Tausende Menschen schwenken türkische Fahnen bei einem Protest in Istanbul.

Großdemo in Istanbul Hunderttausende solidarisieren sich mit İmamoğlu

Stand: 29.03.2025 13:46 Uhr

Hunderttausende sind dem Protestaufruf der türkischen Oppositionspartei CHP in Istanbul gefolgt. Unter ihnen: Die Frau des festgenommenen Oppositionsführers İmamoğlu. Die CHP will ab sofort mehrmals wöchentlich Proteste ausrichten.

Vor zehn Tagen wurde der türkische Oppositionsführer und suspendierte Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu festgenommen. Um gegen seine Inhaftierung zu protestieren, haben sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge Hunderttausende Demonstranten in Istanbul versammelt. İmamoğlus Partei CHP hatte erstmals seit Dienstag wieder zum Protest aufgerufen. Parteichef Özgür Özel sprach sogar von mehr als zwei Millionen Teilnehmern.

Am Morgen waren die Demonstrierenden auf von der CHP gecharterten Fähren über den Bosporus zum Versammlungsort gefahren. Ein Meer aus türkischen Flaggen wehte im Stadtteil Maltepe auf der asiatischen Seite der Metropole. Auch das Porträt von Republik- und CHP-Gründer Mustafa Kemal Atatürk war allgegenwärtig.

Protestierende mit Fahnen in Istanbul

Demonstranten hielten im Stadtteil Maltepe Fahnen und Plakete in die Luft.

İmamoğlus Frau nimmt an Protest teil

Auf der Bühne ergriff auch Dilek İmamoğlu das Wort - die Frau des inhaftierten Politikers. CHP-Chef Özel appellierte, den "Marsch zur Macht" fortzusetzen. Seit Dienstag hatte die Partei nicht mehr zu Protesten aufgerufen, die Demonstrationen setzten in dieser Zeit vor allem Studierende fort.

Özel sagte der französischen Zeitung "Le Monde" jedoch, dass es jetzt regelmäßige Proteste geben solle - "jeden Samstag in einer türkischen Stadt" und jeden Mittwoch in Istanbul.

Dilek İmamoğlu

Auch Dilek İmamoğlu nahm am Protest in Istanbul teil.

Harte Maßnahmen der Regierung gegen Proteste

Der Oppositionspolitiker İmamoğlu gilt als wichtigster Rivale von Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Seine Partei CHP kürte ihn trotz seiner Inhaftierung am Montag zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2028.

Die türkische Regierung geht von Beginn an hart gegen die Proteste vor: Laut dem türkischen Innenministerium wurden seit Beginn der Proteste fast 1.900 Menschen vorübergehend festgenommen, unter ihnen zahlreiche Journalisten.

Schwedischer Journalist wegen Terrorvorwürfen festgenommen

Wegen Terrorvorwürfen wurde auch ein schwedischer Journalist in der Türkei festgenommen. Die Behörden beschuldigen ihn der Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Organisation sowie der Beleidigung von Staatspräsident Erdoğan, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Kaj Joakim Medin, der für die schwedische Tageszeitung Dagens ETC arbeitet, sei kurz nach seiner Landung in Istanbul am Donnerstag festgenommen worden. Laut Anadolu wird Medin vorgeworfen, in sozialen Medien Propaganda für die verbotene PKK verbreitet haben.

Der Chefredakteur von Medins Zeitung, Andreas Gustavsson, schrieb auf der Plattform X: "Ich weiß, dass die Anschuldigungen falsch sind. Hundertprozentig falsch."

Auch ein Anwalt von İmamoğlu wurde am Freitag vorübergehend festgenommen. Inzwischen ist er wieder auf freien Fuß.

Menschenrechtler kritisieren türkische Regierung

Menschenrechtsorganisationen schlugen kurz vor einer Großdemo in Istanbul Alarm: In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie die türkische Regierung auf, die Angriffe auf friedliche Demonstranten zu stoppen. Menschen seien mit Schlagstöcken geschlagen und getreten worden, wenn sie am Boden lagen. Polizisten hätten wahllos Pfefferspray, Tränengas, Plastikgeschosse und Wasserwerfer gegen die Demonstranten eingesetzt, was zu zahlreichen Verletzungen geführt habe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 29. März 2025 um 14:00 Uhr.