
Erstmals nach Assad-Sturz Chemiewaffen-Kontrolleure in Syrien eingetroffen
Ein Team der Kontrollbehörde OPCW ist in Syrien eingetroffen. Es will klären, ob sich noch verbotene Chemiewaffen im Land befinden - und wer sie unter Diktator Assad eingesetzt hat. Die Organisation sieht in ihrem Besuch einen "Durchbruch".
Erstmals seit dem Sturz von Langzeitherrscher Baschar al-Assad im Dezember ist ein Team der Chemiewaffen-Kontrollbehörde (OPCW) in Syrien eingetroffen. Es wurde in Damaskus vom Übergangspräsidenten Ahmed al-Scharaa und Außenminister Assad al-Schaibani empfangen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete.
OPCW sieht "Durchbruch"
Die Kontrollbehörde mit Sitz in Den Haag sprach von einem Durchbruch und einem Neuanfang im Bemühen, syrische Chemiewaffen zu vernichten. Es seien lange, produktive und sehr offene Gespräche gewesen. Sie bildeten "eine Grundlage, um tastbare Ergebnisse" zu erreichen.
"Dieser Besuch markiert einen Reset", sagte OPCW-Generaldirektor Fernando Arias. "Nach elf Jahren Blockade durch die vorigen Behörden haben die geschäftsführenden syrischen Behörden nun die Chance, einen Neuanfang zu machen und den syrischen Verpflichtungen aus der Konvention nachzukommen.
Seit dem Sturz Assads fungiert die katarische Botschaft in Den Haag als Vermittler zwischen der neuen Führung in Damaskus und der OPCW. Ein regierungsnaher syrischer TV-Sender hatte zuvor berichtet, die OPCW wolle auch Parteien und Personen identifizieren, die Chemiewaffen in dem Land eingesetzt hätten.
Erhebliche Mengen chemischer Waffen nicht erfasst
Im Dezember hatte die OPCW ihre Sorge über Gefahren durch große Bestände von Chemiewaffen und Produktionsanlagen in Syrien geäußert. Es sei nicht bekannt, wo die Waffen gelagert seien oder hergestellt würden, warnte sie. "Erhebliche Mengen chemischer Waffen" seien nicht erfasst worden, hieß es damals.
Syrien behinderte Inspektionen
Unter starkem internationalen Druck war Syrien 2013 der Chemiewaffenkonvention beigetreten. Das Land verpflichtete sich damit, alle Bestände der verbotenen Waffen und Produktionsanlagen zu melden. Diese sollten dann vernichtet werden; den Einsatz solcher Waffen hatte Assad stets bestritten.
Syrien meldete daraufhin nach Angaben der OPCW rund 1.300 Tonnen verbotener Chemiewaffen, die in der Folge zerstört worden sein sollen. Doch Zweifel an den Angaben blieben. Nach Angaben der OPCW behinderte Syrien gut elf Jahre lang die Arbeit der Inspektoren.
Dutzende Angriffe mit Chemiewaffen
Seit Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 gab es Dutzende Angriffe mit Chemiewaffen, darunter auch mit Sarin und Senfgas. Die OPCW stellte mehrfach fest, dass die syrische Luftwaffe für Bombardierungen mit Sarin- und Chlorgas verantwortlich war.
Im vergangenen Jahr stellte die Organisation außerdem fest, dass die Gruppe Islamischer Staat Senfgas gegen die Stadt Marea eingesetzt hatte.