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Brandenburg Berlin Bundestagswahl: Das planen die Parteien bei Flucht und Asyl
Wie soll Deutschland künftig mit dem Zuzug Geflüchteter nach Deutschland umgehen? Die Parteien haben teils drastisch unterschiedliche Konzepte. Ein Überblick über die Parteipositionen.
Migration ist eines der prägendsten Themen im Bundestagswahlkampf. Nach der Messerattacke von Aschaffenburg – mutmaßlich begangen durch einen ausreisepflichtigen afghanischen Geflüchteten – fällt wieder ein Schlaglicht auf das Thema Flucht und Asyl.
In Berlin, einer der Hauptankunftsstädte für Geflüchtete in Deutschland, zeigt sich die Herausforderung deutlich: Die Notunterkunft auf dem ehemaligen Flughafen Tegel bleibt trotz sinkender Flüchtlingszahlen bestehen, da es weiterhin an neuen Unterbringungsmöglichkeiten mangelt. Aktuell sind dort über 4.000 Menschen unter teils prekären Bedingungen untergebracht. Das erklärte Ziel, Geflüchtete verstärkt in dezentralen Unterkünften unterzubringen, scheitert an der Wohnungskrise in Berlin, dem schleppenden Bau von Unterkünften und teils auch am Widerstand von Anwohnern.
Die meisten Parteien wollen Migration besser steuern und geordnete Verfahren gewährleisten. Die Wahlprogramme widmen sich dem Thema in unterschiedlichem Umfang, der an dieser Stelle nicht vollumfänglich abgebildet wird. Daher schauen wir hier nur auf einige Aspekte, anhand derer die Konfliktlinien zwischen den Parteien deutlich werden.
Besonders umstritten sind die Durchführung von Asylverfahren in (sicheren) Drittstaaten, Zurückweisungen an der deutschen Grenze, Abschiebungen und Sozialleistungen für Geflüchtete. Sichere Drittstaaten sind Länder außerhalb der EU, in denen Geflüchtete nach internationalen Standards Schutz erhalten können und in denen ihnen keine Verfolgung oder unmenschliche Behandlung droht.
Positionen zu Zurückweisungen und Asylverfahren in Drittstaaten
Die SPD lehnt Grenzschließungen und Zurückweisungen an der Grenze ab. Sie setzt sich für eine Beschleunigung der Asylverfahren ein – Entscheidungen sollen innerhalb von sechs Monaten fallen, Abläufe effizienter werden – etwa durch mehr Digitalisierung. Auch Asylverfahren in Drittstaaten lehnen die Sozialdemokraten ab. Sie bekräftigen das individuelle Recht auf Asyl innerhalb der EU.
Die Union kündigt eine "grundsätzliche Wende" in der Migrationspolitik an und will einen "faktischen Aufnahmestopp" durchsetzen. Geflüchtete will sie an der Grenze abweisen - Grenzkontrollen sollen verlängert und verbessert werden, Asylverfahren auch in sicheren Drittstaaten durchgeführt werden.
Die Grünen betonen: "Deutschland ist und bleibt ein Einwanderungsland." Die Partei bekennt sich klar zum Recht auf Asyl. Asylverfahren in Drittstaaten lehnen die Grünen ab, genauso wie Zurückweisungen und stationäre Kontrollen an den Grenzen.
Die FDP will die "irreguläre" Migration begrenzen und die Einwanderung nach wirtschaftlichem Interesse gestalten. Alle gesetzlichen Grundlagen sollen in einem "Einwanderungsgesetzbuch aus einem Guss" gebündelt werden. Asylverfahren sollen auch in Drittstaaten stattfinden können. Die FDP will außerdem Zurückweisungen an der Grenze "erproben".
Die AfD geht noch weiter und will das individuelle Recht auf Asyl ganz aus dem Grundgesetz streichen. Die Partei fordert Grenzkontrollen und Zurückweisungen an der Grenze. Einreisende aus Drittstaaten sollen in Deutschland kein Asyl beantragen dürfen. Geflüchtete sollen an der Grenze in Gewahrsam genommen werden können. Asylverfahren sollen außerhalb Deutschlands durchgeführt werden.
Die Linke bekennt sich zum Recht auf Asyl. Sie lehnt alle bisherigen Verschärfungen auf nationaler und europäischer Ebene ab. Sie lehnt Schnellverfahren, Inhaftierungen und Rückführzentren ab, genau wie die Einstufung sicherer Herkunftsländer und die Verlagerung der Asylverfahren in Drittstaaten.
Das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) fordert einen Stopp der "unkontrollierten Migration". Wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat nach Auffassung des BSW kein Recht auf Aufenthalt und damit auch keinen Anspruch auf ein Asylverfahren oder soziale Leistungen. Asylverfahren sollen außerhalb der EU stattfinden.
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Positionen zu Abschiebungen
Die SPD setzt auf "humane" und "konsequente" Abschiebungen, bevorzugt freiwillige Ausreisen und betont die Bedeutung rechtsstaatlicher Standards. Abschiebungen sollen vor allem bei Straftätern erfolgen – und bei "Personen, die eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen".
Die Union fordert eine konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber, insbesondere von Straftätern und Gefährdern. Sie setzen auf "Bundesausreisezentren" zur effektiven Durchführung von Abschiebungen und wollen dafür auch mit den Herkunftsländern zusammenarbeiten.
Die Grünen betonen die Einhaltung von Menschenrechten und lehnen pauschale Abschiebungen in unsichere Länder ab. Sie setzen auf freiwillige Rückkehrprogramme und bessere Bleiberechtsregelungen für gut Integrierte oder Menschen in Ausbildung.
Die FDP fordert eine Zentralisierung der Zuständigkeit für Abschiebungen auf Bundesebene und schnellere Verfahren. Personen ohne Bleiberecht sollen Deutschland "unverzüglich" verlassen.
Die AfD fordert eine "Rückführungsoffensive". Auf ihrem Parteitag in Riesa im Januar hat die Partei "Remigration" offiziell zur Leitlinie gemacht. Abgeschoben werden sollen alle ausreisepflichtigen Personen, insbesondere Straftäter, Gefährder und Personen ohne Schutzstatus. Sie sollen auch in Krisenregionen abgeschoben werden.
Die Linke lehnt Abschiebungen grundsätzlich ab, insbesondere in Krisengebiete. Straftäter sollen nicht abgeschoben, sondern in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden. Stattdessen will sie Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus langfristige Perspektiven bieten.
Das BSW fordert konsequente Abschiebungen und eine Verschärfung der rechtlichen Rahmenbedingungen – notfalls auch durch eine Grundgesetzänderung. Personen ohne Bleiberecht sollen schnellstmöglich ausreisen. Straftäter sollen ihren Anspruch auf Asyl verlieren.
Positionen zu Sozialleistungen
Die SPD setzt sich für eine angemessene soziale Absicherung von Geflüchteten ein, die die Integration fördern soll. Sozialleistungen sollen Schutzbedürftigen zugutekommen, aber "Fehlanreize" vermeiden – etwa bei der Aufnahme von Arbeit. Integrationskurse sollen ausgebaut und werden.
Die Union unterstützt die Einführung einer Bezahlkarte für Geflüchtete. Für ausreisepflichtige Geflüchtete sollen Sozialleistungen auf das absolute Minimum ("Bett, Brot und Seife") reduziert werden. Geflüchtete aus der Ukraine sollen kein Bürgergeld mehr erhalten.
Die Grünen setzen sich für eine bessere Integration in bestehende Sozialsysteme ein. Sie fordern ein stärkeres Angebot an Integrations- und Sprachkursen, um Geflüchtete schneller in Arbeit zu bringen. Digitale Angebote sollen den Zugang zu sozialen Leistungen vereinfachen und beschleunigen.
Auch die FDP setzt auf Sach- statt Geldleistungen, die Bezahlkarte soll flächendeckend eingeführt werden. Sozialleistungen sollen niedriger als das Bürgergeld gehalten werden – auch für Geflüchtete aus der Ukraine.
Die AfD fordert die drastische Reduzierung von Sozialleistungen an Geflüchtete. Sie plädiert für eine vollständige Umstellung auf Sachleistungen und die Einführung einer Bezahlkarte.
Die Linke lehnt Sachleistungen und Bezahlkarten als diskriminierend ab. Stattdessen fordert sie reguläre Geldleistungen in Höhe der solidarischen Mindestsicherung für alle Menschen - unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Darüber hinaus fordert sie den flächendeckenden und kostenfreien Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sprachkursen für alle Geflüchteten.
Die Sozialleistungen für Geflüchtete hält das BSW für einen "Fluchtanreiz" nach Deutschland und fordert eine Reduzierung finanzieller Unterstützung.
Sendung: rbb24 Abendschau, 26.01.2025, 19:30