Polizeibeamte stehen vor Beginn des 37. Bundesparteitag am 03.02.2025 der CDU im CityCube Berlin vor Teilnehmern, die in das Gebäude möchten. (Quelle: dpa-Bildfunk/Sebastian Christoph Gollnow)

Berlin Brandenburg Wahlparteitag in Berlin: CDU stimmt für "Sofortprogramm" - Polizei und Proteste vor der Halle

Stand: 03.02.2025 19:36 Uhr

Das umstrittene "Sofortprogramm" der CDU zur Asyl- und Wirtschaftspolitik ist vom Parteitag beschlossen worden. Vor der Halle in Berlin demonstrierten zahlreiche Menschen. Die Polizei war mit rund 700 Einsatzkräften vor Ort.

  • CDU beschließt einstimmig "Sofortprogramm" unter anderem zur Wirtschafts- und Asylpolitik, das direkt nach einer möglichen Regierungsbildung umgesetzt werden soll
  • Zu Protesten aufgerufen haben mehrere Vereine und Organisationen, darunter Greenpeace und "Fridays for Future" - 700 Beamte im Einsatz
  • Appell von Organisationen der Zivilgesellschaft, Menschen mit Migrationsgeschichte nicht auszugrenzen

Die CDU hat am Montag mit ihrem Bundesparteitag die "heiße Phase" des Wahlkampfs eingeläutet. Die rund 950 Delegierten nahmen in der Berliner Messehalle City-Cube einstimmig ein "Sofortprogramm" an, das bei einer Regierungsübernahme nach der Bundestagswahl unmittelbar umgesetzt werden soll.
 
Der Fünf-Punkte-Plan von CDU-Chef und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sieht Zurückweisungen an den Grenzen und dauerhafte Grenzkontrollen vor. Dieser Vorschlag hatte am Mittwoch im Bundestag nur eine Mehrheit bekommen, weil Merz dazu Stimmen der AfD in Kauf nahm. Das hatte zu Empörung bei SPD und Grünen sowie zu Kritik der Kirchen und auch aus den eigenen Reihen geführt.

Einige Aktivisten konnten zeitweise in die Parteitagshalle gelangen und dort Schilder mit dem Schriftzug "Brandmauer" hochhalten, wie die Deutsche Presse-Agentur berichtete.
 
Vor der Halle wurde der CDU-Konvent von Protesten begleitet, den die Polizei mit rund 700 Einsatzkräften vor Ort begleitet hat. Bis zum Mittag gab es demnach mehr als ein Dutzend Kundgebungen mit in der Spitze etwa 450 Menschen.

Mehr als 100.000 Menschen demonstrieren in Berlin für Erhalt der "Brandmauer". (Quelle: dpa/Gollnow)
Mindestens 160.000 Menschen demonstrieren in Berlin für Erhalt der "Brandmauer"
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Es habe bislang keine erwähnenswerten Störungen gegeben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Nachmittag. Mit etwa 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war die Demonstration von "Fridays for Future" nach seinen Angaben die größte. Die Veranstalter sprachen von "mehreren Hundert Menschen". Teilnehmer hielten unter anderem große Buchstaben in die Höhe, die das Wort "Schande" bildeten.

Am Himmel flog eine Propellermaschine über den Veranstaltungsort mit einem Banner mit der Aufschrift "CDU unchristlich". Gegenüber dem Veranstaltungsort stand auf einer LED-Leinwand "Mitte-statt-Merz.de". Es handelte sich um eine Aktion der SPD.
 
Der Veranstaltungsort war weiträumig abgesperrt und mit einem Zaun gesichert.

Demonstranten mit Schildern stehen am 03.02.2025 vor Beginn des 37. Bundesparteitag der CDU im CityCube Berlin vor dem Veranstaltungsgelände. (Quelle: dpa-Bildfunk/Sebastian Gollnow)

Menschen protestieren am 3. Februar 2025 während des CDU-Parteitags.

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Merz schloss zuvor bei einem Rundgang durch die Parteitagshalle kategorisch aus, dass er in einer von ihm geführten Regierung auf AfD-Stimmen setzen würde. Er habe "nun wirklich mehrfach sehr klar und sehr deutlich gesagt: Es wird keine Zusammenarbeit von uns mit der AfD geben. Wir kämpfen für politische Mehrheiten in der breiten Mitte unseres demokratischen Spektrums", betonte er. Auf die Nachfrage, ob er AfD-Stimmen für eine Mehrheit in Kauf nehmen würde, antwortete er: "Nein."

In dem "Sofortprogramm" verspricht die CDU eine Mischung aus Entlastungen für die Wirtschaft, einer Wende in der Asylpolitik sowie die Rücknahme von Gesetzen der Ampelkoalition. Das "Sofortprogramm" soll "zum Beispiel mit dauerhaften Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und einem zeitlich unbefristeten Ausreisearrest für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder" gelingen, wie aus dem Papier hervorgeht.

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Einschätzungen zu dauerhaften Grenzkontrollen

Die Auswirkungen dauerhafter Grenzkontrollen an den deutschen Außengrenzen werden in Brandenburg unterschiedlich eingeschätzt.
 
Der Präsident der Unternehmervereinigung in der Uckermark, Thomas Berndt, sagte Antenne Brandenburg vom rbb, er befürchte Probleme für die Wirtschaft in der Region Ostbrandenburg. Natürlich müsse man wissen, was an den Grenzen passiere, das dürfe aber nicht dazu führen, dass der grenzüberschreitende Verkehr zu stark beeinträchtigt werde.
 
Der Gubener Bürgermeister Fred Mahro (CDU) sieht nach eigener Aussage bisher keine Auswirkungen der Grenzkontrollen auf die Beziehungen zur polnischen Nachbarstadt Gubin. Auch Nachteile für die Gubener Wirtschaft könne er nicht erkennen, sagte Mahrow ebenfalls im rbb. Allerdings sei Guben auch kein Transitübergang wie Frankfurt (Oder) oder Forst, wo sich LKW stauten.
 
Natürlich wünsche er sich, dass die Grenzkontrollen lieber heute als morgen wieder zurückgefahren würden, davon lebe schließlich Europa, so der CDU-Politiker weiter. Angesichts der aktuellen Lage, in der viele illegale Migranten über Drittländer nach Deutschland kämen, sei man aber zum Handeln gezwungen.

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Im Beschlussentwurf für das "Sofortprogramm" heißt es, man stehe auch ein für das "Zustrombegrenzungsgesetz" mit einer Begrenzung als klarem Gesetzesziel. Ein entsprechender Gesetzentwurf war am Freitag trotz AfD-Zustimmung im Bundestag gescheitert, weil sich etliche Abgeordnete von FDP und Union nicht an der Abstimmung beteiligten. Das 15-Punkte-Programm enthält auch Ankündigungen zur Stärkung von Wirtschaft und Sicherheit. Zudem will die CDU Entscheidungen der gescheiterten Ampel-Regierung wie das Heizungs- und das Cannabis-Gesetz zurücknehmen.

Große Demonstration in Berlin

Organisationen der Zivilgesellschaft hatten an die Delegierten des CDU-Parteitages appelliert, Menschen mit Migrationsgeschichte nicht auszugrenzen. In einem gemeinsamen Aufruf fordern sie dazu auf, für ein gesellschaftliches Miteinander, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte einzustehen. Die von CDU-Kanzlerkandidat Merz geforderte Zurückweisung von Schutzsuchenden an den Grenzen und die Abschaffung des Familiennachzugs seien polarisierend und grob rechtswidrig. Unterschrieben wurde der Aufruf von mehr als 145 Verbänden, darunter Amnesty International, Oxfam und Pro Asyl.
 
Bundesweit gingen am Wochenende Zehntausende aus Protest gegen eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD auf die Straße. Die größte Demonstration fand am Sonntag in Berlin statt. Unter dem Motto "Aufstand der Anständigen - Wir sind die Brandmauer!" erstreckte sich ein Protestzug von der Siegessäule bis zur CDU-Parteizentrale. Die Polizei sprach am späten Nachmittag von rund 160.000 Menschen, die Veranstalter von 250.000.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.02.2025, 15:40 Uhr
 
 
 
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