Bundestagswahl 2025

Heidi Reichinnek (3. von links) und Jan van Aken (4. von links) freuen sich bei der Party der Linken über das Wahlergebnis.
analyse

Wahlerfolg der Linken Ein unerwarteter Freudentaumel

Stand: 24.02.2025 19:27 Uhr

Die Linke ist der Überraschungssieger dieser Bundestagswahl. Die Partei punktete mit einer neuen Ansprechhaltung vor allem bei jungen Frauen und Erstwählern. Ihr bester Wahlhelfer war allerdings Friedrich Merz.

Von Kerstin Palzer, ARD-Hauptstadtstudio

Die Linke befindet sich im Freudentaumel. Das ist einerseits verständlich, denn kaum jemand - die Parteimitglieder selbst eingeschlossen - glaubte noch vor wenigen Monaten daran, dass die Linke es überhaupt in den Bundestag schaffen würde. Und jetzt sind es 8,8 Prozent geworden. Die Linke ist damit der Überraschungssieger dieser Wahl.

Andererseits steht die Partei jetzt vor zwei großen Aufgaben: Erstens, eine deutlich vergrößerte Fraktion, die zum Teil aus politisch unerfahrenen Neu-Abgeordneten besteht, muss schnell für die parlamentarische Arbeit fit gemacht werden. Und zweitens, darf die Partei sich im Kampf um Posten und Funktionen nicht im innerparteilichen Streit zerlegen.

Stärkste Partei bei Erstwählern

Und streiten, das können sie bei den Linken bekanntlich. Als im Oktober die "Mission Silberlocke" von Gregor Gysi präsentiert wurde, da wurden die drei älteren Herren, die mit drei Direktmandaten den Einzug der Linken in den Bundestag absichern wollten, noch belächelt. Ein PR-Gag, ein letzter Strohhalm. Und da murrten auch einige, denn die Linke ist jünger und weiblicher geworden. Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch stehen nicht repräsentativ für diese neue Linke.

Innerhalb des Wahlkampfes zeigte sich dieser Trend noch mehr. Das Durchschnittsalter der neu eingetretenen Linken liegt bei 28. Bei den jüngeren Frauen in Städten kam die Linke bei der gestrigen Wahl auf 35 Prozent, die Linke ist die stärkste Partei bei den Erstwählern.

Reichinnek prägte den Wahlkampf

Das ist vor allem der Erfolg von Spitzenkandidatin und Shooting-Star Heidi Reichinnek. Sie hat diesen Wahlkampf geprägt, war auf Social-Media-Kanälen sehr präsent, hat Menschen unter 30 in den Städten, insbesondere unter Studierenden, überzeugt. Von den drei Silberlocken haben Gysi und Ramelow ihre Direktmandate gewonnen, dazu kamen aber noch drei weitere Berliner Bezirke - erstmals auch in West-Berlin - und eines in Leipzig.

Und das hatte nichts mit dem Promi-Aspekt der Silberlocken zu tun, das war eine neue Ansprechhaltung der Linken. Man fokussierte sich auf hohe Mieten und hohe Preise und hörte auf, sich zu streiten. Das hätte die Linke auch schon vor Jahren machen können, hat sie aber nicht.

Merz war der beste Wahlhelfer

Der beste Wahlhelfer der Linken in diesem Wahlkampf allerdings war Friedrich Merz. Dass die Union kurz vor der Bundestagswahl gemeinsam mit der AfD abgestimmt hat, hat viele Menschen mobilisiert, die sich als links verstehen. Außerdem hat die Linke als einzige Partei, die sich nicht für eine schärfere Begrenzung der Migration ausspricht, ein inhaltliches Angebot für alle gemacht, die dem Rechtsruck in Deutschland ein politisches Stopp-Schild vorhalten wollten. Das war wohl auch der Grund dafür, dass viele Wähler von den Grünen zur Linken gewechselt sind.

Jetzt steht die Linke vor der Herausforderung, dass sie zwar wieder im Bundestag ist, aber als kleine Oppositionspartei kaum Möglichkeiten hat, die ganz praktischen Probleme ihrer Unterstützer bei zu hohen Mietkosten, fehlenden Wohnungen und zu hohen Preisen im Supermarkt zu lösen. Die Erwartungen sind hoch und es ist noch offen, wer sich in den Führungsposten durchsetzen wird: die alten Erfahrenen oder die jungen Wilden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. Februar 2025 um 12:00 Uhr.