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Brandenburg Berlin So lief der rbb24-Kandidatencheck zur Bundestagswahl
Migration und Mieten, Inflation oder der Krieg in der Ukraine: Kurz vor der Bundestagswahl haben sich sieben Spitzenpolitiker aus der Region den Fragen der Bürger gestellt. Auch das Heizungsgesetz der Ampel wurde kontrovers diskutiert.
Fünf Tage vor der Bundestagswahl haben sieben Vertreter von SPD, CDU, Grünen, FDP, AfD, Linken und BSW in der Sendung "rbb24 - Ihre Wahl: Der Kandidatencheck" über Themen wie Mieten, Energie und Inflation, Migration oder Bürokratie diskutiert.
Mit dabei waren:
- Maja Wallstein (SPD, Platz 2 der Landesliste Brandenburg)
- Jan-Marco Luczak (CDU, Spitzenkandidat Berlin)
- Michael Kellner (B'90/Grüne, Platz 2 der Landesliste Brandenburg)
- Linda Teuteberg (FDP, Spitzenkandidatin Brandenburg)
- Beatrix von Storch (AfD, Spitzenkandidatin Berlin)
- Gregor Gysi (Linke, Spitzenkandidat Berlin)
- Oliver Ruhnert (BSW, Spitzenkandidat Berlin)

Heizungsgesetz erstes Reizthema
Unter anderem ging es dabei um ein viel diskutiertes Thema der ablaufenden Legislaturperiode: das Heizungsgesetz der Ampel-Regierung.
Der Berliner Spitzenkandidat der CDU, Jan-Marco Luczak, kündigte an, seine Partei werde das Heizungsgesetz der Ampel "zurücknehmen". Es habe viele Menschen verunsichert, so Luczak. Auch dem Klima habe es nicht geholfen, weil sich Eigenheimbesitzer "auf den letzten Metern" Gas- oder Ölheizungen gekauft hätten. Auch die Brandenburger FDP-Spitzenkandidatin Linda Teuteberg kündigte an, das Gesetz abschaffen zu wollen. Die Berliner AfD-Spitzenkandidatin Beatrix von Storch äußerte, der Staat solle sich "raushalten".
Der Brandenburger Grünen-Politiker Michael Kellner dagegen verteidigte erwartungsgemäß das Gesetz, das maßgeblich vom Kanzlerkandidaten seiner Partei, Robert Habeck, vorangetrieben worden war. Es biete Förderung für Wärmepumpen und helfe so Eigenheimbesitzern. Die Kommunikation sei aber schlecht gewesen, gab Kellner zu. Der Linke-Spitzenkandidat Gregor Gysi sagte, wenn selbst der parlamentarische Staatssekretär aus dem Bundeswirtschaftsministerium (Kellner) sage, dass das Gesetz nicht gut gewesen sei, frage er sich, warum es eingebracht wurde. "Ich bin auch für freie Wahl, aber wenn das nicht geht, muss der Staat die Kosten übernehmen."
Auch der Berliner BSW-Spitzenkandidat Oliver Ruhnert äußerte sich für eine "freie Wahl bei der Heizungstechnologie" und nannte das Heizungsgesetz einen "Schuss in den Ofen". Die Brandenburger SPD-Politikerin Maja Wallstein sagte, Politik müsse Verantwortung übernehmen und unterstützen, zum Beispiel beim Einbau von Wärmepumpen. Das lohne sich letztendlich mehr für die Verbraucher.

Migrationspolitik beschäftigt die Runde lange
Ein Schwerpunkt der Sendung war das Thema Migration: die Integration von Geflüchteten, die mögliche Regulierung der Einwanderung und die Anwerbung von Fachkräften für den Arbeitsmarkt. CDU-Kandidat Luczak sagte, man sehe in großen Städten wie Berlin, dass die "Integrationskraft des Landes erschöpft" sei. Zwar brauche Deutschland Zuwanderung - 400.000 Arbeitskräfte pro Jahr. Um aber die Integration in den Arbeitsmarkt zu schaffen und auch diejenigen zu integrieren, die vor dem Krieg oder Gewalt nach Deutschland fliehen, halte er es für notwendig, eine "Atempause", einen Stopp der "illegalen Migration" einzulegen.
Auch Linda Teuteberg von der FDP sprach sich für eine gesteuerte Fachkräftezuwanderung aus. Zu unterscheiden sei aber zwischen dieser und "illegaler Migration". Der Status quo überfordere das Land, sie wolle sich deshalb dafür einsetzen, den Zuzug zu begrenzen, auch mit Zurückweisungen und einem Aussetzen des Familiennachzugs.
Grünen-Politiker Kellner sagte, Integration könne nur über Arbeit gelingen. Er setzte sich für eine geregelte und gesteuerte Einwanderung ein und wolle dabei den bisherigen Weg der Europäischen Union fortsetzen. Oliver Ruhnert vom BSW sprach sich für ein Asylrecht für Menschen aus, die vor Kriegen fliehen - "ohne Wenn und Aber". Da müsse man sich an das Grundgesetz halten, so Ruhnert. Die Menschen, die in Deutschland seien, müssten "schnellstmöglich" integriert und in Arbeit gebracht werden.
Beatrix von Storch von der AfD sagte, Menschen, die die Sprache könnten, eine Ausbildung und einen Arbeitsplatz hätten, bei denen "kann man darüber diskutieren", ob sie bleiben dürften. Flüchtlinge wolle sie allerdings nicht ingetrieren, die seien "nur auf Zeit hier", so von Storch. Man könne nicht mit dem Argument Asyl nach Deutschland kommen und dann arbeiten wollen.
Die SPD-Politikerin Maja Wallstein verwies darauf, dass es nicht zu wenige Regeln bei der Migration gebe, sondern ein Problem bei der Durchsetzung selbiger. Der Rechtsstaat müsse funktionieren. Man dürfe allerdings nicht Dinge vermischen, sagte sie in Bezug auf die AfD, die mit ihren Anträgen auch Menschen bedrohe, die bereits in Deutschland leben würden. "Das kann ich überhaupt nicht verstehen", so Wallstein.
Linken-Kandidat Gysi sagte, seine Partei wolle Migration begrenzen, indem die Ursachen für Flucht bekämpft werden. Als Beispiel nannte er den russischen Krieg gegen die Ukraine: Würde dort ein Waffenstillstand erreicht, so könnten die ukrainischen Geflüchteten in ihr Heimatland zurückkehren. Gleiches gelte für Syrien, sollten dort stabile Verhältnisse herrschen.
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Deutliche Unterschiede bei Bekämpfung von Inflation
Ein weiterer großer Schwerpunkt der Sendung war das Thema finanzielle Entlastung für Bürgerinnen und Bürger. Es ging um bezahlbaren Wohnraum in Innenstädten, gestiegene Energiekosten und gerechtere Steuern.
Linken-Kandidat Gysi sagte zu dem Kernthema seiner Partei, er schlage vor, die Mieten zunächst für sechs Jahre festzuschreiben. Die Politik müsse zudem Kosten übernehmen, beispielsweise, wenn sie sich entscheide, auf russisches Gas zu verzichten. Die Real-Renten und -Löhne seien gesunken und gleichzeitig die Vermögen der Reichen gestiegen. Er forderte deshalb, vor allem Superreiche stärker zu besteuern. Während eine Mittelstandsfamilie rund 44 Prozent Steuern zahlen müsse, würden bei Milliardären nur rund 26 Prozent aller Einnahmen besteuert.
Die SPD-Kandidatin Wallstein verwies auf den erhöhten Mindestlohn. Auch ihre Partei habe den Plan, Reiche stärker zu besteuern, und wolle zudem die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auf fünf Prozent senken. So könnte ein Großteil der Menschen entlastet werden. Auch die Strompreise wolle sie senken, über den Ausbau von Leitungen und das Absenken der Netzentgelte. Bei den Kosten für Kitas, Schulen und Pflege müsste die Politik ebenfalls eingreifen, so Wallstein.
BSW-Kandidat Ruhnert forderte eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro. Die Politik müsse eingreifen, um Löhne zu erhöhen und Mieten zu senken. Auch die Wirtschaftssanktionen gegen Russland kritisierte er. Kurzfristig könne man die Energiepreise nur ändern, indem wieder günstiges Öl und Gas eingekauft würden.
Beatrix von Storch sagte, die AfD wolle den Grundsteuerfreibetrag auf 15.000 Euro erhöhen. Das würde bei denen ansetzen, die wenig hätten. Auch diejenigen, die arbeiten, würden in Deutschland viel zu hoch belastet von Steuern. Bei den Mieten müsse das Angebot steigen, das gehe nicht über Enteignungen oder ähnliches. Die Stromkosten wolle sie durch mehr Angebot im Energiemix senken. Dafür brauche man russisches Gas, Kohle und Kernkraft.

CDU zieht Kernkraft in Betracht, Grüne wollen erneuerbare Energien
CDU-Kandidat Luczak sprach sich gegen eine stärkere Besteuerung von Reichen aus. Seiner Meinung nach treffe das auch Handwerksbetriebe und Freiberufler. Die CDU wolle stattdessen die Menschen vor allem bei den Energiekosten entlasten. Dafür sollen die Stromsteuer und die Netzkosten gesenkt werden. Auch die Wiedereinführung der Kernenergie sei für ihn vorstellbar. In der Mietpolitik wolle die CDU "soziale Leitplanken im Mietrecht" - wie genau die aussehen, sagte er aber nicht, nur, dass der Mietendeckel nicht geholfen habe. Er forderte stattdessen eine Erleichterung von Neubauten - sowohl bei den Kosten als auch bei den bürokratischen Auflagen.
Auch die FDP-Kandidatin Teuteberg sprach sich für ein Absenken der Strom- und Energiesteuer aus, ebenso für Erleichterungen für Wohnungsneubau. Wohnen werde nicht durch Verbote, sondern durch Angebot bezahlbar. Es gelte, Menschen und Betriebe zu entlasten, unter anderem, indem man den Grundfreibetrag erhöhe. Zudem sei ein Abbau von Bürokratie für Unternehmen notwendig - man brauche Wertschöpfung und nicht nur Verteilung, um die Inflation zu bekämpfen.
Michael Kellner von den Grünen dagegen setzte sich für eine Verlängerung und Ausweitung der Mietpreisbremse ein, zudem für eine Steuerreform, die die geringen Einkommen entlaste und für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Das sei deutlich günstiger als die von CDU und AfD geforderte Rückkehr zur Kernenergie. Um gleichzeitig in viele Bereiche zu investieren, forderte er, die Schuldenbremse auszusetzen.
Letzteres forderte auch BSW-Kandidat Ruhnert. Luczak entgegnete dem, die Schuldenbremse sei nicht das Problem, die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP sei vielmehr an falschen Prioritäten gescheitert. So seien zu viele Ausgaben ins Bürgergeld, die Migration und in Subventionen geflossen.
Die Politikerinnen und Politiker für den rbb-Kandidatencheck wurden danach ausgewählt, ob ihre Partei bereits im Bundestag vertreten oder anhand aktueller Umfragen absehbar ist, dass sie in den Bundestag einziehen könnte.
Moderiert wurde die Debatte von Sascha Hingst und Andrea Vannahme.