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Getötete Hamas-Geiseln Mitglieder der Bibas-Familie beigesetzt
Die in Geiselhaft der Hamas getöteten Mitglieder der Bibas-Familie sind in Israel beigesetzt worden. Zehntausende nahmen an einem Trauerzug teil. Die nächste Überführung getöteter Geiseln soll noch in der Nacht erfolgen.
Die in Hamas-Geiselhaft getöteten Mitglieder der Familie Bibas sind israelischen Medien zufolge auf einem Friedhof in der Nähe ihres Heimatortes Nir Oz beigesetzt worden. Anschließend hielten die Angehörigen Trauerreden für Shiri Bibas und ihre beiden kleinen Söhne Kfir und Ariel, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Die Zeremonie sollte auf Wunsch der Familie im privaten Kreis stattfinden. Politiker waren nicht eingeladen.
Schwägerin der Getöteten fordert Rechenschaft
Auch Yarden Bibas, der Mann von Shiri und der Vater der Kleinkinder, hielt unter Tränen eine Ansprache. Er war Anfang Februar aus der Gewalt der Hamas freigekommen. "Shiri, ich liebe dich und werde dich immer lieben", sagte Bibas. "Du bist die beste Ehefrau und Mutter, die es geben kann."
Er fragte seine getötete Frau auch, wer ihm nun bei Entscheidungen helfen werde - und entschuldigte sich bei ihr und seinen beiden Kindern dafür, sie während des Terrorüberfalls der Hamas nicht richtig beschützt zu haben.
Bibas' Schwester Ofri Bibas sagte, ihre getötete Schwägerin solle sich keine Sorgen um Yarden machen. "Wir werden auf ihn aufpassen. Das verspreche ich." Sie forderte zudem Rechenschaft für das Versagen der israelischen Verantwortlichen beim Hamas-Angriff am 7. Oktober 2023. "Diese Katastrophe hätte nicht passieren dürfen", sagte sie mit Blick auf den damaligen Großangriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel mit mehr 1.200 Toten und Dutzenden Geiselnahmen. Israel werde nicht aufstehen oder rehabilitiert werden, bis die letzte Geisel zu Hause sei, schrieb Ofri Bibas auf der Plattform Facebook.
Zehntausende bei Trauerzug, Präsidentenpalast orange beleuchtet
Am Morgen fand ein öffentlicher Trauerzug für die drei, die auch die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, statt. Zehntausende säumten die etwa 100 Kilometer lange Route, auf der die Särge nach Nir Oz gefahren wurden. Einige schwenkten Flaggen und hielten Schilder mit der Bitte "Vergebt uns" in die Höhe. Viele in der Menge weinten und umarmten sich.
Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP in Nir Oz berichtete von zahlreichen israelischen Flaggen und orangefarbenen Luftballons, die symbolisch für die roten Haare der getöteten Kinder Kfir und Ariel stehen sollten.
Die Residenz von Staatspräsident Izchak Herzog war bereits in der Nacht und am Morgen orange beleuchtet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der in dem Korruptionsprozess, der gegen ihn läuft, auftreten musste, bat die Richter im Gerichtssaal eine Gedenkminute für Shiri, Kfir und Ariel Bibas abzuhalten.
Lange Ungewissheit endete am Donnerstag
Das bei seiner Entführung acht Monate alte Baby Kfir Bibas und sein vier Jahre alter Bruder Ariel waren die jüngsten Geiseln, die am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt worden waren. Sie wurden in Israel und weltweit zum Symbol für die Grausamkeit der Hamas und ihrer Verbündeten.
Monatelang war unklar, ob die Mutter und ihre kleinen Kinder noch am Leben waren. Die Leichen der Kleinen wurden dann am vergangenen Donnerstag an Israel übergeben. Die Leiche ihrer Mutter wurde erst einen Tag später übergeben, nachdem laut Hamas zunächst wegen einer Verwechslung die falsche Leiche übergeben worden war.
Nach einer forensischen Untersuchung der Leichen der Kinder hatte die israelische Armee vor einigen Tagen mitgeteilt, die beiden kleinen Jungs seien im November 2023 von ihren Entführern brutal ermordet worden. Nach Darstellung der Hamas sollen sie dagegen bei einem israelischen Luftangriff getötet worden seien.
Weitere Übergabe von Leichen noch in der Nacht
Israel und die Hamas bestätigten derweil, dass eine Einigung über die Übergabe weiterer toter Geiseln erzielt worden sei. Vier Leichen sollen noch in der Nacht in ihre Heimat zurückgebracht werden. Die sterblichen Überreste der vier Israelis würden diesmal ohne zeremonielles Schauspiel der Hamas übergeben werden, so das Ministerpräsidentenamt in Jerusalem. Damit sei einer Forderung Israels entgegengekommen worden.
Im Gegenzug sollen rund 600 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freigelassen werden. Sie hätten ursprünglich am vergangenen Samstag im Austausch für sechs israelische Geiseln freikommen sollen. Unter ihnen sind 50 Personen mit lebenslangen Haftstrafen.
Israel hatte die Freilassung der Palästinenser nach dem Erhalt der sechs Geiseln am letzten Samstag ausgesetzt und den Schritt mit den entwürdigenden Zeremonien begründet, die die Hamas bei den bisherigen Übergaben von lebenden und toten Geiseln an das Rote Kreuz im Gazastreifen inszeniert hatte. Mit der nun geplanten Übergabe von toten Geiseln in der Nacht ist offenbar ein Weg gefunden worden, um das weithin als unwürdig empfundene Spektakel der Islamisten abzustellen.
Ein Hamas-Sprecher bestätigte, dass die Übergabe der vier Leichen diesmal ohne öffentliche Zurschaustellung über die Bühne gehen werde. Das Rote Kreuz werde die Särge um 22 Uhr MEZ im Gazastreifen entgegennehmen.
Mit Informationen von Julio Segador, ARD-Studio Tel Aviv.