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Brandenburg Berlin Mehr Ausreisepflichtige als Abschiebungen - Brandenburg plant weitere Ausreisezentren
Die Lücke zwischen den vollziehbar ausreisepflichtigen Personen und den tatsächlich Abgeschobenen ist groß. Berlin und Brandenburg wollen sie verkleinern, mehr Menschen in ihre Heimat "zurückführen". Von Olaf Sundermeyer, rbb24 Recherche Die Doku "Abschung Impossible" wird 20:15 Uhr im rbb Fernsehen ausgestrahlt und ist in den Mediatheken abrufbar.
Das Versprechen der neuen Brandenburger Landesregierung aus SPD und BSW ist eindeutig: Nach Möglichkeit sollen künftig mehr Menschen "rückgeführt" werden, wie es im Behördenjargon heißt. Also mehr Abschiebungen und mehr freiwillige Ausreisen, auf die man in Brandenburg zuletzt schwerpunktmäßig gesetzt hat.
Im aktuellen Koalitionsvertrag liest sich das so: "Wir erkennen Handlungsbedarf zur Begrenzung und besseren Steuerung von Migration. Deswegen unterstützt Brandenburg alle geeigneten und rechtssicheren Maßnahmen zur Eindämmung, Verhinderung und Zurückweisung von illegaler und irregulärer Migration."

Zahl der Abschiebungen und Ausreisen in Brandenburg leicht rückläufig
Aktuell leben in Brandenburg nach Auskunft der "Zentralen Ausländerbehörde Brandenburg" (ZABH) rund 4.300 so genannter "vollziehbar ausreisepflichtiger" Personen, von denen die meisten allerdings geduldet sind. Vollziehbar ausreisepflichtig sind diejenigen, deren Asylantrag abgelehnt wurde und die auch sonst keinen Anspruch auf Schutz als Flüchtlinge haben.
Im Jahr 2024 wurden 233 Personen abgeschoben (2023: 272), 722 entschieden sich, freiwillig auszureisen (2023: 514). Doch der Gesamtzahl von 955 so genannter "Rückführungen" stehen nach Informationen von rbb24 Recherche im selben Jahr 349 Wiedereinreisen gegenüber (36,5 Prozent).
Warum es dieses Missverhältnis zwischen Ausreisepflichtigen und Rückführungen gibt, erklärt Olaf Jansen, der Leiter der ZABH, im rbb-Interview: "Wenn ein Herkunftsland, in das abgeschoben werden soll, die Leute nicht zurücknimmt, wie zum Beispiel aktuell Russland, oder auch das Ausstellen von neuen Papieren verweigert, wie der Iran oder viele afrikanische Staaten, dann ist eine Abschiebung nicht möglich." Deshalb gebe es in der Folge so viele Geduldete in Deutschland, die nicht abgeschoben werden können.
Daten über Wiedereinreise nach Dublin-Abschiebungen fehlen
Bundesweit gab es Ende 2024 nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 220.808 ausreisepflichtige Personen, von denen 178.512 einen Duldungsstatus hatten. Abgeschoben haben die Bundesländer im vergangenen Jahr 19.729 Personen, wie eine Abfrage von rbb24 Recherche ergab. Darunter waren 3.865 Personen (19,6 Prozent), die nach dem so genannten "Dublin-Verfahren" in die EU-Staaten "rückgeführt" wurden, in denen sie vor der Einreise nach Deutschland bereits einen Asylantrag gestellt hatten.
Doch allein in Brandenburg kehren rund 72 Prozent dieser Fälle nach vier Wochen wieder ins Land zurück. Andere Bundesländer erklärten auf eine rbb-Anfrage, dass derartige Fälle statistisch nicht erfasst würden. Auch deshalb ist die Zahl der Wiedereinreisen nach Dublin-Abschiebungen in Deutschland bislang nicht zu ermitteln.
Berlin schiebt mehr ab
In Berlin hat die Zahl der Abschiebungen unter dem schwarz-rot geführten Senat von Kai Wegner deutlich zugenommen (2023: 1370, 2024: 1290). Unter der rot-rot-grünen Vorgängerregierung waren es deutlich weniger, also im Jahr 2022: 897 und im Jahr 2021: 1005.
Erschwert werden Abschiebungen bislang auch dadurch, dass es in beiden Bundesländern keine Plätze für Abschiebehaft gibt, weil das bislang politisch nicht gewollt wurde. Die Konsequenz: Abzuschiebende, die hier festgenommen werden, müssen in vielen Fällen bis zu ihrer tatsächlichen Abschiebung in Abschiebehaftanstalten in andere Bundesländer gebracht werden, etwa nach Dresden (Sachsen), Hof (Bayern), Büren (NRW) oder nach Ingelheim (Rheinland-Pfalz). Das bindet Personal bei den Ausländerbehörden und der jeweiligen Landespolizei.

Brandenburg setzt auf freiwillige Ausreise
Auch deshalb gilt die freiwillige Ausreise bei der ZABH als vorrangiges Ziel. Sie erfolgt ohne Zwang, ist weniger kostenintensiv und bindet vor allem viel weniger Personal. Besonders geschulte Sozialarbeiter versuchen durch eine aufsuchende Beratung, vollziehbar Ausreisepflichtige von einer freiwilligen Ausreise zu überzeugen: in Flüchtlingsunterkünften ebenso wie in Justizvollzugsanstalten. Straftäter werden bei der Rückführung priorisiert.
Um diesen Weg der Rückführung zu intensivieren, plant das Land Brandenburg drei Ausreisezentren, in denen ausschließlich vollziehbar Ausreisepflichtige untergebracht und auf eine freiwillige Ausreise vorbereitet werden sollen. Neben dem geplanten Standort in Küstrin-Kietz (Märkisch-Oderland), der seit dem vergangenen Jahr öffentlich bekannt ist, sind nach Informationen von rbb24 Recherche weitere Ausreisezentren in der Prignitz und in der Lausitz geplant.
Für das an einem Standort in Schönefeld (Dahme-Spreewald) neben dem Flughafen BER geplante Behördenzentrum für die Ein- und Ausreise, in dem auch Rückführungen organisiert werden sollen, soll noch in diesem Jahr der Baustart erfolgen.
Nach Informationen von rbb24 Recherche wird mit der Grundsteinlegung für das Behördenzentrums im Frühjahr gerechnet. Dort sollen dann Ausländerbehörden, die Landespolizeien von Berlin und Brandenburg, die Bundespolizei sowie das Mitarbeiter des Bamf zusammenarbeiten. Auch das zuständige Amtsgericht aus König Wusterhausen, das im Zweifel über ein Abschiebegewahrsam entscheiden muss, soll dort einen Platz haben. Den Betrieb wird die ZABH übernehmen, die bereits in einem Objekt nebenan die so genannte "Ausreisesammelstelle" unterhält, in der einzelne Personen unmittelbar auf ihre Rückführung vorbereitet werden.
Sendung: rbb Fernsehen, 12.02.2025, 20.15 Uhr