Dieses von der Nachrichtenagentur Xinhua via AP veröffentlichte Foto zeigt Chinas erste Fregatte vom Typ 054B in einem Militärhafen in Qingdao.
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Chinas Machtdemonstration Die größte Marine der Welt wächst und wächst

Stand: 01.04.2025 11:04 Uhr

Chinas Ausgaben für Verteidigung steigen seit Jahren. Auch die Marine wird massiv modernisiert und ausgebaut. Welche Rolle spielt Taiwan dabei? Und welche Schwächen hat Chinas Marine noch?

Von Benjamin Eyssel, ARD Peking

Ein Bericht aus dem chinesischen Staatsfernsehen vom November zeigt die erste gemeinsame Militärübung der beiden Flugzeugträger "Liaoning" und "Shandong" im südchinesischen Meer. Das Ziel laut dem Bericht: die Kampfbereitschaft der Formation zu testen und zu verbessern.

Die "Shandong" ist der erste komplett in China gebaute Flugzeugträger. Orientiert hat man sich beim Bau an der "Liaoning", Chinas erstem Flugzeugträger. Die Grundkonstruktion für die "Liaoning" stammt noch aus der Sowjetunion - das Schiff wurde später von der Volksrepublik gekauft und umgebaut.

Ein größerer Flugzeugträger wird derzeit getestet, weitere befinden sich in Planung und Bau. Viele Details sind nicht bekannt, die chinesische Staats- und Parteiführung hält viele Informationen über ihr Militär strikt unter Verschluss.

"Es gibt viele Spekulationen, aber man weiß schon so ein paar Kennzahlen", sagt May-Britt Stumbaum. Sie ist Direktorin der geopolitischen Risikoberatung The SPEAR Institute und forscht an der Bundeswehruniversität München. "Man weiß ja schon seit langem, dass sie sehr stark im Aufbau sind", sagt sie weiter. Die britische Denkfabrik IISS habe gut dargestellt, dass China zwischen 2014 und 2018 so viele Schiffe dazubekommen habe, wie Großbritannien oder Japan insgesamt haben.

Karte mit China und Taiwan

Zahl der Kriegsschiffe steigt

IISS beobachtet Chinas Militär seit langem. Die Flotte wächst konstant. Das US-Verteidigungsministerium rechnet laut einem Bericht über militärische Entwicklungen in China damit, dass die Zahl der Kriegsschiffe dieses Jahr auf knapp 400 steigen wird, darunter 65 U-Boote. Dazu kommen Hunderte weitere Hilfs- und Versorgungsschiffe sowie zahlreiche Flugzeuge, die unter dem Kommando der Marine stehen.

Als stärkste Marine der Welt gelten nach wie vor die Seestreitkräfte der Vereinigten Staaten. Zahlenmäßig hat die Volksrepublik die USA aber inzwischen überholt.

"Man hat inzwischen die größte Marine, also die größten maritimen Streitkräfte an Zahlen", sagt Sturmbaum:

Man hat insgesamt die größten Truppenzahlen weltweit mit zwei Millionen Soldaten. Dazu nochmal 510.000 Reservisten. Dazu kommt noch die People's Armed Police, also die bewaffnete Volkspolizei. Und man hat immer mehr Material. Also die chinesische Verteidigungswirtschaft läuft wirklich im Drei-Schichten-Betrieb, 24/7.

Auf dem jährlichen Treffen des Nationalen Volkskongresses Anfang März in Peking ging es auch um den neuen Verteidigungshaushalt. In diesem Jahr kommen 7,2 Prozent drauf im Vergleich zum Vorjahr. Ministerpräsident Li Qiang unterstrich bei der Vorstellung seines Arbeitsberichts vor den 3.000 Delegierten, wie wichtig der kommunistischen Führung die Stärkung des Militärs sei.

China werde die militärische Ausbildung intensivieren und die nationale Souveränität und Sicherheit des Landes schützen, so Li. Alle Ebenen sollten die Verteidigung unterstützen, mit dem Ziel "eine felsenfeste Einheit zwischen Militär, Regierung und Volk" zu schaffen.

Umfassende Modernisierung des Militärs

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping treibt seit seinem Amtsantritt vor zwölf Jahren eine umfassende Modernisierung des Militärs voran. Ziel ist es, bis zur Mitte des Jahrhunderts eine "Weltklassearmee" aufzubauen. Xi geht hart gegen Korruption und Misswirtschaft vor, zahlreiche Funktionäre und Generäle wurden bereits entlassen. Dazu soll das Militär nicht nur über neues Equipment verfügen, es soll auch kampfbereit sein.

Doch China ist nicht kampferprobt, der letzte Kriegseinsatz ist Jahrzehnte her. Um von anderen Ländern zu lernen, nimmt das chinesische Militär immer wieder an gemeinsamen Manövern mit befreundeten Staaten teil, zum Beispiel mit Russland. Der Aggressor im Krieg gegen die Ukraine ist strategischer Partner der Volksrepublik. Erst im März gab es ein gemeinsames Manöver der russischen, chinesischen und iranischen Marine.

Stetiger Anstieg der Verteidigungsausgaben

Die Ausgaben für Verteidigung in China steigen seit Jahren an. Man müsse allerdings eine wichtige Sache berücksichtigen, wenn man sich die chinesischen Militärausgaben ansehe, sagt Meia Nouwens von IISS: Der offizielle Verteidigungshaushalt stelle nicht das gesamte Bild dar. Es gebe Verteidigungsausgaben, die nicht in diesem Budget enthalten seien oder zumindest nicht transparent als Teil davon ausgewiesen würden: "Unser Thinktank schlägt deshalb zusätzlich 33 Prozent auf den Verteidigungshaushalt drauf, um ein besseres Bild von dem zu bekommen, was China fürs Militär ausgibt." Laut Nouwens waren es im vergangenen Jahr geschätzt rund 304 Milliarden US-Dollar. Beispielsweise taucht das Geld für Chinas hochgerüstete Küstenwache nicht im Verteidigungshaushalt auf.

Doch selbst mit dem Aufschlag blieben Chinas Militärausgaben noch bei unter zwei Prozent der Wirtschaftsleistung, so Nouwens. Und damit hinter dem zurück, was viele andere Länder anteilig fürs Militär ausgeben.

Wenn man sich die Gesamtausgaben anschaut, befindet sich China auf Platz zwei der Militärausgaben hinter den USA, die nochmal einen deutlich größeren Verteidigungshaushalt haben.

Immer wieder Manöver

Dennoch wird der Ausbau und die Modernisierung des chinesischen Militärs international mit Sorge betrachtet. Marine und Küstenwache der Volksrepublik treten zunehmend aggressiv auf - unter anderem im Südchinesischen Meer. Und rund um die demokratisch regierte Insel Taiwan, wo das chinesische Militär immer wieder groß angelegte Manöver abhält.

Die Regierung in Peking beansprucht die Insel als eigenes Staatsgebiet, obwohl Taiwan nie unter Kontrolle der in China autokratisch regierenden Kommunistischen Partei stand. Chinas Führung habe es unter anderem auf die Gewässer rund um die Insel abgesehen, sagt Nouwens: "Analysen zeigen, dass Taiwan für die Weiterentwicklung der Fähigkeiten des chinesischen Militärs von Bedeutung sein könnte und dass daher ein Zusammenschluss für Chinas Führung wichtig ist."

Das Südchinesische Meer sei zu flach, als dass chinesische Atom-U-Boote dort unentdeckt operieren könnten, so Nouwens weiter. "Wir wissen, dass sich Chinas Marine stark auf die Entwicklung ihrer eigenen U-Boot-Abwehrtechnologie und Fähigkeiten konzentriert. Dies sein nach wie vor eines der Schwachpunkte der Modernisierung. "Taiwans Ostküste bietet aber unmittelbar Zugang zu deutlich tieferen Gewässern und könnte daher einen wichtigen Beitrag leisten, zu einer echten Hochseemarine zu werden."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. April 2025 um 11:24 Uhr.