
Nach Aussagen von BAMF-Chef Faeser weist Vorstoß zu Asylpolitik zurück
Der Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Sommer, hat das individuelle Asylrecht infrage gestellt. Innenministerin Faeser will aber am Grundrecht auf Asyl festhalten - und erteilte Sommers Ideen eine deutliche Absage.
Innenministerin Nancy Faeser will am Grundrecht auf Asyl in Deutschland festhalten. Sie wies damit einen Vorstoß vom Präsidenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Hans-Eckhard Sommer, zurück.
Sommer hatte sich für ein grundlegend anderes System für die Flüchtlingsaufnahme in Europa ausgesprochen. Faeser hielt mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen dagegen: "Das Asylrecht steht für die SPD nicht zur Disposition."
Bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hatte Sommer gesagt, es sei falsch, am individuellen Asylrecht festzuhalten und auf positive Effekte der beschlossenen Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) zu hoffen.
Sommer: Humanitäre Aufnahmen statt Asylanspruch
Sinnvoller wäre es nach Sommers Worten, das aktuelle System durch humanitäre Aufnahmen "in beachtlicher Höhe" zu ersetzen. Mit dieser Umstellung müssten jeglicher Anspruch auf Asyl und sonstige Schutzrechte entfallen, so Sommer.
Faeser widersprach: Humanitäre Aufnahmeprogramme seien "kein wirksames alleiniges Mittel, weil sie dadurch natürlich die Migration und Kriegsflüchtlinge ja nicht wegbekommen". Deswegen mache das so auch kein anderes Land.
BAMF-Chef will festgelegte Zahl
Nach Sommers Idee wäre die Zahl der Menschen festzulegen, die die Europäische Union jährlich aufnähme, ebenso wie die Staaten auszuwählen wären, aus denen Menschen aufgenommen würden. Faeser erwiderte auf diesen Vorschlag, Schleuser würden aber nicht aufhören, Menschen nach Europa zu bringen, nur weil es zahlenmäßige Beschränkungen gebe.
Neben humanitären Gesichtspunkten könnte Sommer zufolge auch die Integrationsfähigkeit des Arbeitsmarktes eine Rolle spielen. Als Vorbild diene etwa Kanada. Wer dennoch unerlaubt nach Deutschland einreise, hätte dann keine Aussicht mehr auf ein Bleiberecht. Die von einigen Politikern vorgeschlagene Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten ist aus Sicht von Sommer "keine realistische Option" zur Migrationsbegrenzung.
Faeser betont SPD-Forderungen in Verhandlungen
Sommer war unter anderem Büroleiter des ehemaligen CSU-Chefs Edmund Stoiber. Er wurde 2018 vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zum BAMF-Chef gemacht.
CDU/CSU dringen in den laufenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD darauf, auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen abweisen zu können, um die irreguläre Migration zu reduzieren. Während CDU/CSU die europäischen Nachbarn nur in Kenntnis setzen wollen, beharrt die SPD darauf, dass eine Zustimmung zur Aufnahme der abgewiesenen Menschen vorliegen muss.
Faeser bekräftigte diese Haltung der SPD noch einmal - und verwies auf Daten aus der Zeit der Ampelkoalition: So sei die Zahl der Asylbewerber innerhalb der vergangenen zwei Jahre um 50 Prozent zurückgegangen. Zudem habe die Zahl der Rückführungen um 55 Prozent zugenommen.
Sommer erklärte den Rückgang der Erstanträge um 30 Prozent in seinem Vortrag damit, dass Serbien im November 2023 die Route nach Ungarn faktisch gesperrt habe.

Hans-Eckhard Sommer ist Jurist und Mitglied der CSU.
BAMF-Chef fordert Abkehr von alten Denkmustern
"Politik kann vieles, wenn sie nur will", sagte Sommer auf die Frage einer Teilnehmerin zur Umsetzbarkeit seines Vorschlags. Schließlich hätten sich zuletzt auch die Mehrheitsverhältnisse auf europäischer Ebene geändert.
Man müsse sich "aus alten Denkschemata befreien", forderte Sommer. Mit Blick auf den Aufstieg populistischer und rechtsextremer Parteien in Europa dürfe man nicht ausblenden, dass der demokratische Rechtsstaat "an diesem Thema auch zugrunde gehen kann".
Sommer betonte "persönliche Einschätzung"
Sommer betonte, seinen Vortrag halte er nicht als BAMF-Präsident. Es gehe ihm vielmehr darum, seine "persönliche Einschätzung". "Solange wir an unsere europäischen Werte glauben, sind wir in der Verpflichtung, Menschen in Not mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu helfen."
Aus der SPD kam trotz Sommers Hinweis Kritik: "Solche öffentlichen Äußerungen eines Behördenchefs widersprechen seiner Verantwortung", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner dem Handelsblatt. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger forderte seinen Rücktritt.