Symbolbild: Ein aeltere Waehlerin mit Begleitung gibt ihre Stimme fuer die Bundestagswahl ab in einem Wahllokal. (Quelle: imago images/Gaertner)

Brandenburg Berlin Bundestagswahl: Wähler über 60 werden immer mächtiger

Stand: 11.02.2025 14:46 Uhr

Deutschland wird älter. Das verschiebt auch Verhältnisse bei den Wahlen: In Brandenburg waren zuletzt über 40 Prozent der Wahlberechtigten älter als 60 Jahre. Das half bei bisherigen Wahlen meist CDU und SPD. Von Simon Wenzel und Stefan Ruwoldt

  • Zahl der über 60 Jahre alten Wähler wächst
  • in Brandenburg zeigt sich die Entwicklung stärker als im Bundesdurchschnitt: 32,5 Prozent der Wahlberechtigen sind über 65 Jahre alt
  • ältere Menschen wählen häufiger die SPD und die Union, weniger Grüne und AfD

Die Daten der letzten Wahlen zeigen einen eindeutigen Trend in Deutschland: Ältere Menschen bekommen eine immer stärkere Wahlmacht. Der Anteil der Wählergruppen über 60 Jahren ist deutlich angewachsen. Bundesweit stieg er in den letzten zwanzig Jahren um mehr als sechs Prozentpunkte. Gleichzeitig schrumpfte der Anteil der jüngsten Wähler an der Gesamtheit.
 
In Brandenburg zeigt sich sogar ein noch deutlicheres Bild: Hier waren bei der letzten Bundestagswahl 2021 bereits 42 Prozent der Wahlberechtigten über 60 Jahren alt. 2005 waren es noch 32 Prozent gewesen. Gleichzeitig sank der Anteil der jungen Wähler in Brandenburg von zehn Prozent auf nur noch sechs Prozent der gesamten Wahlberechtigten.

Auch die Zahl der 25- bis 45-Jährigen sank ein wenig in Brandenburg. In aktuellen Daten zur kommenden Bundestagswahl verwendet das Landesamt für Statistik andere Abstufungen für die Altersgruppen. So lassen sich die neueren Daten nicht direkt vergleichen.
 
Die Gruppe der über 65-Jährigen aber macht rund 32,5 Prozent der Wahlberechtigten aus, die der 50 bis 56-Jährigen noch einmal weitere 24 Prozent. Auch in diesem Jahr kann die Wahlentscheidung der älteren Wählerschaft also einen starken Einfluss auf die Ergebnisse haben.

Woidke siegte in Brandenburg auch dank Ü60-Wählern

Wie sich diese Altersverschiebungen auf die Wahlen auswirken, lässt sich nicht zuverlässig prognostizieren. Die letzte Landtagswahl in Brandenburg beispielsweise hat aber einige Tendenzen gezeigt [tagesschau.de]: Da wählten die älteren Menschen, insbesondere in der Wählergruppe der über 70-Jährigen, verglichen mit dem Gesamtergebnis deutlich seltener die AfD und stattdessen die langjährigen "Volksparteien" SPD und CDU. Die AfD bekam in dieser Wählergruppe rund 17 Prozent der Stimmen, was auch hier für die AfD noch knapp zu Platz zwei reichte, aber im Vergleich zum Gesamtergebnis von 29 Prozent ein klares Minus war.

Unter älteren Wählerinnen und Wählern schneiden in der Regel SPD, CDU und CSU überdurchschnittlich ab.

Die SPD, mit Dietmar Woidke als Spitzenkandidat, landete bei den über 70-Jährigen bei 49 Prozent der Wählerstimmen. Im Gesamtergebnis waren es nur 31 Prozent. Bei allen anderen Parteien waren die Unterschiede marginal. Bei den etwas jüngeren Älteren, also den 60 bis 70-Jährigen, waren die Unterschiede zum Gesamtergebnis deutlich geringer, aber auch in dieser Altersgruppe wählten etwas weniger die AfD (ein Prozentpunkt weniger als im Gesamtergebnis) und etwas mehr die SPD (vier Prozentpunkte mehr).
 
Stefan Merz vom Meinungs- und Wahlforschungsinstitut Infratest dimap bestätigt diesen Eindruck: "Unter älteren Wählerinnen und Wählern schneiden in der Regel SPD, CDU und CSU überdurchschnittlich ab, Grüne und AfD erzielen unter älteren Wählerinnen und Wählern dagegen zumeist schwächere Ergebnisse als unter jüngeren", sagte Merz. Dieses Muster gelte im Westen und Osten des Landes gleichermaßen. Zwar gebe es vereinzelte Wahlen, bei denen die Ergebnisse von dieser Tendenz abweichen "aber eine grundsätzliche Veränderung dieses Musters in den letzten Jahren können wir nicht feststellen", so der Experte.

Bundestagswahl 2025
Wahlergebnisse, Analysen, Umfragen und alle Nachrichten zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025 in Berlin und Brandenburg.mehr

Jüngste Brandenburger Wähler wandten sich von CDU und SPD ab

Bei den jüngsten Wählern dagegen sammelte die SPD in Brandenburg auf Landesebene deutlich weniger Stimmen ein als im Gesamtergebnis. Nur 19 Prozent der Jungen bis 25 wählten bei den Landtagswahlen Dietmar Woidke, zwölf Prozentpunkte weniger als im Gesamtergebnis. Auch die CDU verlor hier deutlich. Die AfD hingegen gewann leicht (zwei Prozentpunkte mehr), genauso die Linke (fünf Prozentpunkte mehr) und vor allem die "anderen" Parteien (elf statt drei Prozent). Ein großer Teil dieser Stimmen entfiel auf die Tierschutzpartei.
 
Ganz vergleichbar sind die Werte allerdings nicht mit denen bei Bundestagswahlen, immerhin liegt das Mindestwahlalter im Land bei 16 statt bei 18 Jahren, die Neuwähler sind also noch deutlich jünger als im Bund.

Auch in Berlin profitierten SPD und CDU von älteren Wählern

Bei der Wiederholungswahl in Berlin im Februar 2024 profitierten beide alteingesessenen Parteien von den Stimmen der Älteren. Die CDU um den jetzigen Bürgermeister Kai Wegner fuhr bei den 60- bis 70-Jährigen elf Prozentpunkte mehr ein als im Gesamtergebnis, bei den über 70-Jährigen sogar zwölf. Auch die SPD profitierte bei den Ü70-Wählern in einem ähnlichen Ausmaß.
 
Die großen Verlierer bei den älteren Wählern waren in der Hauptstadt die Grünen, mit über zwölf Prozentpunkten weniger als im Gesamtergebnis. Genau gegensätzlich war das Bild bei den jüngsten Wählern. In der Altersgruppe zwischen 18 und 24 Jahren wurde vor allem Grün und Links gewählt. Die Grünen mit 22 Prozent und die Linken mit 18 Prozent dominierten hier das Ergebnis. Die AfD konnte die jungen Menschen in Berlin nicht für sich mobilisieren, kam hier auf etwas weniger Prozentpunkte als im Gesamtergebnis. Die FDP dagegen punktete bei den jungen Wählern in der Großstadt.

In Berlin ist der demografische Wandel in den letzten Jahren allerdings weniger stark ausgeprägt als in Brandenburg. Während dort 2021 bereits 42 Prozent der Wählerinnen und Wähler zur ältesten Wählergruppe gehörten, waren es in der Hauptstadt nur etwa 36 Prozent. Die Hauptstadt hat damit auch im Vergleich zum bundesweiten Durchschnitt einen etwas geringeren Anteil an Ü60-Wählern.
 
Auch in Berlin ist die grundlegende Tendenz aber erkennbar: Der Anteil der älteren Wähler wuchs zuletzt. 2005 waren es noch rund 32 Prozent, ein Jahr zuvor 30 Prozent. Der Anteil der jüngeren Wahlberechtigten sinkt dagegen auch in Berlin.

Vergleiche zur letzten Wahl schwierig

Nach Einschätzung der Soziologin und Wahlforscherin Yvonne Schroth von der Forschungsgruppe Wahlen lassen sich aus dem Wahlverhalten der älteren Wähler bei den Bundestagswahlen 2021 allerdings kaum Parallelen zu den Wahlen in diesem Jahr ziehen. "Bei der Wahl 2021 gab es vier Wochen vor der Wahl eine Art Aufholjagd der SPD und die Union verlor an Zustimmung. Viele ältere Wähler:innen haben sich damals für Olaf Scholz und die SPD entschieden, statt für Armin Laschet und die Union."
 
Allerdings könne man grob sagen: "Tendenziell wählen die älteren Wählergruppen eher SPD und CDU." Gerade in der großstädtischen Struktur von Berlin sind SPD und CDU auf die Stimmen der älteren Wählerinnen und Wähler angewiesen.