
Umstrittene Entscheidung in Israel Netanjahu nominiert neuen Chef für Inlandsgeheimdienst
Obwohl Tausende gegen die Entscheidung auf die Straße gingen und das Oberste Gericht die Absetzung des Schin-Bet-Chefs Bar ausgesetzt hat: Israels Premier Netanjahu hat sich auf einen Nachfolger festgelegt.
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu will Vizeadmiral Eli Scharvit zum neuen Chef des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet machen. Scharvit ist ein Ex-Kommandant bei der Marine. Nach ausführlichen Gesprächen mit sieben qualifizierten Kandidaten habe sich Netanjahu festgelegt, erklärte sein Büro. Scharvits Kandidatur werde nun von einem Ausschuss geprüft, bevor die Entscheidung dem Kabinett vorgelegt werde.
Scharvit soll Nachfolger von Ronen Bar werden, den die israelische Regierung in einem umstrittenen Schritt abgesetzt hatte. Es war laut Medien das erste Mal in Israels Geschichte, dass die Regierung den Leiter des Schin Bet entlässt.
Der Vorgang ist äußerst heikel: Bars Entlassung wurde vom Obersten Gerichtshof des Landes auf Eis gelegt. Das Gericht will sich bis zum 8. April mit mehreren Einsprüchen gegen Bars Entlassung befassen. Laut der Zeitung Times of Israel hat das Gericht erlaubt, Bewerbungsgespräche mit Nachfolgern zu führen.
Netanjahu: Kein Vertrauen mehr zu Bar
Mit Blick auf den als Nachfolger ausgewählten Scharvit betonte Netanjahus Büro dessen militärische Erfahrung: Er habe 36 Jahre lang gedient, davon fünf Jahre als Marinekommandeur.
Netanjahu hatte die Entlassung Bars mit einem "fortwährenden Misstrauen" gegenüber dem Geheimdienstchef und dem Versagen des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet beim Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 begründet. Kritiker Netanjahus werfen ihm vor, mit der Entlassung von seiner eigenen Verantwortung und dem Schicksal der im Gazastreifen verbliebenen Geiseln ablenken zu wollen.
Entlassung aus politischer Motivation?
Netanjahu hatte Bar zudem unerlaubte Ermittlungen gegen den Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, vorgeworfen. Er habe die Untersuchung nicht autorisiert. Zuvor hatte der israelische Sender Channel 12 berichtet, Bar habe monatelang Beweise über eine Infiltration der Polizei durch Rechtsextreme und Ben Gvirs Rolle darin gesammelt.
Bar bezeichnete die Entscheidung dagegen als politisch motiviert. Die Beziehungen zwischen den beiden galten seit Längerem als belastet. Der Schin Bet ermittelt unter anderem gegen Vertraute Netanjahus wegen angeblicher Beziehungen zu Katar. Das Golfemirat gehört neben Ägypten und den USA zu den Unterhändlern bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas, gilt aber auch als Unterstützer der Terrororganisation.
Auch Justizreform in der Kritik
Die Entlassung Bars hatte für große Proteste in dem Land gesorgt. Dabei ging es auch um das Amtsenthebungsverfahren gegen die Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, die als vehemente Verfechterin der Unabhängigkeit der Justiz und als scharfe Kritikerin des Premiers gilt. Den von Netanjahu angestrebten Umbau der Justiz hat sie als "illegal" bezeichnet, die Entscheidung zur Entlassung des Geheimdienstchefs nannte sie "beispiellos".