
Brandenburg Berlin Bundestagswahl 2025: Das planen die Parteien zu den Themen Energie und Umwelt
Bei der letzten Bundestagswahl zählten der Klimawandel und die Energiewende zu den herausragenden Wahlkampfthemen. Die Herausforderungen sind drängend. Welche Rolle spielen die Themen aktuell in den Programmen? Von M. Schon, M. Woller und H. Christ
Die hohen Energiekosten und deren Auswirkungen auf Wirtschaft und Verbraucher treiben alle Parteien um. Das Versprechen von bezahlbarer und sicherer Energie findet sich in allen Wahlprogrammen vor der Bundestagswahl 2025 – allerdings mit in Teilen höchst unterschiedlichen Ansätzen, um die Preise stabil und möglichst niedrig zu halten.
Bei der Frage, wie und in welchem Umfang die Energiewende bewältigt werden soll, sind die Vorstellungen mitunter gegensätzlich. Und auch der Umweltschutz hat nicht in jedem Wahlprogramm denselben Stellenwert.
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SPD
Das Mantra der SPD beim Klimaschutz lautet: Klimafreundliche Alternativen sollen besser, bequemer und günstiger sein. Klimaneutralität sieht die Partei als Aufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge und will daher auf gemeinschaftliche Lösungen setzen, beispielsweise auf kommunale Wärmenetze statt auf einzelne Wärmepumpen in jedem Haus. Ärmere sollen beim Umstieg auf klimafreundliche Technologien finanziell unterstützt werden. Rahmen für die Energiepolitik sind die Klimaziele und der europäische Green Deal, also Klimaneutralität in der EU bis 2050. Instrumente wie ein Klimageld sollen dazu beitragen, dass von den Kosten niemand überfordert wird. Zum Klimaschutz soll auch ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen beitragen.
Die SPD verspricht günstigere Energiepreise. Dazu beitragen soll beim Strom eine Deckelung der Netzentgelte, die zur Finanzierung des Stromnetz-Aufbaus auf den Strompreis geschlagen werden – auf drei Cent pro Kilowattstunde. Im Durchschnitt sollen die Stromkosten für Haushalte und Unternehmen dadurch halbiert werden. Beim Strompreis hat die SPD aber vor allem die Industrie im Blick: Mehr Unternehmen sollen schon von bereits bestehenden Regeln für geringere Netzentgelte profitieren. Zusätzliche Entlastungen verspricht die SPD auch für besonders energieintensive Branchen wie Glasverarbeitung, Teile der Chemie oder Batteriezellenproduktion. Die Stromsteuer soll dauerhaft auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden. Um den Kauf von E-Autos anzukurbeln, schlägt die SPD einen Steuerabzug bei der Anschaffung und Leasingmodelle vor. Anders als etwa die CDU legt sich die SPD auf Elektrizität und Wasserstoff als Energieträger der Zukunft fest.

CDU/CSU
Die Unionsparteien betonen in ihrem Wahlprogramm die christliche Vorstellung einer Schöpfung, die es zu bewahren gelte und bekennen sich zu einem "umfassenden“ Nachhaltigkeitsgedanken. Sie versprechen, die Pariser Klimaziele einzuhalten und Klimaneutralität bis 2045 im Blick zu behalten. Die Ziele sollen jedoch "unbedingt" mit dem Erhalt der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Tragfähigkeit verbunden werden.
Energie soll bezahlbar, sicher und sauber sein. Dazu sollen die Erzeugungsformen beitragen, die aus Sicht der Union klimafreundlich und systemdienlich sind. Neben erneuerbaren Energien wie Wind, Solar oder Geothermie über Wasserkraft, Bioenergie und Holz als nachwachsendem Rohstoff gehört dazu als Option auch die Atomkraft. CDU/CSU wollen sowohl neue Kernkraftwerkstechnologien erforschen als auch eine Wiederinbetriebnahme der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke prüfen. Neue Verfahren zur klimafreundlichen Produktion sollen sich technologieoffenen und ohne staatliche Förderung marktwirtschaftlich durchsetzen. Stromsteuer und Netzentgelte sollen gesenkt werden. Das Heizungsgesetz der Ampelregierung wollen CDU und CSU wieder zurücknehmen.

Bündnis 90/Die Grünen
Die Bündnisgrünen widmen den Themen Energie und Umwelt erwartungsgemäß große Teile ihres Wahlprogramms, auch wenn Ideen zur Umsetzung nicht immer konkret sind. Sie versprechen, Klimaschutz einfacher und bezahlbarer zu machen und Umsetzungsprobleme pragmatisch zu lösen. Erreicht werden soll das mit einem Mix aus marktwirtschaftlichen Anreizen, dem Ordnungsrecht und Förderungen für Wirtschaft und Haushalte. Ziel ist die Klimaneutralität in Deutschland bis 2045. Strom, Wärme und Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sollen Energieträger der Zukunft sein. Klima- und Naturschutz sollen im Grundgesetz verankert werden.
Für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen soll der Umstieg auf die E-Mobilität mit einer bezuschussten Ladekarte, einem sozialen Leasing-Programm und Steuerzuschüssen erleichtert werden. Sie sollen auch davon profitieren, dass Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zu einem großen Teil als sozial gestaffeltes Klimageld an sie wieder ausgezahlt werden. Menschen mit geringem Einkommen sollen bei der Anschaffung von kleinen Solaranlagen für den Balkon unterstützt werden. Das Dienstwagenprivileg hingegen soll mit Anreizen für klimaneutrale Mobilität reformiert werden. Öl- und Gaskonzerne sollen einen Ausgleich zu den Kosten der Klimakrise zahlen, Kohleunternehmen sollen die langfristigen Kosten des Kohleabbaus tragen.
Die Grünen skizzieren konkrete Ausstiegspfade aus klimaschädlichen Energiequellen. Der Kohleausstieg soll bis 2030 vollzogen sein, auch wenn er bislang bis 2038 verabredet ist. Die Nutzung fossilen Gases soll spätestens 2045 beendet, der Stromsektor ab 2035 komplett aus erneuerbaren Energien gespeist werden. Um letzteres zu erreichen, sollen unter anderem bürokratische Hürden für die Nutzung von selbst produzierter Energie gesenkt werden. Flauten bei der Erzeugung von Wind- und Solarenergie sollen ausgeglichen werden durch bessere Netznutzung, Stromspeicher, einer flexibleren Nutzung durch Industrie, Gewerbe, Verkehr und Verbraucher und "möglichst bald" mit Kraftwerken, die mit grünem Wasserstoff betrieben werden.
Auch den Naturschutz betrachten die Grünen teilweise aus dem Klima-Blickwinkel: Naturnahe Wälder, Moore und Auen sollen CO2 aus der Luft binden. Flächenverbrauch soll reduziert, die Zahl von Natur- und Großschutzgebieten erhöht werden.

FDP
Grundsätzlich hält die FDP am EU-Emissionshandel fest, um die Klimaziele erreichen zu können – dann aber am besten auf globaler Ebene. Das nationale Klimaziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, will die FDP durch ein europäisches Ziel ersetzen. Die Speicherung und Nutzung von CO2 wolle man "diskriminierungsfrei" ermöglichen. Einen Ausstieg aus der Braunkohleförderung vor 2038 lehnt die FDP ab. Photovoltaik- und Windkraftanlagen sollen nur gebaut werden dürfen, wenn deren erzeugter Strom auch genutzt oder gespeichert werden kann.
Grundsätzlich setzen die Liberalen auf "Technologieoffenheit beim Klimaschutz". Vorschriften, welche Technologie zu nutzen ist, lehnt die FDP ab. Ein Verbot von Verbrenner-Motoren ab 2035 will die Partei wieder abschaffen, stattdessen aber alternative Kraftstoffe wie e-Fuels ermöglichen. Statt Emissionsvorgaben bei Abgasen will die FDP den gesamten "Lebenszyklus" eines Fahrzeuges betrachten.
Eine sogenannte Klimadividende aus Einnahmen aus dem Emissionshandel soll – ähnlich wie das bereits angedachte Klimageld - direkt und pauschal an Bürgerinnen und Bürger ausgezahlt werden.
Energiesteuern will die FDP nach und nach absenken oder auch abschaffen, die Netzentgelte für Strom umfassend reformieren. Um Importe zu verringern, setzt die FDP auch auf heimische Erdgasförderung etwa durch Fracking. Subventionen für Erneuerbare Energien hält die FDP nicht mehr für nötig, gesetzliche Ausbaupfade für überflüssig. Kernfusion und sichere Kernkraftwerke ohne Subventionen befürworten die Liberalen ausdrücklich. Die Wieder-Inbetriebnahme vorhandener Kernkraftwerke wollen sie möglich machen, die Entscheidung aber den Betreibern überlassen.
Umweltstandards sieht die FDP als teils restriktiv und als Standortnachteil. Daher wolle man sie in Deutschland und Europa „zusammenführen“. Natur- und Artenschutz solle "effektiver und zielgenauer" werden. Einzelne Sichtungen seltener Tierarten sollen Bauvorhaben nicht mehr blockieren können, wenn die Art nicht gefährdet ist. Wolf und Kormoran will die FDP künftig bejagen lassen, den Waldumbau unterstützen, allerdings ohne dabei in Eigentum einzugreifen.
Eine Kreislaufwirtschaft mit moderne Recyclingmethoden will die FDP fördern, Produktverbote möglichst vermeiden. Das Umweltbundesamt will die FDP abschaffen oder neu aufstellen, um die Behördenlandschaft zu "verschlanken".
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AfD
Den Weg in die energiepolitische Zukunft will die AfD vor allem im Rückwärtsgang befahren: Der geplante Kohleausstieg soll abgesagt, der Gasimport aus Russland auch über die Nord-Stream-Pipeline wieder aufgenommen und der Atomausstieg rückgängig gemacht werden. Bestehende Atomkraftwerke will die AfD schnellstmöglich wieder in Betrieb nehmen. Wasserstoff und erneuerbare Energien hält die Partei für nicht wettbewerbsfähig, ebenso E-Mobilität oder Wärmepumpen. Die Rückkehr zu fossiler und Kernenergie soll die Nutzung und Entwicklung von Energiespeichern, Brennstoffzellen und Wasserstofftechnik überflüssig machen. Ein Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor soll es nicht geben. Der Aufbau großflächiger Wind- und Photovoltaikanlagen in Wäldern sowie auf Feldern und Ackerflächen soll beendet werden.
Den wissenschaftlichen Konsens zum menschengemachten Klimawandel erklärt die AfD für konstruiert, hebt die Anpassungsfähigkeit des Menschen hervor und lobt Warmperioden als Blütezeiten von Kulturen. Eingeleitete Klimaschutzmaßnahmen bezeichnet sie hingegen als Teil einer "Großen Transformation". Unter Anhängern von Verschwörungsmythen ist dieser Begriff ein Codewort für eine neue Weltordnung, die demnach angeblich von im Verborgenen agierenden Eliten geplant wird. Es wird allerdings nicht immer deutlich, in welchem Kontext die AfD den Begriff verstanden wissen will. Im Wahlprogramm verbindet sie mit ihm einen Gesellschaftsumbau, der abzulehnen sei. Dazu zählt sie auch den Green Deal der Europäischen Union.
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Die Linke
Die Linke will Deutschland bis 2040 klimaneutral machen. Der Kohleausstieg soll bis 2030 umgesetzt werden. Der Partei ist dabei vor allem die soziale Abfederung von steigenden Preisen durch Klimaschutzmaßnahmen wichtig. Zum Beispiel durch eine soziale Staffelung von Energiepreisen oder durch die Einführung eines Klimageldes in Höhe von 320 Euro pro Person und Jahr. Der Einbau neuer klimafreundlicher Heizungen soll nach dem Willen der Linken nicht auf die Warmmiete umgelegt werden dürfen.
Die Linke fordert die "Entmachtung" von Energiekonzernen und massive öffentliche Investitionen in den Klimaschutz. Diese sollen durch Kredite finanziert, klimaschädliche Subventionen abgeschafft werden. Die Partei will sich dabei auch solidarisch mit den Ländern des globalen Südens zeigen, die unter den Klimafolgen besonders leiden. Hier fordert man eine massive Erhöhung der Entschädigungen für durch Industrieländer des Nordens verursachte Klimaschäden.
200 Milliarden Euro sollen in den klimagerechten Umbau der Industrie fließen. Zur Finanzierung schlägt die Partei unter anderem einen Energie-Soli für reiche Menschen vor. Der Klimatransformationsfonds soll zusätzlich mit insgesamt 65 Milliarden Euro ausgestattet werden, um beispielsweise Batterietechnologien zu finanzieren, energieintensive Unternehmen mit einem Industriestrompreis zu stützen oder eine Wasserstoffinfrastruktur ausschließlich für die Industrie zu errichten. Die Linke will nur in echte erneuerbare Energiequellen und Infrastruktur investieren, Atomkraft und Flüssiggas sollen nicht gefördert werden. Strom-, Wärme- und Gasnetze sollen in die öffentliche Hand überführt und europäisch koordiniert werden.
Im Umweltbereich fordert die Linke mehr Fokus auf Nachhaltigkeit und ressourcenschonende Produktion, mit höheren gesetzlichen Recyclingquoten und höheren Einsatzquoten für wiederverwertete Stoffe. Updates, Upgrades, Reparaturen und die Weiterverwendung von Produkten müssten grundsätzlich möglich werden. Die Partei will zudem ein weitreichendes Verbot bei Einwegverpackungen durchsetzen. Die Abfallentsorgung soll in die öffentliche Hand übergehen. Reichtum und Luxus sieht die Linke als eine Ursache für die Ressourcen-Verschwendung und die Zerstörung des Klimas. Sie fordert unter anderem Privatjets und Megayachten über 60 Meter Länge zu verbieten.
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BSW
Das BSW bezeichnet den Klimawandel als ernste Herausforderung und bekennt sich zum Pariser Klimaabkommen. Allerdings kritisiert das Bündnis die aktuelle Energiepolitik als teuer und gefährlich für die Versorgungssicherheit und verspricht, die Energiepreise zu senken. Die nach dem Angriff auf die Ukraine gegen Russland verhängten Sanktionen bezeichnet die Partei als Konjunkturprogramm für die US-Wirtschaft und "Killerprogramm für deutsche und europäische Unternehmen und fordert Verhandlungen mit Russland über die Aufnahme von Gaslieferungen über die Nord-Stream-Pipeline.
Pläne für schnelle Klimaneutralität bezeichnet das BSW als unrealistisches Wunschdenken, ein Verbrenner-Verbot als Exzess, den es zurücknehmen will. An das E-Auto glaubt das Bündnis nicht: Für Normalverdiener sei es zu teuer, die Ladeinfrastruktur unzureichend, klimaneutrale Stromversorgung und Haltbarkeit von Akkus ungeklärt. Stattdessen setzt das BSW auf Technologieoffenheit und die Entwicklung von verbrauchsarmen und effizienten Verbrennern sowie alternativer Kraftstoffe. Das so genannte Heizungsgesetz der Ampel-Regierung soll zurückgenommen werden, der Einbau von Wärmepumpen zwar gefördert, aber der Betrieb anderer Technologen nicht diskriminiert werden.
Einen Emissionshandel auf europäischer Ebene hält das BSW für nicht sinnvoll, weil es aus seiner Sicht zu einer Produktionsverlagerung in Länder außerhalb der EU führt. Der CO2-Preis soll abgeschafft werden. Die Stromnetze sollen verstaatlicht und deren Ausbau aus öffentlichen Mitteln statt über den Strompreis bezahlt werden.
Bei den Erneuerbaren Energien setzt das BSW auf die Modernisierung bestehender Anlagen und will so ohne neue Eingriffe in die Natur den Stromertrag erhöhen. Die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf öffentlichen Gebäuden, Parkplätzen, Ställen und Werkshallen soll gefördert werden. Den Import von Wasserstoff aus Ländern des Südens hält das BSW für schädlich. Diese Länder sollten erneuerbare Energien vorrangig zur lokalen Stromerzeugung nutzen. Geld für neue Technologien soll nicht in deren Subvention, sondern in deren Entwicklung fließen.
Zur Vermeidung von Elektroschrott setzt das BSW auf eine Kennzeichnungspflicht für die Lebensdauer von Geräten. Diese soll den Druck auf die Hersteller erhöhen, langlebigere Produkte auf den Markt zu bringen. Reparaturen von defekten Geräten sollen durch eine niedrigere Mehrwertsteuer attraktiver werden.