
Brandenburg Berlin Was die starken Temperaturschwankungen mit Flora und Fauna machen
Die derzeitige Achterbahn in Sachen Temperatur hat auch Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt in der Region. Zum jetzigen Zeitpunkt richtet sie aber noch nicht wirklich viel Schaden an. Das kann sich aber noch ändern, sagt Björn Elling vom Nabu.
rbb|24: Hallo Herr Ellner. Bis zu minus 15 Grad ist es in Brandenburg nachts derzeit. Ab dem Wochenende dann aber frühlingshafte zweistellige Temperaturen. Ist das ein besonders ungewöhnlicher und krasser Wechsel?
Björn Ellner: Das ist auf jeden Fall ein ungewöhnlich krasser Wechsel. Wir beobachten, dass das in den letzten Jahren häufiger vorkommt. Also dass es kaum noch Übergänge gibt, sondern man aus dem tiefsten Winter auf einmal in frühlingswarmem oder sogar im Extremfall in fast frühsommerlichem Wetter landet. Das ein klimawandelbedingter Effekt.
Gibt es Stellen in Flora und Fauna, an denen dieser Wechsel jetzt für besondere Probleme sorgt?
Momentan halten sich die Probleme in Grenzen. Denn der Frühling steckt in den Startlöchern, hat aber noch nicht so richtig begonnen. Die Amphibienwanderung hat in Brandenburg allerdings schon im Januar begonnen. Das ist extrem früh. Doch für die Amphibien ist es nicht weiter dramatisch, denn sie sind jetzt noch einmal in ihre Winterstarre zurückgefallen.
Wenn das Ganze etwas später im Jahr passiert und es dann noch einmal kalt wird, wäre das problematischer. Denn dann wären Laubaustrieb oder Blüten schon entsprechend weiter vorangeschritten – und da wären die Schäden sicherlich deutlich größer als jetzt.
Die ersten Frühblüher, die schon da sind, also Schneeglöckchen und Winterlinge, kommen derzeit klar. Es ist im Prinzip rechtzeitig noch einmal richtig knackig kalt geworden.
Wenn es nach der warmen Periode, die wir in den nächsten Tagen erwarten, nochmal richtig kalt wird, kann das ganz anders aussehen.
Ist die Natur schlauer als wir denken und hält, wenn es zu früh zu warm wird, erstmal still?
Das hängt von der jeweiligen Art ab. Es gibt viele Arten, die temperaturgesteuert sind – bei denen läuft das Programm dann einfach ab. Unabhängig davon, ob es im Januar warm wird oder im März. Und es gibt Arten, die lichtabhängig sind. Da ist die Sonnenscheindauer relevant. Bei ihnen hat die Temperatur weniger Einfluss und sie richten sich dann eher nach der eigentlichen Jahreszeit im Kalender.
Man hat es, glaube ich, in den letzten Jahren auch gesehen, dass die Vegetationszeit sich verlängert. Der Laubaustrieb und die Blüte kommen früher. Wir hatten in den letzten Jahren ja auch erhebliche Frostschäden, weil es eben als die Natur schon entsprechend weit vorangeschritten war, doch noch einmal kalt wurde.

Eine Frau begutachtet einen Zweig mit erfrorenen Kirschblüten.
Bei der Obstblüte gibt es keine zweite Runde – wie ist das beispielsweise bei Vögeln für den Fall, dass die Brut erfriert. Brüten sie dann einfach noch mal?
Auch da kommt es auf die Art an. Es gibt Vogelarten, die regelmäßig zwei oder sogar drei Mal brüten. Meisen beispielsweise. Doch je größer die Art, desto seltener ist die Brut, kann man vereinfacht sagen. Greifvögel oder Kraniche beispielsweise brüten nur einmal im Jahr. Wenn die Brut ausfällt, ist für den Vogel das ganze Jahr verloren. Im Moment ist das noch kein Problem, aber wenn es später im Jahr noch einmal länger richtig kalt wird oder nasskalt – das ist für Vögel auch schlecht – wird, ist die Gefahr groß, dass die Eier auskühlen oder die Eltern-Tiere zu wenig Reserven haben, um auf Nahrungssuche zu gehen.
Sie sagten, dazu müsste es länger eis- oder nasskalt sein. Von welchem Zeitraum sprechen wir da?
Für Störche beispielsweise ist es ein Problem, wenn das Frühjahr nasskalt ist. Da geht es um Zeiträume von mehreren Wochen. Gerade Jungvögel, die dann ein nasses Gefieder bekommen und sich nicht richtig aufwärmen können, können dann erfrieren.
Momentan halten sich die Probleme in Grenzen. Denn der Frühling steckt in den Startlöchern, hat aber noch nicht so richtig begonnen
Wie schnell fangen Bäume denn bei frühlingshaftem Wetter an auszutreiben und zu blühen?
Das ist auch von Art zu Art unterschiedlich. Die ersten Baumarten wie Strauchhasel und Erle blühen ja schon. Entsprechend hoch ist auch die Pollenbelastung, wenn die Sonne scheint. Für diese Baumarten ist es allerdings nicht dramatisch, wenn es noch einmal kalt wird. Das würde es erst, wenn der Laubaustrieb begonnen hat. So weit sind wir aber noch nicht. Wann das losgeht, hängt auch von der Baumart ab. Wir haben Bäume, die relativ früh dran sind – und es gibt Bäume wie die Esche beispielsweise, die erst im Mai ihren Laubaustrieb beginnt. Während alle anderen Baumarten schon voll im Laub stehen.

Drei Jungstörche in einem Nest. Viel Regen macht Weißstörchen schwer zu schaffen.
Sie haben eingangs gesagt, dass es diese Temperaturschwankungen, wie wir sie jetzt erleben, gibt, liegt auch am Klimawandel. Welche Maßnahmen empfiehlt der Nabu Gartenbesitzern, um Tiere und Pflanzen bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen?
Wenn man empfindliche Pflanzen hat, kann man diese auf jeden Fall abdecken, um sie vor starkem Frost zu schützen. Bei beispielsweise Magnolien, die zeitig blühen, ist es – wenn die Blüte schon losgegangen ist – schwierig. Sie sind sehr frostempfindlich. Da kann man dann nur versuchen, sie mit Tüchern oder Frostschutzsäcken abzudecken.
Für die Tierwelt kann man auch etwas tun. Beispielsweise kann man die Singvögel füttern, damit sie besser durch den Winter kommen und die nahrungsarme Zeit gut überstehen. Am besten ist da eine energiereiche Mischung aus Körnern und Insekten, sodass für verschiedene Arten was dabei ist.
Außerdem kann man gute Rahmenbedingungen schaffen oder bewusst erhalten. Beispielsweise für Igel, indem man wilde Ecken im Garten lässt, wo das Laub auch über den Winter liegen darf. Das sollte man auch nicht zu zeitig aufräumen, damit es – wenn es noch einmal kalt wird – den Tieren den entsprechenden Unterschlupf bietet.
Gibt es Ihrerseits auf der Bundesebene politische Forderungen, um die negativen Folgen des Klimawandels für die heimische Natur abzumildern?
Grundsätzlich ja. Wir haben ja auf Bundesebene ein Klimaschutzgesetz und wir haben uns auch zum Pariser Abkommen verständigt, das das 1,5-Grad-Ziel formuliert. In der Praxis muss man aber leider feststellen – wenn man den Wissenschaftlern zuhört – dass wir dabei sind, das Ziel zu verfehlen. Momentan fehlt es an wirksamen Instrumenten, um spürbar vorwärtszukommen. Insbesondere im Gebäude- und Verkehrssektor machen wir kaum Fortschritte. Das bereitet uns große Sorgen.

Haben Sie eine Vermutung, woran das liegt? Sind andere Themen im Moment politisch wichtiger?
Das spielt mit Sicherheit eine Rolle. Aber es spielt auch eine Rolle, dass es mit Kosten verbunden ist. Es ist nicht einfach, die Transformation der Gesellschaft zu einem klimaneutralen Leben hinzubekommen. Wir beobachten, dass der Druck, spürbare Fortschritte zu machen, nachlässt. Und wahrscheinlich wird das auch nach der Bundestagswahl noch stärker so sein.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Sabine Priess, rbb|24
Sendung: rbb24 Abendschau, 18.02.2025, 19:30 Uhr