-Mutterkonzern Cryoport ging DHL zugleich eine strategische Partnerschaft ein, wie die Bonner heute mitteilten. Zum Kaufpreis äußerten sich die Unternehmen nicht. DHL zahle einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag für Cryopdp, hieß es in Branchenkreisen.

Der norwegische Staatsfonds investiert in zwei Offshore-Windparks von RWE. Der weltgrößte Pensionsfonds teilte mit, für 1,4 Milliarden Euro eine 49-prozentige Beteiligung an zwei im Bau befindlichen Anlagen in Dänemark und Deutschland vom Essener Energiekonzern erworben zu haben.

Der IT-Dienstleister Cancom hat einen zurückhaltenden Ausblick geliefert. "Es ist bereits jetzt abzusehen, dass auch das Jahr 2025 seine Herausforderungen mit sich bringt", teilte Cancom mit. Das Unternehmen rechnet mit einem Umsatz zwischen 1,7 und 1,85 Milliarden Euro und einem operativen Ergebnis von 115 bis 130 Millionen Euro.

Ein Bericht über den Abgang des obersten Impfstoffbeauftragten der US-Gesundheitsbehörde FDA schickt Arzneimittelhersteller in den USA auf Talfahrt. Die Aktien des Impfstoffherstellers Moderna brachen um fast neun Prozent ein, Novavax rutschen um acht Prozent ab, Biontecxh um gut vier Prozent. Pfizer schafften nach schwachem Start mit dem Gesamtmarkt noch den Sprung in die Pluszone.

Einem Bericht des Wall Street Journal vom Freitag zufolge wurde Peter Marks vor die Wahl gestellt, selbst zu kündigen oder gefeuert zu werden. Sein Rücktritt werde am 5. April wirksam. In der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump hatte er eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Corona-Impfstoffen gespielt.

Die Nachricht setzte auch auf Gentherapie ausgerichteten Unternehmen zu. "In Anbetracht des Einflusses von Dr. Marks auf die Entwicklung von Biologika und der Ungewissheit, wer ihn ersetzen wird und wie sein Erbe weitergeführt werden kann, wird sein Weggang einen erheblichen kurzfristigen Überhang schaffen", sagte Matt Phipps, Analyst bei William Blair.

US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der Zweifel an der Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen hegt, hatte Pläne zur Umstrukturierung der US-Gesundheitsbehörden angekündigt, einschließlich der Streichung von 10.000 Stellen. Als Direktor des FDA-Zentrums für Biologika-Evaluierung und -Forschung hat Marks öffentlich Programme unterstützt, die die Entwicklung von Therapien für seltene Krankheiten und Gentherapien während seiner Amtszeit beschleunigt haben.

Microsoft präsentiert auf der Hannover Messe neuartige virtuelle Assistenten mit Künstlicher Intelligenz für den breiten Einsatz in der Industrie. Zu den Messeneuheiten des Softwarekonzerns gehört der "Factory Operations Agent". Das ist ein KI-gestützter Assistent, der Abläufe in der Fabrikhalle optimieren soll.

Der Chef der Bekleidungskette Primark ist mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Vorangegangen war die Anschuldigung einer Frau, dass sich Paul Marchant ihr gegenüber nicht angemessen verhalten habe, teilte die Muttergesellschaft Associated British Foods (ABF) mit.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 31. März 2025 um 09:00 Uhr.